Die Marienkirche.
zahl 1493, und ein in das Masswerk verflochtenes Wappen gicbt über den Stifter des Werkes Auskunft. Der
Adler desselben ist nicht etwa ein Reichsadler, den Gelnhausen damals nicht im Schild oder Siegel führte,
sondern gehört dem Wappen der Familie Fuszechin an, welches u. a. auch an dem schönen Kaminsturz (Tab.
162) zu sehen ist und in Urkunden öfter vorkommt, da aus der Familie öfters Schultheisse und Bürgermeister
genommen wurden. Das Siegel der Fuszechin ist auf der Wappentafel des Hanauer Urkundenbuches unter
N. 12. abgebildet.
Ueber das Gestühl in den Schiffen gieht eine Zeichnung" von Hundeshagen im Besitz der Stadt Geln-
hausen soweit einigen Anhalt, dass man" dessen völlige Zerstörung bei der Herstellung der Kirche bedauern
muss. Waren auch mittelalterliche Reste nicht erhalten, welche man wohl verschont hätte, so müsssen doch
aus der Zeit der Kanzel Theile der Emporen im südlichen Querschiff und des Gestühles vorhanden gewesen
sein. Von der Gestaltung der Emporen dieser Periode geben die Treppen mit ihren schön profilirten Säulen
und Docken Kunde, welche man bei ihrer vorzüglichen Construetion und Erhaltung wieder als Thurmtreppen
verwendet hat.
Die Orgel.
In dem Abschnitt Lettner ist bereits erwähnt, dass bis zum 15. Jahrhundert die vorzugsweise zur
Begleitung des Chorgesanges dienende Orgel wahrscheinlich auf dem Lettner gestanden hat. Dieser dazu
ganz geeignete, auch für Sänger benutzte, und danach odeum genannte Bautheil hat erwiesenermassen an vielen
Orten zur Aufstellung der Orgel gedient, und ist u. a. in den englischen Cathedralen und Collegkirchen noch
heute der bevorzugte Platz dafür. Als dann im 15. Jahrhundert die Orgel wesentlich in ihrer Construction
verbessert, auch zur Begleitung des Gemeindegesanges benutzt wurde, hat man an der Westseite auf den noch
vorhandenen spätgothischen Consolen, welche auch jetzt wieder gleichem Zweck dienen, eine Orgel errichtet
(cf. Tab. 95 und 71).
Bis zur Restauration 1877 bestand an dieser Stelle ein höchst merkwürdiges, schon von Ruhl als
solches gekennzeichnetes Werk, welches um die Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden, und später mehrfach
erweitert war. Es baute sich jedoch nicht mehr auf den Consolen auf, sondern stand auf einer schmalen,
etwas höher als jene die Breite des Mittelschiffs einnehmenden Bühne, deren halbsechsseitig vorspringende
Mitte auf einer kräftigen Säule ruhte, wie der Grundriss Tab. 95 angiebt. Im Jahre 1703 hat man dann diese
Bühne durch Ausfüllung der Seitentheile nach der Linie a-b erweitert 1), auch zur besseren Unterstützung vor
die alte, achtseitige Säule einen viereckigen Pilaster mit glattem, seitlich geschweiftem Sattelholz gesetzt, und
1761, bei Gelegenheit der Renovation der Kirche fügte schliesslich der Orgelbauer Link aus Wächtersbach
beiderseits breite Flügel an, welche das bis dahin fehlende Pedal enthielten 2).
Bereits 1655 hatte nach einer Inschrift eine Reparatur durch den Orgelbauer Conrad Heck stattgefunden,
über welche nichts näheres bekannt ist.
Die Orgel hatte schon Schleiflatlen, kurze Octave und modernes Gebläse (wohl von 1761). Dagegen
war die Registertractur des Rückpositives noch in der alten Manier mit eisernen, horizontal beweglichen, schräg
aus dem Gehäuse also im Rücken der Organisten hervorstehenden Hebeln eingerichtet.
Die Disposition der Register 3) war scheinbar die anfängliche, wobei allerdings das Fehlen aller Zungen-
register auffällt, welche wohl an der Stelle des noli me tangere, nihil und der Schweizerflöte zu suchen sind.
Die Namen auf Pergamentblättchen neben den Zügen angeschrieben, waren in folgender Weise zur Seite der
(jlaviaturen vertheilt, wobei die zum Pedal gehörigen fett gedruckt sind.
Viola di gamba 16'
1101i me tangere
(iedackt 8'
Mixturbass
Nihil
Octavbass 8'
Tertia llf2
Quinta 3'
Octava 4
Quintadma 8'
Cymbelstern
Superoctava 2'
Spitzfiöte 4'
Gedackt 8'
Principal 8'
Viola di gamba 8'
Mixtura 4fach
Subbass 16'
Posaune 16'
Pedalcoppel
1) Rathsprotokoll von diesem Jahr 29. August.
2) laut Inschrift im Imlern der Orgel.
3) nach Aufzeichnungen des Verfassers von 1869.