Umbachsche nahe am holländischen Thor, und das des Bierbrauers Pfeiler in der obersten Gasse oder Martins-
Straße sich besonders auszeichnen." Dabei war der Mangel an Mietwohnungen zur Zeit der Fremdherrschaft,
die der Stadt einen erheblichen Zuwachs der Bevölkerung gebracht hatte, so groß, daß die Hof- und Staats-
beamten sich beklagten. Auf Veranlassung des Königs ersuchte 1808 der Präfekt den Maire, durch Neubauten,
Einschränkung der Hausbesitzer oder Herabsetzung der Mietpreise für Abhilfe zu sorgen, indem er darauf
hinwies, daß die Stadt Braunschweig alles aufbiete, als Residenz an die Stelle von Cassel zu treten. Jeröme
verlangte, daß vorzugsweise das Rondel vor dem Napoleonshöher Tor, die elysäischen Felder, die Gärten am
Frankfurter Tor, in der unteren Carlsstraße und der unteren Königsstraße bebaut werden sollten. Der Stadt-
baumeister Rudolph stellte 71 unbebaute Grundstücke im Innern der Stadt fest. Eine vom Präfekten 1810
eingesetzte Baukommission hatte wenig Erfolg und verfuhr höchst willkürlich, so daß der Polizeipräfekt Legras
de Bercagny sich veranlaßt fühlte, durch eine Verordnung das Enteignungsverfahren zu regeln. Eine wiederholte
Aufforderung an Baulustige blieb ohne Wirkung, obgleich der König allen, die sich zum Bauen entschließen
würden, Befreiung von Einquartierung und Grundsteuer auf zehn Jahre zugesichert hatte. Am Ende des Jahres
1810 waren 18 neue Gebäude in Aussicht genommen, bei den meisten aber nur der Bauriß vorhanden, obgleich
gegen die säumigen lnhaber der Baustellen sogar mit Geldstrafe vorgegangen war} Die Hauptbautätigkeit, die
schon vor dem Einzug der Franzosen einsetzte, muß sich auf den Wilhelmshöher Platz erstreckt haben. 1814
werden eine ganze Reihe ansehnlicher Gebäude genannt} „Das Palais des Ministers, Grafen von Fürstenstein,
und gegenüber das des Fürsten von Corvey bilden hier mit den in der Höhe en face stehenden, ursprünglich
zu einem Tor bestimmten Gebäuden und mit den daneben liegenden von Koppschen, jetzt von Hänleinschen
Hotel einen ausgebreiteten imposanten Halbzirkel. An der Ecke zur Rechten auf dem Wege in diesen Halbzirkel
stand als Warnungstafel für Aus- und Eingehende das Hotel der hohen Polizei des Königreichs Westphalen,
neben diesem eins der schönsten Privathäuser, dem Zimmermeister Schön gehörig, von Lafleche-Keudelstein
bewohnt, und an der folgenden Ecke das Palais des Ordens der Westphälischen Krone, gemiethet vorn Dänischen
Gesandten, und einige Zeit lang, mit Jeromes Genehmigung, das Asyl des unglücklichen Königs von Schweden.
Gegenüber erlebte der Gesandte, Graf von Schönborn, das traurige Ende seines von Napoleon irre geführten
Königs von Sachsen. Bei der ersten lnvasion würden 'die vornehmen Franzosen, und auch die Gesandten des
neuen Hofes um Wohnungen verlegen gewesen seyn, wenn die in dieser Gegend und die Wilhelmstraße entlang,
bis an den Garde du Corps Platz, neu erbauten und damals kaum vollendeten Häuser ihrer nicht gleichsam
gewartet hätten."
Mehr und mehr wurde auch die Wilhelmshöher Allee ausgebaut. Bereits zu Jerömes Zeit entstanden in
der Wehlheider Gemarkung die Königlichen Gärten, vermutlich auf dem heutigen Grundstück der Aktienbrauerei,
das auf älteren Plänen parkähnliche Einrichtung zeigtß Ausgangs des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts war
die Allee soweit mit Häusern besetzt, daß sie der Beschreibung wert erschien. „Sie ist zu beiden Seiten mit
hin und wieder angebauten Häusern und mit anmuthigen Gärten verschönert" heißt es in einem Berichte von
1828! „Unter letzteren zeichnen sich aus: rechts der Garten Sr. K. H. des Kurfürsten, mit einem in originellen
Geschmack erbauten Lust- und Gewächshause, und einer schönen Befriedigung mit zwei großen Eingangsthoren
versehen. Weiter oben rechts, nahe am Wachthause, der Garten des Herrn Generals von Haynau, mit mannich-
faltigen Blumen und Gewächsen geschmückt. Weiter herunter links der Allee, der Garten Ihrer Excellenz der
Frau Gräfin von Reichenbach-Lessonitz, mit zwei Lusthäusern; das Haus mit Garten des Herrn Vice-Oberstall-
meisters von der Malsburg; der neu und schön angelegte, mit einem schönen Lusthause versehene Garten des
kürzlich verstorbenen Gouverneurs von Müller; das Wohnhaus mit Garten, Gewächshaus und schönen Anlagen
welches dem Herrn Oberschenk von Biesenrodt gehört; das Wohnhaus mit dem Garten des Herrn Geh. Kammer:
raths Steinbach. Dieser Garten zeichnet sich durch seltsam vereinigte Naturschönheiten aus, und enthält Anhöhen
' Rogge-Ludwig, Hausbau.
' Garküche, S. 31.
' Eisentraut, Kaserne, S. 90.
' Cassel u. Wilhelmshoehe, S. 61.