Im Rathaus wurden Tuch- und Wollwaren feilgeboten; auch tagte während der Zeit
des Marktes das Marktgericht. Ein von den Schöffen gewählter Marktmeister hatte
für Ordnung zu sorgen und über Brot- und Bierpreise zu wachen, insbesondere auch
darüber, daß die Waren nicht überteuert angeboten wurden.
Einen hohen Stellenwert genoß der fMarktfriedenl, angezeigt wurde er durch ein
sichtbares Zeichen, einen 'Strohwisch', die Königsfahne oder ein Kreuz. Das Kreuz
wurde mit in das Gudensberger Stadtwappen aufgenommen.
Der Marktfrieden beschränkte sich nicht nur auf den Marktort, sondern auch auf die
Umgebung. Den Besuchern und auswärtigen Händlern war somit für die Hin- und
Rückreise Schutz gewährleistet. Wer dennoch den Frieden verletzte, mußte die hohe
Strafe von 60 Schillingen zahlen, ebenso jeder, der gegen Zoll- und Münzvorschriften
verstieß.
So verurteilte beispielsweise das Marktgericht zwei Knechte, die sich im Weinkeller
gerauft hatten, zu gleichen Strafen, die ihnen aber auf Fürbitten ihrer Herren gemil-
dert wurden. Vier Gulden Strafe mußten der Bürger Werner Baltzer und der Bauer
Henne Krenz aus Gensungen zahlen, weil sie erhebliche Streitigkeiten miteinander
hatten.
Derartige Vorkommnisse und auch die Tatsache, daß an solchen Tagen viele alkoho-
lische Getränke konsumiert wurden, müssen die Kirchen und die Behörden dazu ver-
anlaßt haben, die Kirchweihfeste abschaffen zu wollen.
Schon Landgraf Wilhelm II. hatte das übermäßige Essen und Trinken einzuschrän-
ken versucht, sein Sohn Philipp ging mit einem Schreiben vom 18. Juli 1524 dagegen
vor. Zwei Jahre später verbot er die Kirmessen ganz und wiederholte es in der Refor-
mationsordnung vom 18. Juli 1527.
Während die sittenstrengen Prediger der Reformation den Kampf gegen die Kirmes-
sen aufnahmen und sie 1537 gänzlich zu unterdrücken gedachten, fanden die Refor-
misten bei den weltlichen Behörden wenig Unterstützung. Johannes Kymaeus, ein
Kasseler Superintendent, nahm 1542 eine Visitation der Gudensberger Kirche vor.
Unter seiner Mitwirkung wurde ein Jahr später eine Reformations- und Kirchenord-
nung erlassen: Die Gemeinden, die sich dem Verbot, Märkte abzuhalten, nicht
fügten, wurden mit 10 - 20 Gulden und jeder Festteilnehmer mit zwei Gulden Strafe
bedroht; die Pfarrer hatten mit Amtsenthebung zu rechnen.
Es ist aber anzunehmen, daß die traditionsbewußten Gudensberger (aES bliewet alles
bim ahlenv) die angedrohte Strafe bezahlten, um ihre Kirmessen erhalten zu können.
Die Verbote wiederholten sich in den Jahren 1551 bis 1562; die Kirchenbehörden
klagten, daß die bisherigen Verbote ohne Wirkung blieben.