Zur Ve rwissenschaftlichung der Grundschullehrerausbildung
Künftige Grundschullehrer erhalten in Kassel - wie alle anderen Leh-
rerstudenten - eine wissenschaftliche Ausbildung in zwei Schulfächern.
Was rein äußerlich die endlich vollzogene Gleichstellung des früher ab-
gewerteten Volksschullehrerberufs zum Ausdruck bringt, erweist sich
für die spätere Arbeit in der Schule jedoch als nicht unproblematisch.
Gerade unter dem Anspruch einer wissenschaftlich sachgerechten Aus-
bildung werden nämlich Grundschulstudenten zu Experten für einen oft
verschwindend kleinen Ausschnitt des Grundschulcurriculums, während
aus pädagogischen und schulorganisatorischen Gründen die Übernahme
wesentlich größerer Unterrichtsanteile wünschenswert wäre. In den
letzten Jahren hat man dieser Entwicklung durch die Verpflichtung ent-
gegenzusteuern versucht, als eines der beiden Grundschulfächer auf
jeden Fall Deutsch, Mathematik oder Sachunterricht zu wählen. Zudem
wurden die bisher isoliert studierbaren drei Teilaspekte des Sachun-
terrichts zu einem integrierten Lernbereich verbunden. 45
Ungelöst geblieben ist jedoch das Problem der möglichen Verarmung
der Sinn- und Lebensbezüge der einzelnen Grundschulfächer, deren In-
halte an der Hochschule nur durch Wissenschaft gefiltert angeeignet
werden können.
Projekt studium
Ermutigt durch den "Ergebnisbericht der Kommission zur Neuordnung
der Lehrerausbildung" 45, der das "Studium, das um Projekte herum
organisiert ist", zur adäquaten "Form einer innovationsorientierten
Lehrerausbildung" erklärt, wird von Beginn an die Einbeziehung von
Projektstudium vorgesehen. Dabei stehen sowohl Vorstellungen der Bun-
desassistentenkonferenz vom forschenden Lernen 47 als auch Erfahrun-
gen aus den Versuchen einer "kritischen Universität" Pate. Vor allem
in der Auseinandersetzung um den Begriff des Praxisbezugs - in seiner
dreifachen Bedeutung als Lebenspraxis im weitesten Sinne, als Lebens-
und Berufspraxis derjenigen Schüler, welche die Studenten später sel-
ber unterrichten werden, und als eigene zukünftige Berufspraxis in der
Schule - wird die Spannweite der zur Diskussion stehenden Konzepte
deutlich,
Doch von Anbeginn an wird auch sichtbar, welche Überforderung für die
meisten Hochschullehrer und Studenten bedeutet, sich dem Wagnis ei-
nes solchen radikalen Verständnisses von Projektstudium zu überlas-
sen. Hinzu kommt, daß die 1971 mit Gründung der ersten Organisations-
einheiten einsetzende inhaltliche Desintegration für das Projektstudium
denkbar schlechte Rahmenbedingungen setzt. So wird dem Projektstu-
dium schon von Anbeginn an die Rolle einer zunächst fast ausschließlich
auf das Kernstudium beschränkten Sonderform des Lehrerst_udiums zu-