Stadt Gelnhausen.
erlitt derselbe aber durch das grosse Sterben im Jahre 1395, welches die Einwohnerschaft stark decimirte. „Im
Sommer zu St. Margrethentag (13. Juli) hüb es an, mehr als 21C (2100) Menschen starben, wovon die Stadt
wüste wart und die vszern gaszen die des males in guden buwen stunden sint sieder verfallen vnd zu garthen
gemacht." (Staatsarch. Landscheid- u. Bürgerbuch bl. 36.)
Dazu kam, dass schon vorher Karl IV. die Stadt (1349) an die Grafen von Schwarzburg und Hohen-
stein verpfändet hatte, wie gleichzeitig auch Friedberg, Nordhausen, Goslar. Trotzdem er sein kaiserliches
Wort gegeben hatte, die Stadt binnen Jahresfrist einzulösen oder in der Burg Friedberg einzureiten, löste er Gelnhausen
nicht aus. Während es den anderen Städten gelang, sich selbst auszulösen, wurde Gelnhausen durch das „Sterbenu
daran gehindert. Die Pfandschaft ging wohl auf andere Familien über, bestand aber bis zur Auflösung des
(leutschemReiches fort, undelegte durch die, ewigen, kleinlichen:Reeibereieirjeden Aufschwung lahm. Anch" die
Streitigkeiten mit der Burg waren einer gesunden Entwickelung hinderlich. Näheres über die Pfandverhältnissc
und die Streitigkeit mag bei Junghans, Gesch. von Gelnhausen nachgelesen werden, ebenso das auf die Verfassung
und Verwaltung der Stadt bezügliche. Aber immer war der alte, aus der Blüthezeit des Mittelalters ererbte Wohl-
stand noch nicht dahin, wie manche Bauten und kleinere Denkmäler aus dem 15. und 16. Jahrhundert beweisen.
Erst dem nationalen Unglück Deutschlands, dem 30jiihrigen Kriege, war es vorbehalten, auch hier auf Jahr-
hunderte hinaus nachwirkendels Elend einheimiseh zu machen, und gerade ein Gelnhäuser Kind ist es gewesen.
dass in photographisch treuen Schilderungen uns einen Blick in die tiefsten Tiefen des Jammers thnn liess.
Der Theil der Pfandherrschaft Hanau kam nach dem Aussterben des Grafenhauses an Hessen-Kassel
(1736) und dieses kaufte 1746 den pfälzischen Antheil dazu. Die Versuche der Stadt trotz der Verpfändung
ihre Reiehsstandschaft aufrecht zu erhalten, hatten keinen nennenswerthen Erfolg, Hessen insbesondere unter-
drückte sie energisch. Was an Selbständigkeit noch fortvegetirte, war nicht geeignet, in dem Umschwung
dersocialen Verhältnisse einen Halt zu gewähren, oder in irgend einer Beziehung neues frisches Leben auf-
kommen zu lassen und zu fördern. Der Handel, welcher dem Ort die Blüthe gegeben, hatte andere Bahnen
gesucht, war von den nahegelegenen Centren aufgesogen. Die Schitffahrt war eingegangen, die Gewerbe hatten
grösstentheils aufgehört für den Export zu arbeiten, etwa mit alleiniger Ausnahme der Gerber. So kam es,
dass, als 1803 der Reichsdeputations-Hauptschluss die Stadt dem Kurfürstenthum einverleibte, die Reichsstadt eine
arme hessische Landstadt wurde, die nicht einmal im Stande war, die Dächer ihrer herrlichen mittelalterlichen
Bauten zu unterhalten, diese vielmehr als Steinbruch benutzte und zu Dutzenden verkommen liess.