SCHLOSS
mitgearbeitet hat.1 Jedenfalls stehen die in Cassel geschaffenen Möbelformen zu den gleichzeitigen aus dem
Kreise der Pariser Meister in engen Beziehungen.
Zugleich mit den Möbeln werden die jetzt noch in Wilhelmstal vorhandenen Glaskronen? überführt,
mit Ausnahme derjenigen in den beiden Sälen, und endlich auch eine ganze Anzahl von Wandarrnen
und Brandreiteln, die möglicherweise von demselben Falkeysen hergestellt sind, der mehrere Jahrzehnte
früher in Wilhelmstal unter der Leitung J. A. Nahls mitgearbeitet hatte} Leider sind bei Gelegenheit
dieser Auswechselung viele Rokokomöbel teils verkauft, teils nach Wabem abgegeben worden, wo sie am
scheinend später untergegangen sind, doch war die Neuordnung mit einer gründlichen Instandsetzung des
Schlosses verbunden, für welche von Wilhelm II. der Betrag von 5000 Reichstalern ausgesetzt war. Diese
Instandsetzung bestätigt auch Julius Eugen Ruhl, wenn er in seinen Erinnerungen davon spricht, daß er
im Jahre 1822 das Schloss im Innern völlig renoviert hat} Leider sind bei dieser Wiederherstellung die
alten Farben des Stucks und der Boiserie übermalt worden. Zwar hat man später alle Veränderungen
sorgfältig vermieden, doch ist man sich erst in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts des hohen Wertes
der raumdekorativen Leistungen voll bewußt gewesen. Gurlitt" bezeichnet das Schloß im Jahre 1889 als
eine der reizvollsten Schöpfungen Deutschlands. Heute sehen wir, daß es zusammen mit den frühen Rokoko-
Schlössern Friedrichs d. Gr. den Glanzpunkt des norddeutschen Rokoko darstellt.
Seine Witwe liefert noch 1793 1 chines. Stuhl, 2 Armstühle und 6 ord. Rücklehnstühle von nSchreiner, Bildhauer und Drechsler
Arbeitens für Schloß Weißenstein für die Summe von 64 Rthlr. (S. Aufst. v. 27. 10. 1795.)
Neben ihm werden erwähnt:
Der Bildhauer Gier- sonst nicht feststellbar - am 30. 10. 1789 mit 114 Rthlr. 11 Alb. wfür Arbeit an 10 Tapeten Leisten und
32 Stück Rosetten und am 16. 4. 1790 mit 401 Rthlr. 27 Alb. 63h Hlr.
Der Bildhauer Joh. Christian Ruhl am 17. 12. 1790 mit 54 Rthlr. wfiir neu verfertigte CamimSchirme mit Auszierungß, am ll. 3. 1791
mit 72 Rthlr. wfiir 3 St. CaminsSchirme mit Auszierungm und am 21. 12. 1791 mit 75 Rthlr. nfür Schnitzarbeit an 1 Canape,
4 Stühle etc. in dem 2. Flügel des Schlossesß
Der I-Iofschreiner Johannes Ruhl am 25. 6. 1789 mit 354 Rthlr. vfür Schreiner Arbeite, am 11. 3. 1791 mit 40 Rthlr. 22 Alb. 8 Hlr.
