Gebäude.
Tafel 434,8
Prediger und Kirchenältestenß Noch 1766' und 1767' ist das Haus als Hospital nachweisbar. Seine Be-
stimmung verlor es erst nach Fertigstellung des neuen französischen Hospitals 1772, in welchem Jahre es
anscheinend veräußert wurde. 1801 befand sich das Gebäude im Besitz des Hofrates und Leibmedicus Piderit,
aus dessen Nachlaß es die Gattin des Kammerherrn von Osterhausen, Clementine geb. von Hachenberg, 1818
käuflich erwarb. 1821 ging das Haus an den Oberbankkassierer Karl Christoph Arend über. Nach einem
Mietsvertrage dieses Jahres besaß das Haus im Obergeschoß an der Vorderseite einen Saal und eine Wohnstube
und in den beiden Hinterflügeln fünf Räume. Das Vorhandensein eines Fechtsaales im Erdgeschoß hat sich
in der Überlieferung erhalten. 1839 wurde das Haus vom Mechanikus Georg Breithaupt erworben, dessen
Nachkommen das Anwesen noch heute besitzen}
Das Hospital ist in veränderter Form noch jetzt erhalten. Es ist das Haus Georgenstraße Nr. 1, ein
fünfachsiges, vierstöckiges einfaches Gebäude, dessen beide Obergeschosse später aufgesetzt sind. An der
überarbeiteten Front, die rechteckige Öffnungen aufweist, erinnert das über einem Fenstersturz des ersten
Obergeschosses auf einer glatten Kartusche angebrachte Relief einer Taube, das Symbol des heiligen Geistes,
an den ursprünglichen Zweck des Bauwerkes. lm lnnern fällt der Stucküberzug der Wände und der Treppen-
untersichten auf, der an Stellen in den Ecken Rokokoverzierungen nach französischer Art zeigt. Auch das
Treppengeländer zeichnet sich durch gute Form aus.
Tafel 22,2
Hospital in der Fünffensterstraße.
Das neue französische Hospital" fand in der ehemaligen Weißensteiner Straße am Wilhelmsplatz seine
Stelle und liegt in dem Hause Nr. 16 der Fünffensterstraße äußerlich nur wenig entstellt vor. Die Be-
stimmung des Hauses verkündet die über der Tür in Stein eingehauene lnschrift „HÖPITAL DES FRANQOIS
REFUGIESKG Die Bezeichnung „Frantzösich armen hauß" tritt frühzeitig auf einem Lageplan hervor, der
auch die Eintragung eines Gartens auf dem hinteren Teil des Grundstückes enthält." Den Entwurf zum Neubau
stellte Simon Louis du Ry auf, der auch die Bauleitung ausübteß Der Vertrag wegen Ausführung der Maurer--
arbeiten wurde am 25.Juli 1770 mit dem Maurermeister Johann Wächter abgeschlossen. Am 15. August
desselben Jahres, dem Geburtstage des Landgrafen erfolgte die Grundsteinlegungfi 1772 war das Haus vollendetß"
Bezahlt wurde der Bau aus den Opfergeldern der Oberneustädter französischen Kirche und einem im Jahre 1738
von dem König und der Königin von Schweden gewährten Zuschuß von 1330 Talern sowie einer weiteren
Beihilfe des Landgrafen Friedrich ll. von 3750 Talern. Als 1867 die französische und die deutsche Gemeinde
der Oberneustadt vereinigt wurden, zogen die wenigen noch im Hospital vorhandenen Insassen in das der
deutschen Gemeinde gehörige Haus FrankfurterhStraße 31," in dessen Hintergebäude sich ein saalartiger Raum
befand, der bereits früher die Armen der Oberneustadt aufgenommen hatte." Das Hospital diente darauf den
1 Schmincke, Cassel S. 383.
' Stadtplan (Oberneustadt) v. Krug 1766.
' Schmincke, Cassel S. 383.
' Akten im Besitze des Fabrikanten Dr. Breithaupt in Cassel.
5 Günderode, Briefe S. 39. Apell, Cassel 1792 S. 84. Krieger, Cassel 5.333. Lobe, Wanderungen S. 62. Cassel 1839 S. 33-
Piderit, Cassel S. 290. Brunner, Armenwesen S. 28. Hessler, Landeskunde I2 S. 55.
' Knetsch, lnschriften S. 237.
' Handzeichnung v. S. L. du Ry. Staatsarchiv Marburg.
8 Gerland, Du Ry S. 127 f.
9 Protokoll. Stadtarchiv Cassel.
berichtigen.
l" Nach Engelhard, Erdbeschreibung l S. 115, und Bach, Kirchenstatistik S. 56f, fand die Erbauung im Jahre 1773 statt.
1' Armenpflege S. 88.
" Bach, Kirchenstatistik S. 51: „Die (Oberneustädter) Kirche besitzt auch ein in der Frankfurter Straße gelegenes, das sogenannte
Kirchenhaus (gern. die Kanone). Es wurde 1764 angekauft, und ein Theil des Hinterhauses zur Wohnung für Arme beiderlei Geschlechts
aus der Gemeinde bestimmt, deren Zahl sich damals auf 16-18 belief, seit der Zeit aber sich immer mehr verminderte, wie es überhaupt
der Armen in dieser Gemeinde nicht viele giebt. Jetzt (1885) befinden sich in demselben nur 5 Personen weiblichen Geschlechts, welche
eine im Winter für sie geräumte große Stube bewohnen".
Danach ist die Angabe Gerlands, die Grundsteinlegung habe am 14. August stattgefunden, zu
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