Die Marienkirche.
Am Rückpositiv
Principal 4'
Gedackt 4'
Quinfa. 3'
Mixtura
befanden sich die Züge desselben:
Gedackt 8'
Octava 2'
Tertia 11],
Schweizerfiöte 4'
Die leichte und zierliche Architektur des (iehäiilses war durchivcg in lichten limitiert bemalt und ver-
goldet, und die geschlossenen glatten Füllungen des Untcrtheiles mit den durchbrochcnen Schnitzereien der
Consolen, Thiirme und Felder der Pfeifenstellung (lurch aufgemaltes Ornament in Harmonie gebracht.
Von den Schnitzereien ist leider nur wenig erhalten geblieben, und als (läeschenk des lilrbauers der
vorzüglichen neuen Orgel, Ratzmann in Gelnhzulseil (eines Schülers von Walker in Ludwigsburg) in die Samm-
lung des hessischen Geschichtsvereins zu Marburg gelangt. Vor dem Abbruch hatte Baufiihrer Schwartze einc
Aufnahme des Gehäuses gemacht, welche von diesem vergeblich erbeten wurde, und sich nach seinem plötz-
lichen Tode (Sommer 1899) auch nicht in seinem Nachlass fand 1). Der Verfasser ist deshalb genöthigt, eine
unvollkommene flüchtige, im Jahre 1869 von ihm gemachte Skizze zu reproducireii (Pub. 95).
Die Glocken.
Von den ältesten in dem romanischen ilVestthurm hängenden Glocken hat sich keine erhalten, (lagegcn
zwei aus der vierten Bauperiode, drei weitere mittelalterliche und eine vom Ende des 17. Jahrhunderts. Es
haben verschiedene Umgiisse stattgefunden, "Oüber welche sieh in dem städtischen Archiv nähere Angaben er-
halten haben, wobei in zwei Fällen sogar eine treue Wiedergabe der lnschrifttbrm versucht ist. Chronologisch
geordnet sind sämmtliehe vorhandenen und umgegossenen Glocken in nachfolgendem beschrieben, wobei die
Ordnungsnummern der letzteren in eckige Klammern gesetzt sind.
l. Die kleinste Glocke in dem Daehreiter des Westthurmes. Durchmesser unten 52, oben 27 cm.
Höhe 50 cm. Die Rippe zeigt eine sanfte Karniesform des Halses. Der Schlag ist glatt und steil nach unten
abgerundet, nach innen wenig schräg. Die Krone hat ein starkes eckiges Mittelohre und sechs runde, steil
dagegen laufende. seitlich seilartig gekerbt Bügel. Am Hals läuft zurisrehen gedrehten Fäden die Inschrift in
Majuskeln :
BERTHOLDVS FILIVS MAGRI BVRCHARDI DE SVLM ME FECYPT
Die Buchstaben sind scharfkantig in Modeln geformt. Nach Durchreibungen ist die Inschrift Tab. 1
dargestellt. Der Ton der Glocke ist schön hell und rein. Sie diente als Viertelglocke bei der früheren Uhr.
2. Die grösste Glocke (Frauenglockef) in dem neuen Hanptgl(wckenstuhl. Unterer Durchmesser
1,35 m, oberer 76 cm, Höhe bis zum oberen Rand der Inschrift 1,0 m, von da bis zur Oberkante, der Bügel
der Krone, 0,32 m. Die Rippe ist ähnlich wie bei Nr. 1, wobei der Winkel des Schlages genau nach blass
angegeben ist. Zwischen gedrehten Fäden läuft am Hals die Inschrift:
VNSER FRAVEN GLOKE HEIZ ICH MICISTICR GUZ
MICH J.-
Die Buchstaben haben die auf Tab. 95 B. 2 nach einem Gypsabguss aufgenommene Form. Sie sind
so hergestellt, dass dem „Hemd" Wachsbuchstaben aufgesetzt wurden, zu deren Guss eine flüchtig in ein weiches
Material wie Gyps oder Schiefer gravirte Form diente. Die saubere Zeichnung und die bei mehrmals
wiederkehrenden Buchstaben gleiche Gestalt und Grösse beweist, dass sie nicht direkt in den lilantel gravirt
sein können. Die Glocken 1 und 2 sind also von demselben Meister aus Sulm, d. h. Neckarsulm, gegossen
worden, und zwar zuerst die kleinere von dem jungen Meister, welcher es noch für nöthig hielt, seinen be-
rühmten Vater zu nennen. Nach dem guten Ausfall dieses Gusses. erhielt er wahrscheinlich den Auftrag zu
einem ganzen Geläute, von welchem nur die kleinste und grösste Glocke auf uns kamen. Leider fehlt die
Zeitangabe; aus dem Charakter der Buchstaben, besonders aber aus der Form der Rippe ergiebt sich jedoch
mit ziemlicher Sicherheit, dass beide Glocken um die Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sind.
3. Glocke ohne Inschrift. Unterer Durchmesser 0,71 m, oberer Höhe 0,55 m. Die Rippe hat
das Tab. 3 angegebene Profil, welches schon besser zur Erzielung der Octave geeignet ist, mit bereits zu-
1) wie überhaupt keine Zeichnungen Gelnlnausexl betreffend.
2) Ruhl hat Frauen Jäloria".