Tafel 179
sind in die Königliche Gemäldegalerie zu Cassel aufgenommen. Das Landesmuseum daselbst bewahrt zwei
Bettstellen und den Thron auf. Auch besitzt es 16 Modelle und Kopien der Fürstenbüsten, die im Goldenen
Saale standen und beim Schloßbrand 1811 zu Grunde gingen. Die in kleinem Maßstabe gehaltenen Stücke sind
von ungebranntem Ton, roh gearbeitet und mit Ölfarbe bemalt; ein Rückschluß auf den Kunstwert der Originale
kann daraus nicht gezogen werden. Lebensgroße Wachsbilder hessischer Fürsten, die sich ebenfalls im Museum
befanden, wurden 1825 auf höchsten Befehl eingeschmolzen, während deren Kleidungsstücke an das Hoftheater
abgegeben werden sollten. 120 kleine fürstliche Porträts auf Holz, die sich ebenfalls im Museum befinden,
haben wahrscheinlich den Gemälden im Goldenen Saal als Vorlagen gedient.' Den einzigen Rest des Äußeren
stellt der Dachreiter dar, der 1817 nebst der Uhr vom Schloß auf den Marstall versetzt worden ist;' doch ist
es noch nicht einmal sicher, ob das Türmchen wirklich die alte Form beibehalten hat.
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Schloßbefestigung.
Das Landgrafenschloß war von einem starken BefestigungsgürteP umgeben, der schon entstand, ehe die
alte Burg gefallen war. Landgraf Philipp, der Erbauer des Schlosses, hatte bereits 1523 mit der Errichtung
des Beringes begonnen! Der unternehmende Fürst umschloß die überkommenen Wohnbauten, deren mittelalter-
liche Umwehrung den Ansprüchen des 16. Jahrhunderts nicht mehr genügte, mit einem hohen Erdwall. Wegen
des großen Bedarfes an Baustoffen verwandte man die Steine der Cyriakuskirche auf dem Marställer Platz, die
1527 abgebrochen wurde. Auch die Baulichkeiten des Karmeliterklosters wurden zum Teil niedergelegt und
ihre Altmaterialien zum Bau der Schloßbefestigung benutzt. Da die Kirche des Klosters, welche nunmehr der
Altstadt als Ersatz der Cyriakuskirche als Gotteshaus diente, zu weit an den Schloßwall heranreichte, so wurde,
um den Graben in der nötigen Breite durchführen zu können, ein Gewölbejoch der Kirche abgebrochen und
eine neue Steinwand dahinter aufgemauertß Die Hauptecken des Walles sicherten Bollwerke und Basteien in
Form vorspringender Rondele, Befestigungsbauten, die zweifellos schon Ende des 15. Jahrhunderts vorhanden
waren}; von Philipp aber zeitgemäß ausgebaut wurden. 1534 müssen die Walle bis zur Krone fertiggestellt
gewesen sein, denn in diesem Jahre finden sich Ausgabeposten für Arbeiter, die „Schanzkörbe aufm Schloßwall
gemacht" und für Lieferung von „Gerten zu den Schanzkörben aufm Schloßwall", die aus Großenritte bezogen
wurden. lm lnventarium der Artillerie Philipps vom Jahre 1544" ist von einem „zeughause aufm wahel im
schloß hinder meins gnedigen hern gemach" die Rede, das dem lnhalte nach zu schließen garnicht so klein
gewesen sein kann. Neben vielen Falkaunen, Schlangen, Büchsen, Serpentinen, Mörsern und sonstigem Kriegs-
gerät, barg es „zwo sengerin, als Frantz der Wahel gegossen hatt" und „eine sengerin so meister Martin
gegossen hatt." Auch befand sich dort eine erhebliche Menge Glockenspeise, Kupfer _und Blei, dazu
„eilf schellen, so in den kirchen gewesen, klein und gros", sowie „ein gros kopfern gegossen runder kasten,
darin bornwasser gesprongen hat und zu Heine gestanden ist, mit sampt zweien stucken, daruf gemelter cast
gestanden ist." lm Hofe hinterm Zeughause lag ein ansehnlicher Vorrat von eisernen Geschützkugeln, während
die Steinkugeln im Schloßgraben lagerten. Auf dem Stadtplan von 1547 ' erscheint die Schloßbefestigung in
allen Teilen vollendet.
Diese neuzeitliche Befestigung, die das Schloß gewissermassen zur Zitadelle der Stadt machte - denn
auch diese war seit 1526 zu einer modernen Festung umgeschaffen worden - wurde, kaum fertiggestellt, nach
_ Philipps Gefangennahme auf Anordnung Kaiser Karls V. samt den Werken der Stadt' geschleift. Der Bericht
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Knetsch, Landgrafenschloß S. 829.
Staatsarchiv Marburg. M. St. S. 5190.
Bemhardi, Cassel S. 11H.
Nebelthau, Congeries S. 360. Merian, Topogr. Hass. S. 18.
Vgl. s. 149.
Vgl. S. 273.
Schwank, lnventarium.
Stadtplan v. Müller 1547.
Vgl. S. 88f.
Schminke, Cassel S. 75.