vfür 3 neue CaminsSchirme, auch Arbeiten wegen Bordürenleistennx
Der Schreiner Dalwig am 7. 5. 1790 mit 126 Rthlr. 8 Alb. nfür Stühle, Camine, Schirme etcß
Der Schreiner Weymar am 7. 5. 1790 mit 52 Rthlr. wfür Stühle, Vorhangsbretter etcx
Der Schreiner Emde am 5. 8. 1790 mit 59 Rthlr. 21 Alb. 4 Hlr. wfür Canapes, Arrnstühle u. Rücklehnstühle auch Schirmeß
' Bei den sogenannten JerömesMöbeln in XlVilhelmstal handelt es sich also nicht um Empirestücke, wie u. a. auch Knackfuß (Deutsche
Kunstgeschichte, Bd. 2, S. 277) angegeben hat, sondern um Arbeiten des Louis Seize, die mit der Persönlichkeit Jerömes nichts
zu schaffen haben. Noch der Hofbaudirektor Julius Eugen Ruhl (geb. 13.10.1796, gest. 27. 11. 1871), der Sohn des Bildhauers
' Johann Christian Ruhl, (geb 15. 12. 1764, gest. 1842), war sich, als er im Jahre 1867 seine Erinnerungen schrieb, dieser Tatsache
wohl bewußt. Allerdings hat er geglaubt, die Möbel seinem Vater zuschreiben zu können, der aber in den Rechnungen für den
ersten Flügel von Weißenstein nur mit einigen Ofenschirmen, erst nach dem Tode des Vallois für den zweiten Flügel von Weißen-
stein mit größeren Lieferungen von geschnitzten Möbeln in Erscheinung tritt. Es ist bei seiner Jugend nicht unmöglich, daß
er im ersten Flügel unter der Leitung Vallois' mitgearbeitet hat. Er war Schüler des I-Iofbildhauers Samuel Nahl, später Professor
der Akademie. Von ihm sind z. B die vier Gueridons aus dem Audienzzimmer des Kurfürsten (jetzt i. d. Grünen Galerie),
die ihm laut Bericht des Hofmarschallamtes v. 12. 9. 1804 mit 240 Rthlr. bezahlt werden. Er war im Anfang des Jahres 1790
noch in Rom, wo er den jetzt im südl. Verbindungsbau aufgestellten sterbenden Achilles lt. Signatur (Ruhl fec. Roma 1790) geschaffen
hat. (Mbg. Staatsarch. Akte l-Iofgericht (dank frdl. Mitt. des Herrn Prof. Luthmer); Strieder, Beiträge z. Hess. Familiengesch. Mskr.
d. Landesbibl. i. Cassel; Knackfuß, Gesch. d. Kgl. KstsAkademie i. Cassel S. 88; Mbg. Staatsarch. Ameublement der Schlösser
1787-1793, O. St. S. 7396.)
1 Salverte, Les Ebenistes du XVIIIC siecle S. 295 und 339. Allerdings glaubt Salverte seinen N. Vallois noch 1786 in Paris fest:
stellen zu können. Sollte das zutreffen, so müßte ein verwandtschaftliches Verhältnis zwischen beiden Meistern als wahrscheinlich
angenommen werden.
2 Mit Lieferungen für Weißenstein nachweisbar sind der Glasmeister Denck aus Böhmen und die Firma Daguerre et Lignereux
aus Paris, letztere mit 6 Kronen für den Speisesaal in Bronze mit wBöhmischem Kristalll. (S. Anh. Rechnungsbelege.)
3 Jedenfalls ist er in den Jahren 1789-91 mit Arbeiten nachweisbar. Unter anderem liefert er im März 1790 a8 Paar vergoldete
Brasß in das Bellevueschloß und im Dezember desselben Jahres ein Paar messingvergoldete Brandreitel nach Weißenstein. (S. Anh.
Rechnungsbelege.)
4 Lebenserinnerungen_des HofbaudirektorsJu1ius Eugen Ruhl. Mskr. Bibl. d.V. f. hess. Gesch. u. Landesk. Die Tätigkeit Ruhls in
Wilhelmstal wird bestätigt durch einen Baubericht v. 14.8. 22, den er gemeinsam mit dem Oberhofbaudirektor Bromeis unterzeichnet
hat, und einen aus dem Jahre 1823, der nur seine Unterschrift trägt. (Mbg. Staatsarch. OberhofmßRep. Akte Schloß Wilhelmstal betr.)
5 Gurlitt, Geschichte des Barockstils und des Rokoko in Deutschland, S. 439.
17