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fährlich und belästigend sind". In der Tat bildete sich das Institut im Laufe der Zeit zu einer reinen Straf-
anstalt aus} Die in das Zuchthaus verurteilten Missetäter wurden meistens nach Beschaffenheit ihres Vergehens
zuerst in das noch vor Kurzem sichtbare sogenannte „kleine Gefängniß oder Behälter, welches hinter der Thür genannt
wirdt", eine Art Lattenkammer, eingebracht, worin man weder sitzen noch liegen konnte, sondern auf einem
Fleck stehen mußte, ohne sich umzuwenden, und so lange darin behalten, bis sie Besserung versprachen. Erst
dann wurden sie zur Arbeit geführt. Selbst die Tortur soll zeitweise im Zuchthaus ausgeübt sein}
Als in der westfälischen Zwischenherrschaft durch Dekret des Königs Jeröme vom 6. Juni 1808 das
Spinnhaus als solches einging und die bisher mit Spinnhausstrafe belegten Verbrecherinnen ins Zuchthaus kamen,
wurde die Verurteilung zu Zuchthaus eine die Ehre angreifende Strafe. Das Gebäude erhielt den Namen Zucht-
und Spinnhaus, der sich mit der Zeit aber wieder in die Benennung Zuchthaus zurückverwandelte. Maßgebend
für den veränderten Charakter des Instituts sind die beiden Justiz-Ministerial-Ausschreiben vom 6. Mai und
24. Oktober 18223 wonach Zuchthausstrafe nicht unter drei-Monaten erkannt und bei einjähriger Dauer pein-
lich und mit Aberkennung des Rechtes, die kurhessische Nationalkokarde zu tragen, verbunden sein sollte. Seine
Eigenschaft als Erziehungsanstalt hatte das Haus um diese Zeit wohl gänzlich verloren. „Das Zuchthaus", heißt
es in einer Beschreibung von 1828} „ist schon mehr eine Strafanstalt. Es kommen nur die von den Ge-
richten, wegen geringerer oder gröberer Verbrechen dazu verurtheilten, auf bestimmte Zeit hinein, und werden
nach abgelaufener Frist wieder frei gelassen. Ihrer sind dermalen an 100 Personen". In der Neuzeit führte
das Gebäude, das als Zuchthaus im modernen Sinne anzusehen war, die amtliche Bezeichnung Strafanstalt.
Das Bauwerk} das die alte Verfassung nur ungenau bewahrt hat, bildet im Grundriß ein Rechteck
von 48,0 m Länge und 15,60 m Breite. Auf der Längsfront zählt es neun, auf der Schmalfront drei Achsen.
Es umfaßt zwei mit Holzbalkendecken abgeschlossene Hauptgeschosse, die auf der Fuldaseite eine Reihe
quadratischer Zellen, auf der Seite am Zuchtberg die Anlage eines großen Einzelraumes aufweisen. Im Erd-
geschoß ist dieser saalartige Vorraum dadurch aufgeteilt, daß durch eine arkadenartige Zwischenwand mit Sand-
steinpfeilern und Korbbögen auf Länge von sechs Straßenachsen ein Mittelflur geschaffen ist. Das Sockelgeschoß,
das am Zuchtberg bis auf die kleinen hochgelegenen Fenster im Gelände versinkt, auf der Fuldafront aber sich
zu voller Stockwerkshöhe auswächst, wiederholt die Zellen- und Saalanlage mit der Abweichung, daß alle
Räume mit Kreuzgewölben überdeckt sind. Am Nordende des Gebäudes ist die letzte Fensterachse als be-
sonderer Raum angetrennt. Das Treppenhaus liegt an der Südwestecke. Die ursprüngliche Einrichtung des
Mansardengeschosses ist nicht mehr bekannt. Im Aufriß zeigt das Haus durchaus symmetrische Ausbildung.
Die Mittelachse der Straßenfront ist durch ein Flachbogenportal mit seitlichen Pilastern und oberem Horizontal-
gesims betont und wies ursprünglich in der Mansarde einen massiven Dachausbau mit Flachgiebel auf. Die
stark vergitterten Fenster besitzen rechteckiges Format von normaler Abmessung bis auf die beiden Fenster
unmittelbar neben der Haustür die schmaler ausgefallen sind und offenbar einen Eingangsraum erhellten, sowie
die Lichtöffnungen des Sockelgeschosses, die mit Segmentbogen schließen. Die hohen rechteckigen Gaupen der
Mansarde trugen flache Dreieckgiebel. Die Ecken der für Putz berechneten Bruchsteinflächen sind durch
Quaderlisenen gefaßt. Den hohen Sockel auf der Fuldafront, der abgeschrägt ist und in den Fluß hineingreift,
schließt ein Wulstgesimse ab. Das Hauptgesims zeichnet sich durch gute Gliederung aus.
Die Änderungen, die den ursprünglichen Charakter des Hauses und seiner Nachbarschaft stark verwischt
haben, rühren zumeist aus der Neuzeit herß 1881 und 1882 erfolgte ein innerer Umbau, der die Neueinrichtung
1 Über die später mit Zuchthausstrafe bedachten Vergehen vgl. Neuber, Gefangnißwesen S. 49.
2 Diemar, Gefängnisse: „Nachdem Landgraf Wilhelm IX. unterm 29. November 1785 die Tortur abgeschafft hatte, wurden hier
in einer Kammer noch vor 50 Jahren (also um 1840) die früher angewandten Marterwerkzeuge aufbewahrt, nämlich 1) die Daumenschrauben,
2) die Leiter, 3) die Schüre, 4) die spanischen Stiefeln, 5) der gespickte Hase, 6) die Zangen usw."
F3 Sammlung v. Gesetzen f. Kurhessen 1822 S. 20 u. 46.
4 Cassel u. Wilhelmshoehe S. 30.
5 Narten, Cassel S. 302.
6 Krohne u. Weber, Strafanstalten I. S. 50 f.
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