niederländischen Miniaturen im Kasseler Gebetbuch keinen schärferen Unterschied wird
machen können, da sie einander in der Baum-, Linien- und Farbgestaltung völlig gleichen
und nicht die geringsten stilistischen Abweichungen erkennen lassen. Im übrigen führt
auch Dörnhöffer (S. 32 f.) noch eine reiche Liste an, die engste Beziehungen zwischen den
Bildern einer ganzen niederländischen Gebetbuch-Gruppe aufzählen, so daß aus allen diesen
angeführten Parallelen die feste Einordnung der PIK-Miniaturen in einen bestimmten nieder-
ländischen Werkstattkreis gegeben ist.
Bilder der Hortulusmeister-Werkstatt. Die bestimmende Persönlichkeit dieser Ge-
betbuch-Gruppe und einer Art späten Buchmalerei-Renaissance ist - so von Winkler -
als „Hortulusmeistef bezeichnet worden, da man wohl einen stärkeren Anteil am Seelen-
gärtlein der Marjgarete von Österreich annahm, als die obigen Bilder-Zusammenstellungen
erkennen lassen. Nach Winkler (Studien, S. 336 ff.) haben wir in dem Schaffen des Hor-
tulusmeisters die zweite Stilstufe der niederländischen Buchmalerei nach Karls des Kühnen
Tode unter Gerard Davids Einfluß zu sehen. Dieser Meister hätte das damals fruchtbarste
Atelier inne gehabt. Rechnet man ihm die E-Miniaturen zu, so muß man sagen, daß sie
noch nicht die Vollkommenheiten haben wie die entsprechenden im BG. und Hortulus
animae, also wohl älter sein müssen. Dafür spricht auch, daß sie noch nicht so wie diese
als verkleinerte Tafelmalerei, sondern durchaus noch in den einfachen Farbgegensätzen
und sparsamen impressionistischen Details als echte Miniaturmalerei wirken. Kaemmerer
(S.21) meint, daß die Formensprache dieser Handschrift, deren Wichtigkeit er wegen
ihrer zahlreichen Beziehungen zum BG. anerkennt, noch befangener und weniger vulgär sei
als dort. Er datiert sie (in Bezug auf die niederländischen Bestandteile natürlich) vorsichtig
auf mm 1496i, während er das BG. und den Hortulus animae etwa um 1515 ansetzte.
Winkler hielt allerdings den Nachweis einer Entstehung von Hortulusmeister-Arbeiten vor
1500 für nicht möglich.
Gerart Horenbout? Der Versuch, den geheimnisvollen Meister an einen bestimmten
Namen anzuknüpfen, ist ziemlich früh gemacht, nach Destree wurde bereits 1823 von Louis
Schorn (im Kunstblatt) Horenbout genannt, obschon man von ihm nicht mehr wußte, als
daß er 1567 in Ludov. Guicciardinis Descrittione erwähnt und 1521 von Dürer in Antwerpen
(lt. Tagebuche-intrag) aufgesucht wurde. Die Gleichsetzung des in der wichtigen Notiz über
das BG. von Michiel (dem sogen.Anonimo Morelliano) genannten Girardo da Guant mit
Gerart Horenbout (Horenbolt, Hoorenbault) vertrat dann 1858 E. Harzen, wurde aber schon
in den sechziger Jahren von J. Weale in den „Beffroi" II, 214 bekämpft. Die umstrittene
Notiz mochte eine schwache Stütze sein, sie gewann erhöhte Bedeutung durch die Zu-
sammenhänge von BG. und Hortulus animae und die Feststellung, daß Horenbout nach-
weislich 1516-1521 von Margarete von Österreich als Buchmaler beschäftigt wurde (vgl.
Pinchart, Archives des Arts Gand, 1860, I, 16). Diese Kombination ist allerdings wieder
ziemlich problematisch geworden durch Dörnhöffers Gegenthese, der es für unwahrschein-
lich hält, daß die seit ihrem dritten Jahre französisch erzogene Margarete von Österreich,
die Deutsch nur sehr unvollkommen lernte und sich bitter über das barbarische Französisch
ihres Vaters Maximilian beklagte, sich ausgerechnet ein deutsches, zum intimsten Gebrauch
bestimmtes Gebetbuch wie das Seelengärtlein anfertigen ließ. Eine neue anscheinend ge-
sichertere Perspektive eröffnete dann die Kasseler Signierung F3, die Woltmann 1877 noch
entgangen war und die Destree 1894 für das Monogramm Horenbouts erklärte, da er es
anderweitig für einen Brügger oder Genter Künstler nicht feststellen konnte. Knackfuß
hatte es voreilig auf Hans Brosamer gedeutet. Destree wurde entgegengehalten, daß die
Künstler des 15. u. 16. Jahrhunderts ihre Vornamen nicht zu vernachlässigen pflegten und daß
die Zusammensetzung B? für Horenbout unwahrscheinlich wäre. Durrieu vertrat die gewiß
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