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in Betracht kommt, ein stattliches Gebäude mit hohem Dach und Ecktürmchen. Das Haus zeigt eine Straßer
überbrückung nach einem benachbarten Gebäude, das im Giebel ein Uhrzifferblatt aufweist. Eindeutige Schlüss
sind nicht möglich, weil die Orientierung der Straßen und Lage der Baublocks sich als ganz ungenau heran
stellen; doch scheint es, als 0b das eigentliche Rathaus und die Wagerdargestellt sind. Merian} der ebene
wie Winkelmannz das Rathaus unter die „feine vornehme Gebaew" der Stadt rechnet, zeichnet 1646 ei
ansehnliches Bauwerk mit Satteldach, dessen marktseitig gelegene Giebelfront außer den beiden Ecktürmche
auch einen gehobenen Mittelerker besitzt. Auf dem Hintergrundstück stellt er zwei Giebelhäuser vc
verschiedener Länge dar, deren Firstrichtung senkrecht zu der des Rathauses steht. In größerem Maßstal
erscheint die Marktseite des Rathauses auf Abbildungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts? Nac
diesen Darstellungen bestand das Haus aus einem massiven Keller und Erdgeschoß und_ aus zwei obere
Fachwerkgeschossen. Der hintere Teil des Gebäudes, in dem man die Wage vermuten muß, besaß ei
Stockwerk weniger. Das hohe Dach war an der Marktfront abgewalmt, so zwar, daß seine Grate abgeplatti
waren und die Traufe so weit gehoben war, daß sich noch ein Dachstockwerk ergab. Die Ecktürmchen, d
als polygonale Erker diesen Drempel flankierten, ruhten auf Konsolen von der Form der gestürzten Pyramic
und trugen schlanke Hauben. Das über der Traufe ansetzende Mitteltürmchen besaß die" gleiche Form, abt
kleinere Abmessungen. Die Vorderfläche seines Daches war mit einer Lukarne für die Schlagglocke besetz
Das Zifferblatt der zugehörigen Uhr befand sich unter dem Erker am Fuße des Drempelgeschosses. Die Helrr
der Türme trugen an der Spitze Knaufe. Die Bekrönung des Hauptdaches bildete ein Hahn, der als Wah
zeichen der Stadt galt} Welche Formen das ursprünglich" freiliegende Fachwerk zeigte, ist unbekannt? D4
Bau erscheint in allen Teilen verputzt. Auch die Ausbildung der Gebälkauskragung ist nicht mehr festzustellei
da die Geschoßabsätze verschalt sind. Soviel scheint festzustehen, daß Knaggen nicht vorhanden waren. D
Zahl der Fachwerkfelder Lqrrug acht, die im ersten Obergeschoß sämtlich, in den anderen Stockwerken nur i;
mittleren Teile durch Fenster ausgefüllt waren. Das Erdgeschoß besaß zwei höhere Lichtöffnungen mit Kreu
pfostenteilung und zwischen ihnen in der Mittelachse ein Spitzbogenportal mit tiefer Leibung und profilierte
Gewänden, den über eine Freitreppe zugänglichen Haupteingang. Daneben lag, etwas in die Erde versenk
der Zugang zumuRatskeller, gleichfalls eine proülierte Spitzbogenöffnung mit Rundbogendurchgang, wie 4
scheint, am hinteren Ende der zum Keller führenden Treppe. Als Zeichen der öffentlichen Bestimmung dr
Hauses findet sich neben dem Haupteingange eine Wappentafel eingemauert. Ein an einer Kette hängendt
Halseisen für die zum Prangerstehen Verurteilten soll sich an der Front nach der Fischgasse befunden haben
Einen Grundriß des Erdgeschosses bringt Wessels Stadtplanf auf dem sich auch die enge Gasse ai
der Hinterseite des Rathauses, das „Gäßchen bei der Wage", feststellen läßt und für die östlich an der Wag
vorbeiführende, auf den Judenbrunnen zulaufende Straße die Bezeichnung „Hinder der Wage", für die westlic
am Rathaus entlang führende Straße, die jetzige Fischgasse, der Name „Hinderm Raht Hauß" findet. D:
Grundriß bildet einen langen schmalen rechteckigen Raum vom Verhältnis 1:3']2, der durch eine mittlei
Säulenstellung in zwei Schiffe geteilt und mit scheitelrechten Kreuzgewölben abgeschlossen wird. Durchgefüh
ist die Aufteilung nur bis zur dritten Säule; die Fortsetzung hat die eingeschriebene Bezeichnung „Rahthauß
gehindert. Die Schmalseite nach dem Markte zeigt - in Übereinstimmung mit den Aufrissen - in der Mitt
die Eingangstür und rechts und links davon je ein Fenster, die Gegenseite zwei Fenster; die Längsseite
1 Topogr. Hass. Anh. S.-15. Stadtplan 1646. Stadtansicht 1646.
' Hessen ll S. 287.
3 Handzeichnung v. Ruhl, photogr. Aufnahme Denkmälerarchiv Cassel. Ölgemälde Landesmuseum Cassel. Steinzeichnung v. Eule
Abb. d. Marktplatzes. Steinzeiclmung v. Specht.
f Vgl. S. 29.
5 Modell des Rathauses mit rekonstruiertem Fachwerk von Architekt Hölk, verwandt im Festzuge der Jahrtausendfeier 1913, i
neuen Rathause zu Cassel.
' Rogge-Ludwig, Kassel S. 152.
7 Stadtplan v. Wessel 1673.
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