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gangstor ist jetzt zugesetzt. Im Übrigen sorgte für die Zugänglichkeit des Hauses eine am Schnittpunkte
der beiden Flügel gelegene steinerne Wendeltreppe, die mit einer Seite ihres achteckigen Gehäuses aus dem
Winkel heraustritt. Die von keinem Gesimse durchbrochenen, an den Ecken durch große Quader gefassten
Bruchsteinfronten des Renaissancebaues werden auf Putzverstrich berechnet gewesen sein. Die Fenstergewände,
das Simaglied des I-lauptgesimses und die Architekturteile des Zwerggiebels bestehen aus Sandstein. Das Dach,
das auf der Stirnseite einen Krüppelwalm zeigt, hat an Stellen die alte Biberschwanzdeckung bewahrt. Steinmetz-
zeichen lassen sich vereinzelt an den Fenstergewänden feststellen.
Einige von Landgraf Moritz herrührende Skizzen des Bauesl interessieren deshalb, weil sie am Haupt-
flügel ein umrahmtes Portal wiedergeben und an der Straße Vor der Schlagd die Einfriedigung eines Hofraumes
bringen, die auf älteren Stadtplänen ebenfalls festzustellen, aber nicht mehr vorhanden ist. Eine jüngere Ab-
bildung' lehrt, daß früher auch die Front an der Schlagd einen Dachaufbau mit Schnörkelgiebel besaß.
Tafel 4
Tafel 24
Tafel 8
Unterneustädter Salzhaus.
Vom Unterneustädter Salzhaus, von dem baulich jede Spur fehlt, ist kaum mehr als die Lage und das.
oberflächliche Aussehen bekannt. Das Haus erscheint um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf Müllers Stadt-
plana als kleiner Fachwerkbau mit ziegelgedecktem Satteldach, der seinen Platz vor dem Graben der Unter-
neustadt hart am Fuldaufer dort hat, wo der Fluß die Stadt verläßt. Die parallel zum Fluß gerichtete Haupt-
front enthält am Westende ein rechteckiges Tor, außer zwei kleinen hochgelegenen Fenstern die einzige
Öffnung des eingeschossigen Bauwerkes. lm Äußern lagernde Fässer und in der Verladung begriffene Kähne
deuten die Bestimmung des Hauses an. Die späteren Abbildungen, auf denen die Frachtschiife nicht fehlen,
unterscheiden sich von dieser ältesten, auf Genauigkeit vielleicht keinen Anspruch erhebenden Zeichnung nicht
nur dadurch, daß das Haus länger erscheint, sondern auch seine Schmalseite dem Wasser zuwendet. Dilich
zeichnet Ende des 16. Jahrhunderts4 die Längsfront mit einem Rechtecktor und vier sonstigen Öffnungen, Merian
um die Mitte des folgenden Jahrhundertsä die Stirnfront bald mit Rundbogen- bald mit Rechteckportal und den
Giebel das eine Mal als Fachwerk- das andere Mal als überstehende Steinwand. Die Stelle des Hauses, das dem
Salztor und der Salzstraße den Namen gabf soll in der Neuzeit die Pinhard'sche Lederfabrik eingenommen haben."
Fruchthaus.
Gebäude für die Lagerung von Früchten lassen sich an verschiedenen Stellen der Stadt feststellen.
1567 richtete Landgraf Wilhelm IV. ein Haus auf dem Gelände des ehemaligen Ahnaberger Klosters für diese
Zwecke ein} Auch der 1581 begonnene Neubau des Zeughauses am Töpfenmarkt9 erhielt nebenbei die Be-
stimmung als Kornhaus. ln den Schreiben, in denen Wilhelm IV. seine Beamten um die Lieferung von Bauholz
ersucht," wird das vorzugsweise für die Aufnahme von Kriegsgerät bestimmte Gebäude geradezu als Fruchthaus.
bezeichnet. Allein ein besonderes Bauwerk von großen Abmessungen, das ausschließlich der Lagerung von
Getreide dienen sollte, entstand erst im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts. Es fand seinen Platz in der Schäfer-
gasse an der Stelle des alten Zuchthauses, das niedergelegt wurde." Mitteilungen aus der Baugeschichte scheinen.
' Handzeichnungen. Landesbibliothek Cassel.
2 Abbildung der Fuldabrücke, Tuschzeichnung v. P. Rudolph 1769, Staatsarchiv Marburg.
3 Stadtplan v. Müller 1547 u. 1548.
4 Stadtansicht v. Dilich 1591. .
5 Stadtplan v. Merian 1646. Stadtansicht von Merian 1646.
ß Vgl. Abschnitt „Stadtbefestigung" s. 109 f. '
" Werder Nr. 847.
8 Vgl. Abschnitt „Kloster Ahnaberg" S. 140.
9 Vgl. Abschnitt „Zeughaus am Töpfenmarkt" S. 508.
1" Staatsarchiv Marburg M. St. S. 831.
" Vgl. Abschnitt „Zuchthaus in der Schäfergasse" S. 576.