Das dem Chor aufgesetzte hölzerne Türmchen, der Dachreiter, der 1431 angefangen warl, erhielt 1433
einen bleiernen vergoldeten Knauf, den ein noch jetzt vorhandenes Kreuz' und ein als Wetterfahne dienender
vergoldeter Hahn aus Kupfer krönten s. Seit dem Jahre 1434 läßt sich die Beschaffung des Gestühles fest-
stellenf. Um die gleiche Zeit begann man mit dem Einsetzen von Maßwerk und Verglasung in den Fenstern 6.
Neben den Treppen" wurde auch der Lettner fertiggestellt", und anscheinend ging im Herbst des Jahres auch
der Westgiebel seiner Vollendung entgegen s.
Zu allen diesen Ausgaben war Geld nötig, und das Stift bemühte sich 1434 nochmals um einen päpst-
lichen Ablaß, der ihm auch durch Eugen IV. am 23. März 1435 für sieben Jahre und ebensoviele Quadragenen
gewährt wurde? Am 3. März 1436 gab auch Hermann, Bischof von Citra, als Mainzer Weihbischof den
kleinen Ablaß von 40 Tagen dazu. lm selben Jahre, vermutlich der gleichen Zeit und durch den nämlichen
Bischof fand die Reconciliierung der Kirche statt", womit diese dem Gottesdienst wieder übergeben wurde.
Damit dürfen die Bauarbeiten dieses Zeitabschnittes als im wesentlichen abgeschlossen betrachtet werden,
deren Kosten im letzten Jahre, bis zum 28. März 1438, im ganzen noch 2997 Pfund 2 Schillinge weniger
1 Pfennig betragen hatten] Da ereignete sich im Jahre 1440 ein schwerer Unglücksfall. Das Gewölbe des
Hauptschiffes zwischen den mittelsten Jochen stürzte ein, wobei etliche Personen getötet, viele beschädigt wurden n.
Man mußte teilweise wieder von neuem anfangen] wie die am Nordturm der Kirche neben dem Hauptportal
angebrachte, jetzt wenig leserliche Inschrift bestätigt: Anno domini MCCCCXXXX inceptum est presens
opus tempore domini Hermanni Lindenheim decani, Petri Hardenberg et Henrici Weingarthen magistrorum
fabricae ecclesiae huius".
Es galt nunmehr, zunächst und aufs neue die Mittel zum Wiederaufbau zu beschaffen. Dazu übertrug
der Landgraf im Verein mit Dechant und Kapitel die Sammlung einer Kollekte dem Kanonikus des Stifts und
landgräflichen Kaplan Mag. Matthias Treyse und dem zum Christentum übergetretenen jüdischen Arzt Meister
' Baurechnung v. 1431: item vor dele (Dielen), den thorn zu kleidende; tiem die vier arbeydensknechte, die da andelagen zu dem
werke, daz sie uffzogen die dele, daz man den torn midde kleydete.
2 Landau, Ansichten, S. 3. '
' Baurechnung v. 1433: item Curde koppirsleger vor die lanen uff daz cruce . . . ; item vor bly ztu dem knoffe; item Herman
Schuczen daz her den Knoff beschlug; item . . . von Curd Gottinges wegen zu dem knoife zu vorgulden; item meister Johan Kannengißere
vor den knoff uff dij ihuben an dem kore (Juli 28); item uff denselben tag Cunczen Ruter dem kleynsmedde vor das crucze uff den koir;
item Cunczen Ruter von dem han uß czu houwende und da bij ztu stigende und daz crucze in ztu slande; item vor kopper zu dem han;
item vor koppernagele zu dem knolfen zu beslande; item Hamborg dem meler dij die knoutfe beslug ulf dem thornichen, item vor gold zu
dem knoufle, haen und crucze uff dem thornichen.
4 Off. fabr.: Zwei Männern, als sie Holz schnitten hinter der Mauer und in dem Kreuzgange zu dem „gestulcze", dgl. zu
Weinkauf den Dielenschneidern in dem Kreuzgang zcu dem .,gestulze". Baurechnung von 1434.
5 Otf. fabr. 1434, Jan. 30: item Meister Henriche dem Steinmetzen von den Posten zu hauen; März 12: item demselben von den
Posten wegen usw.; 1435: Diß erbeit ist gesehen, als sij dij clan hiben in dij fenster unde posten fasten; sowie acht Tage später: item
von 12 Pfd. blyes . . . als sie die posten vergossen. -- ltem den glesener Knechten, die das fenster machten, 6 beh. vor hier.
' Off. fabr. 1434: item denlztwen frömeden Knechten. dij dij stig semmeße hyben, iglichem 5 tage. Stigsemmeße sind wohl
Treppengesimse. Ä i
7 Off. fabr. 1436, Febr. 22-25: item 4 fudir sandes, als man den letter murde zu ende.
9 Olf. fabr. 1434: Okt. 9: Wochinlon den steynmeczen Claßeß 13 tage, als her half meister Henrichen muren an der gibbelwant;
item meister Henrichen 21']: tage, als her had gearbeit an der gibbelwand. .
9 Off. fabr. 1433144: „ltem meistern Henrichen Grymar vorhandelaged, als her gein Rome reydt, 16 gl." - Das Stift zahlt 1485
dem landgräflichen Protonotar Henrich Schützeberg einen Gulden Goldes aus der Baukasse, „daz er dij nottel machede ad curiam". Die
päpstliche Urkunde im Staatsarchiv zu Marburg.
1" Am 3. Aug. 1426 bezahlt der Kirchenbau Knorren 43 Böhmische für Kost dem Bischofe, als die Kirche reconciliirte, ebenso
Funen Wigande 13 Stübchen Elsasser Weins ex parte des Bischofs u. a. m. - Bereits 1433 fand eine Weihe statt, doch läßt sich nicht
sagen, wo? Es heißt in der Baurechnung des Jahres: „item 3 sol. Hottemunde, daz he vüne daz gebicke yn den crucegang, die der bischoff
wigen wolde". Der Kreuzgang kann nicht gemeint sein, denn sonst hätte man das Gebicke nicht hineingebracht. Fand vielleicht eine Weihe der
Werkzeuge zu Beginn der Bauarbeiten selbst statt? Vielleicht auch bezog sich die Weihe nur auf einen Teil der Kirche, der fertig gestellt
und, durch eine provisorische Wand vom Baubetriebe abgeschlossen, für den Gottesdienst benutzbar war.
" Nebelthau, Congeries, S. 838.
" E. Knetsch: lnschriften, S. 235. Wenn Hoffmeister, Künstler, S. 40 u. 130, die in der Inschrift genannten magistri fabricae
für die Werkmeister des Kirchenbaus hält, so ist er im Irrtum. Diese Bürger führten nur die Kassengeschäfte.
"afel 185,6
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