Lange Zeit war Gudensberg eine durch die Landwirtschaft geprägte typische Acker-
bürgerstadt. Anfang unseres Jahrhunderts gab es neben Wohn- und Geschäftshäu-
sern noch zahlreiche Höfe und Stallungen. Doch nicht nur der Ackerbau bestimmte
das Erwerbsleben der Gudensberger, auch das Handwerk nahm im Leben der Bürger
eine zentrale Rolle ein. Die fortschreitende Industrialisierung in Deutschland schlug
sich - wenn auch anfangs zögernd - in der wirtschaftlichen und baulichen Struktur
Gudensbergs nieder.
Vor allem nach dem II. Weltkrieg erlebte Gudensberg eine wirtschaftliche Umstruk-
turierung, die auch eine soziale Umschichtung zur Folge hatte. Während die Zahl der
landwirtschaftlichen Betriebe seit 1949 nahezu um die Hälfte absank, stieg die Zahl
der Unternehmer in Industrie, Handwerk und Handel merklich an, und aus dem einst
landwirtschaftlich geprägten Ort wurde eine gewerbliche Wohngemeinde mit vielen
Dienstleistungsangeboten.
Zunächst stand Gudensberg mit Ausgang des II. Weltkrieges jedoch vor erheblichen
Problemen: die große Wohnungsnot, das Elend der Flüchtlinge und die Arbeitslosig-
keit. Die Wohnungsnot wurde dadurch verschärft, daß geeignetes Baugelände fehlte.
Oftmals lag dies an der mangelnden Bereitschaft der Grundstücksbesitzer, Land
abzugeben. Die Stadt selbst verfügte über kein Bauland, und nur nach schwierigen
Verhandlungen konnte sie einige Grundstücke erwerben.
Um den immensen Flüchtlingsstrom zu lindern, wurde am südlichen Hang des
Schloßberges, im Bereich der heutigen Breslauer Straße, ein Barackenlager gebaut.
Die Gemeinde Obervorschütz erwarb außerhalb des Ortes, in Richtung Gudensberg,
von einem Landwirt drei Acker Land. Hier konnte im August 1949 eine Baracke mit
je drei Zimmern für zehn Familien geschaffen werden.
Im Gebiet des Villaweges wurde ein Baugebiet ausgewiesen, nachdem die Stadt das
Gelände im April 1951 erworben hatte. Hier konnten neben Einheimischen auch
Heimatvertriebene zu einem günstigen Preis Bauland erwerben und Einfamilienhäu-
ser mit Einliegerwohnung errichten. Fertig ausgebaute Straßen gab es beim Einzug
allerdings noch nicht.
Im Jahre 1959 erklärte sich das Innenministerium bereit, Gudensberg bei der Beseiti-
gung der Baracken-Notstände behilflich zu sein. Mit Hilfe entsprechender Landes-
baudarlehen erstellte die Kurhessische Wohnungsbaugesellschaft zwölf Wohnungen
in Gudensberg.