Full text: Kreis Cassel-Stadt : Text, Teil 1 (6)

erlaßenn vndt lhnenn de Nouo von Haus aus bestellt, auch zugelaßenn habenn, sich Im reich seiner gelegen- 
heit nach aufftzuenthaltenn, alls weren wir nicht vnbedacht, Ihnenn gleichergestallt, wie E. L. von haus aus 
zu bestellen, wofernne es E. L. nicht zuwider vnndt Zuentgegen, lnn betrachtunge das wir nicht gernne sehenn 
wolten, das er sich in andere Nationen, oder auch lnn außlendische Herrenn dienst, derenn wir vermercken 
Das lhme etzliche vorstehenn, wendenn oder begeben solte". Dem fügte der Landgraf noch die eigenhändige 
Nachschrift an: „ich merck so viel, das etzliche Leute inen in ire practicen gern haben mitzihen wollen, welchs 
ich ime aber aussondere vrsachen wiederrahtet, vnd eme dahin gewisen habe das er diesen vorstehenden winter 
zu Dresden bei sainer Hausfrawe verharre wolte vnd sich in niemandts Kriegsbestelluge einlassen, bis man vff 
den früling sicht, was die Zait vnd Leufften geben wollen . . ." Dem Kurfürsten gegenüber äußerte sich Linar 
dahin, daß er, dem Ansuchen des Landgrafen folgend, beabsichtige mit Weib und Kind noch bis kommende 
Ostern in Dresden zu bleiben. Kurfürst August schrieb am 1.6. September an Landgraf Wilhelm, daß er es 
gern sähe, wenn Linar in hessische Dienste träte, da er doch zu Hessen in naher „BlutsfreundschafW und 
„geschworener Erbverbrüderung" stände 1. Inzwischen hatte Linar in Cassel sich schon betätigt, denn bereits 
am 14. Aug. schrieb Wilhelm lV. von seinem Schloß Friedewald aus an Georg von Scholley: „Wir haben den 
Vorschlag, so uns Signor Rochi (Rochus von Lynar) von wegen der Basteien, die wir noch zwischen das Hohe- 
thor und Twernthor setzen solten, mit Fleiß nachgedacht, wie sie zu machen sein möchte, können aber den 
Vorschlag nicht gut finden. Denn obwohl die 2 Berge etwas weit von einander liegen, können sie doch nicht 
allein mit grobem Hagelgeschoß, sondern auch mit Doppelhaken wohl bestrichen werden. Zudem würde die 
Catze, so wir mitten zwischen die beiden Berge legen würden, uns eben dasselbige thun, so uns seine Bastei 
thun könte; und wenn wir gleich die Bastei anlegten, so würden die Casematten in einander schiessen, und 
würde also den beiden Bergen das Streichen genommen." Ein Berg erforderte auch mehr Besatzung, da statt 
zwei Kasematten deren vier nötig würden. Auch befürchtete der Landgraf mit Recht „über das alles würde 
es der armen Bürgerschaft in ihre Garten auch gar weit hineingreifen". Gleichwohl sollte Scholley Linars 
Meinung prüfen, denn es heißt: „omnia probate, quod bonum est tenete". Nach einer Abrechnung vom 24. Sept. 
1575 wurde gearbeitet „aufm Zwernberge und zwischen dem Zwerenthore und der Schleuse auf dem neuen 
Schutt". Es scheint sich im Wesentlichen um die Herstellung der Kasematten gehandelt zu haben. „Die letzte 
Länge des Gewölbes an Treppen aufm Berge beim Hohenthore ist geschlossen". Ebenso war das Gewölbe des 
Zwehrenberges vollendet, dasjenige an der Streichwehr beim Hohentore dagegen erst zur Hälfte fertig. „Vom 
Zwernthore wird der Schnabel an der Streichwehr zugemauert und in der Kasematte der Stand zu den Schieß- 
löchern gemacht" 3. Eine Abrechnung vom 15. Okt. berichtet von einem „Bau zwischen dem Zwernthor und 
der Schleuse". Beim Hohentor haben „20 Maurer die Streichwehr gemacht bis auf 1 Rute lang an der Mitte 
des Berges, da es gewölbt werden soll". Als Wallarbeiter am Hohentor sind 144 Personen in 10 Rotten, als 
Wallarbeiter am Zwehrentor 85 Personen in 4 Rotten verzeichnet. Von den für das Jahr 1575 auf den Wall 
und Batteriebau eingestellten 9000 fl. waren bis dahin 8733 fl. 8 alb. 111i: hl. verbranchtf. 
Die dauernde Niederlassung Linars in Cassel hatte sich zweifellos zerschlagen, doch läßt sich sein 
Aufenthalt im Jahre 1576 aus einem Schreiben Wilhelms lV. an Kurfürst August vom 22. Februar dieses Jahres 
schließen, in dem der Landgraf zum Ausdruck brachte, daß Linar_ „eine Postey so wir diß Jahr mit gottes hulff 
Zu verfertigenn lnwillens angelegtt" habe, und das Gesuch des Baumeisters, ihm die Bestallung aufzubessern, 
warm befürwortete mit der Begründung „dieweill wir dan lhnen nichtt allein als vor einen geschickten Bau- 
meister der die Bew wohl angeben Sondern auch der Sie zuerhalten vnnd zu verteidigen weiß kennen" 5. lm 
März war Linar wieder nach Dresden zurückgekehrt. 
' Korn, Linar, S. 69 H. . 
2 Staatsarchiv Marburg, M. St. S. 817. 
3 Staatsarchiv Marburg, M. St. S. 817. 
' Staatsarchiv Marburg, O. St. S. 104. 
' Korn, Linar, S. 75 f. 
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