Die Angabe Brunners, daß der heutige Kommunalwald am Güntersberg nach 1366 zu
Dreivierteln der Stadt Gudensberg zustand, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Genauere
Recherchen sprechen auch hier für einen 'Halbengebrauchswald'. Vermutlich hatten
jedoch die Stadt Gudensberg, die Kirche und auch die Schule besondere Rechte hin-
sichtlich der Verteilungs- und Verwaltungsfunktionen, was zu der Bezeichnung
'Gebrauchsrecht zu Dreivierteln' geführt haben mag.
Im Süden Gudensbergs stellte der Schloßberg eine gewisse natürliche Grenze dar.
Man hatte Angst vor Fritzlar, das dem Erzbischof von Mainz zugehörte, der auch
nicht lange nach der Gründung der Freiheit in Gudensberg für deren frühes Ende
sorgte (vgl. Kap. sDie junge Stadt Gudensberg).
Zur Feststellung und Sicherung der einmal festgelegten Grenzen dienten lange Zeit
die sogenannten Grenzgänge, die mitunter auch noch in unserer Zeit - allerdings aus
anderen Gründen - stattfinden. Liegt heute der Schwerpunkt bei Grenzgangfesten
auf den Feierlichkeiten, kam in vergangenen Jahrhunderten dem Grenzgang noch
weit mehr Ernst zu, wenngleich die Überlieferungen auch von gemeinschaftlichen
Gelagen bei Bier und Wein zu berichten wissen.
In erster Linie hatte der Grenzgang früher die Funktion heutiger Katasterkarten -
eben den Verlauf der Grenzen festzuhalten. Menschliches Erinnerungsvermögen
stand damals anstelle heutiger Vermessungstechniken und topographischer Karten.
Bei den Gudensberger Grenzbegehungen war besonders der Verlauf der Waldungs-
grenzen am Langenberg wichtig. Wir wissen jedoch von dem Grenzgang des Jahres
1618, daß es auch an anderen Stellen leicht zu Meinungsverschiedenheiten mit
benachbarten Gemeinden kommen konnte. Überdurchschnittlich feuchte Witterung
hatte eine Wiese im Grenzbereich zu Metze in einen Sumpf verwandelt, so daß sich
die Gudensberger gezwungen sahen, ein wenig über Metzer Gelände zu gehen, was
die Leute aus Metze wiederum als Provokation empfanden. Hierauf entsponn sich ein
Streit, bis schließlich die Einwohner aus Metze mißmutig das Feld räumten. Die
Streitigkeiten zwischen Metze und Gudensberg wurden auch später nie ganz beige-
legt. Oberforstmeister Hoffmann berichtete, daß er selbst in seiner Amtszeit Schwie-
rigkeiten hatte, beide Seiten (an einen Tisch zu bringeni Daß Metze im Zuge der
kommunalen Gebietsreform nicht Gudensberg, sondern Niedenstein zugeordnet
wurde, hat wohl auch seinen Grund in den geschichtlichen Animositäten.
Jedesmal, wenn beim Grenzbegang das Gebiet einer anderen Gemeinde berührt
wurde, standen dort deren Bürger, gleichsam mit Fahnen geschmückt, und warteten
auf die Gudensberger, um mit ihnen die gemeinsame Grenze zu beschreiten.
Ein Vergleich der in diesen Überlieferungen verwendeten Flurnamen spricht nicht
nur für eine sehr feuchte Region, er läßt auch wie die erwähnte urkundliche Regelung
des Grenzverlaufs von 1366 den Schluß zu, daß sich die Gudensberger Gemarkungs-