schiedentlich. weg- und die größeren lnitialen meistens herausgeschnitten. "Auf fol. 150" beginnen Nachträge
von anderer Hand und aus späterer Zeit, dann folgen leere Blätter, bis auf fol. 169 die Ordnung der Fron-
leichnamsfeier für Fritzlar mit genauer Angabe des Prozessionsweges und der errichteten Altäre in der
anfänglichen Schrift gegeben wird; von fol. 175 an macht die große Litanei den Schluß. Das Buch fängt
mit dem Kirchenjahr an. '
3. Graduale, auch aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts; 307 Blätter von 0,44 m Höhe und 0,32 m
Breite in dunklem Kalblederband aus der gleichen Zeit. Das erste Blatt ist unbeschrieben; danach beginnt
auf fol. 2 der Sommerteil (ln festo pasche); der Anfang des Winterteils findet sich daher in der Mitte des
Buches auf fol. 169. Nur diese beiden Anfänge haben mit der Feder vorgezeichnete und in zarten Farben
ausgemalte Randleisten, von denen die beim 1. Advent unvollendet geblieben ist. Sonst finden sich reicher Tafel 135
ornamentierte Initialen an verschiedenen Stellen.
Über die in der ältesten Stiftsbibliothek vorhanden gewesenen Bücherschätze hat man keine Nach-
richten; die aus den Klosterzeiten stammenden Codices gingen wohl meist bei der Zerstörung Fritzlars im
Jahr 1234 zugrunde. Der einzige in Fritzlar vorhandene Rest davon sind vielleicht zwei in der Schatzkammer
unter Glas und Rahmen aufbewahrte, 30 X 21,2 cm große Doppelblätter von Pergament, welche in Schrift
des 9. Jahrhunderts mit 25 Zeilen auf der Seite Bruchstücke einer lateinischen Formenlehre (Donatus P)
bieten} Durch die mit dem Stift verbundene Schule war die Schaffung und fortwährende Ver-
mehrung der Bücherei notwendig; daß außer alten Klassikern und theologischen Werken auch für juristische
Bücher gesorgt worden ist, beweist der noch vorhandene Bestand. Ob im 30jährigen Krieg viel zugrunde
ging und durch Plünderungen abhanden gekommen ist, weiß man nicht; die an den Kurfürsten Lothar Franz
von Schönborn abgegebenen Manuskripte kommen hoffentlich noch einmal zum Vorschein2 und liefern dann
Material zur Geschichte der ältesten Buchmalerei in Fritzlar. Der in Cassel vorfindliche Teil bietet mit dem
in 11 reicher ausgestatteten Meßbüchern vorkommenden Kanonbild nur einen Überblick über die Leistungen
des 14. und des 15. Jahrhunderts auf dem genannten Gebieteß Für uns haben zwei von diesen Kreuzigungs- Tafel 136
bildern ein besonderes Interesse, das älteste unter den dort vorhandenen in einem Breviarium aus dem
Anfang des 14. Jahrhunderts und ein anderes aus dem Jahre 1463 in dem Missale, welches der Dekan
Johannes Kirchain für den von ihm in der Bonifatiuskapelle gestifteten Altar (s. S. 30) hat herstellen lassen.
Wir bringen das erste Kanonbild hauptsächlich, um die Möglichkeit des Vergleichs mit den Figuren
der auf Tafel 42 abgebildeten Gemälde des steinernen Altarretabels zu bieten und um die Stilverwandtschaft
beider Malereien zu konstatieren, dann aber auch, um einige charakteristische Züge angeben zu können,
welche die späteren Fritzlarer Miniatoren in ihre Kanonbilder, außer der Beifügung der Ecclesia und der
Synagoge hinüber genommen haben. Es sind dies die 4 Eckmedaillons, worin statt der Propheten mitunter
auch die Evangelistensymbole erscheinen, und, was wichtiger ist, der Pelikan, welcher seine Jungen speißt, am
Kopfende des Kreuzes, sowie ein Löwe, welcher die seinigen durch Anhauchen belebt, am Fuß desselbenß
1 Sie schließen nicht aneinander an; das eine beginnt mit: argulzas malorum facinorzznz et futurum argulurus . . . .,
das andere endet mit . . . . sunt verba quae servant in particijvio sive in supinis ut jzmgorjunclus fungor fzmctus.
' Anfragen in Aschaffenburg und in Pommersfelden wurden zwar dahin beantwortet, daß Fritzlariensia unter den
Manuskripten der beiden Bibliotheken nicht vorhanden wären.
ß Das kostbarste unter diesen Meßbüchern wurde 1421 für den schon wiederholt (S. 63 und 5.70) erwähnten
kunstsinnigen Dekan Nikolaus von der Krae, der 1428 verstarb, hergestellt. Es ist auf sehr feines, sogenanntes Jungfern-
pergament geschrieben und enthält prachtvolle Miniaturen, gleich vorn das bekannte Wappen, dann in dem 0,39 m hohen
und 0,23 m breiten wohlerhaltenen Kanonbild der Kreuzigung das Bildnis des Stifters zu Füßen des Gekreuzigten und auf
der Gegenseite eine große Initiale T mit Christus an der Martersäule beim Beginn des Meßgebets: Te igilur clementissime etc,
ein Zierat, der in der Mehrzahl der Fritzlarer Missalien wiederkehrt.
4 Dieses älteste von den uns bekannt gewordenen Manuskripten zeichnet sich durch sehr schöne Schrift und
äußerst fein in Rot und Blau ausgemalte Initialen aus. Nach einem Kalendarium beginnt auf Folio 10 der eigentliche Text
mitten im sogenannten Sommerteil, ln vigilia Pentecostes. Die abgebildete Miniatur findet sich auf Fol. 95b; gegenüber auf
Bl. 96 ist beim Te igizur in der großen lnitiale eine Darstellung des hl. Abendmahls von sehr feiner Ausführung und mit
äußerst zart gemalten Gesichtern. Die Farben sind saftig und nur wenig mit Deckweiß versetzt. Der Blattgoldgrund ist an
manchen Stellen durch Schraffierungen gerauht, namentlich in den Eckmedaillons.
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Bau- und Kunstdenkmäler im Reg.-Bez. CasseI. ll. Kr. Fritzlar.