beiderseits einfach abgeschrägten, mässig grossen Rundbogenfenster, eine unangenehme kahle Fläche frei-
lassend. Die flache Decke trägt jetzt ein Täfelwerk mit Feldereintheilungen und die Holzfarbe zeigendem
Anstrich, an Stelle dessen vor der Restauration von 1877 eine Stuckdeeke mit gezogenen Rahmen bestand,
welche der Lehmwickelung der alten Balkendecke angetragen war. Diese Decke ist noch auf der Radirung
von Ruhl X) zu sehen. Der Dachstuhl ist jetzt aus dem Gebälk der abgebrochenen Emporen neu her-
gestellt, und die alte Balkenlage daran aufgehängt.
Die Seitenschiffe zeigen in ihrer unteren Hälfte völlig kahle glatte Wände, da man die unregelmässig
stehenden, theils alten romanischen, theils spätgothischen Fenster zur halben Tiefe vermauert hat. Nahe an
der flachen, ähnlich dem Mittelschiff getäfelten Decke durchbricht dann die dichte Reihe der schönen zwei-
theiligen Masswerkfenster des Oberstocks von 1446 die Wände, ohne für die mangelnden unteren Liehtötfnungen
vollen lürsatz zu bieten. Darunter sitzen beiderseits zahlreiche Consolen, welche mittelst Mauerlatten das
Emporengebäilk trugen. Sie zeigen sehr verschiedene, zum Theil sehr gute originelle Formen, sodass es sehr
zu bedauern wäre, wenn der ursprünglichen Absicht entsprechend, auch diese s. Z. zerstört worden wären. Auf
der Nordseite und zwar gerade dem Nebenportal gegenüber sitzt hoch über den Arkaden eine Reihe Consolen-
stiimpfe, welche nur durch einen dem Portal entsprechenden Giebelaufbau auf den ehemals niedrigeren Seiten-
dächern zu erklären sind. In der ehemals isolirten Capelle südlich vom Westthurm ist in der Wand der
letzteren eine breite tiefe Nische angebracht, in welcher wohl eine Grablegung oder Beweinung Christi
aufgestellt war, wie solche aus spätgothischer Zeit auch an anderen Orten mit und ohne Bildwerk sich er,
halten haben, z. B. mit Bilderwerk in der Spitalkirehe zu Treya, ohne solches in der Marienkirche zu Marburg.
In der nördlichen Capelle neben dem Thnrm ist eine kleine Wandnische mit der Jahreszahl 1464 nahe der
ehemaligen Ostwand auf der Nordseite angebracht.
Das Querschiff.
Die Verbindung desselben mit dem Langhaus stellen drei Spitzbögen her, von denen die der Seiten-
schiffe unprofilirt sind, mit den Arkaden gleiche Kämpferhöhe haben, und auf einfachen Gesimsen aufsetzen.
Der Spitzbogen des Mittelschiffes dagegen ist aufs reichste gegliedert und ruht auf starken, halbrunden Diensten-
welche in der Höhe der Arkadenbögen auskragen. Der südliche Dienst ist mit einer vollständigen Eckblatt-
basis auf eine rechteckige Console gestellt, welche wieder auf einem aus der Wand wachsenden Säulenstück
ruht, der nördliche aber läuft ohne überflüssige Gliederung in eine mit zart modellirtem Laub und einem gut
stylisirten 'l'hierkopf geschmückte Console aus. Reiche Capitäle, deren Laubwerk denen des Schiffes verwandt
ist, tragen ein Kämpfergesims, welches das alte Proül (Tab. 51, B3) noch besitzt.
Aehnlich detaillirte Eckdienste mit Eckblattbasen (Tab. 51, B 2), neben denen die Gliederung der
Schildbögen als Pilaster herabgeführt ist, stehen in den Aussenecken der Querarme als Träger der Kreuz-
rippen, während an den westlichen Vierungspfeilern auch hierfür keine von unten aufsteigenden Glieder vor-
gesehen sind, die Sivheidebögen vielmehr auf ähnlich ausgekragten Diensten, die Kreuzrippen auf Consolen in
der Kämpferhöhe ruhen.
Die östlichen Vierungspfeiler sind mit Halbsäulen besetzt, welche nach dem Querschiff zu über Eckblatt-
basen von unten aufsteigen, während die nicht von der Lettnertreppe verdeckte südliche Basis des Jochbogens
kein Eckblatt besitzt. Da nun die Capitäle das an dem ganzen Chorbau verwendete jüngere Profil (Tab. 51,
C 3) und völlig ausgebildetes Knospenlatil) haben, ist anzunehmen, dass bei der Ergänzung der durch vor-
gemauerte Altäre beschädigten Basen zur Seite des Lettners die Eckblätter irrthümlich hergestellt sind, ein für
die Geschichte des Baues nicht unwichtiger Beleg also vernichtet ist.
Ueber der Vierung entwickelt sich aus den anfänglich im Viereck aufsteigenden Wänden durch die
aus den Tafeln 46-50 und genügend erläuterten Ueberführungen, ein achtseitiges Kuppelgewölbe mit tief ein-
geschnittenen Kappen, die auf den Diagonalseiten des Vierungsthurms Rundfenster mit masswerkartigen
Füllungen einschliessen. Die Gewölberippen und Gurten haben das Tab. 51, C, 9 und 8 angegebene Profil.
Um den grossen ringförmigen mit einem Blattkranz geschmückten Schlussstein stehen auf den Kappen die
Namen von acht Weltgegenden (resp. Winden) in Majuskeln angeschrieben: Oriens (im Osten), Eurus, Auster,
Volucris, Occidens (im Westen), Caurus, Aquilo, Boreas.