B irstein.
Wendeltreppenthurm II hatte ursprünglich eine noch völlig gothische mit Hohlkehle und Stäbchen protilirte
rechteckige Thiir nach der Westseite bei 15, w'elche bei Anlage des neuen prächtigen Portals (bei 9) auf der Süd-
seite (Tab. 214) im Jahre 1596 vermauert wurde. Der Zeit und den Formen sowie dem Material nach, ist dieses
Portal mit dem Aufbau des obersten Stockes am Treppenthurm IV verwandt, und wird von dem Steinmetz
herrühren, welcher die Arkaden (E) des Hofes 1600 schuf (s. Auch auf der dritten Seite (bei 14) wurde noch
eine Thiire in den Thurm gebrochen, deren Gestell ganz der Thiire im 'I'hurn1e IV gleicht, wohl um eine Ver-
bindung mit dem alten Vorderbau herzustellen, da ein System zusammcnhSingender Corridore noch nicht vor-
handen war, vielmehr jeder Bau seine eigene Treppe hatte, von der aus zunächst ein schmaler Vorsaal
betreten wurde, eine Disposition, die sich noch in dem ältesten Fliigel A erhalten hat, in B durch den Ausbau
mit dem nheimlichen Gemach" (so in den Rechnungen vorkommend, also gleichzeitig angelegt) angedeutet wird,
und sicher auch bei C vorhanden war.
Der Ostflügel B enthielt wohl stets die wohnlichsten Räume und ist auch gegenwärtig unter Ab-
trennung eines schmalen, die Ahnengalerie (mit einer interessanten Kinderfolge) bergenden Corridores zu
Wohnzimmern abgetheilt und benutzt. Im Jahr 1529 wird eine Capelle erwähnt, deren 'l'hiire beschlagen
wird, neben denen der Wandeltreppe II. Die Capelle muss also in dem Flügel B, wohl in dem durch den
Neubau von H verdrängten nördlichen Ende, dessen Giebel auf denn Uelbild zu sehen ist, gelegen haben. Leider
fehlen in den Rechnungen die Jahre 153O-33 ganz, und damit die Nachrichten iibcr die gewiss interessante
Ausstattung. In den folgenden finden sich nur unbedeutende Reparaturen und Arbeiten, von ilcnen die Anlage
einer Cisterne (Kante) erwähnt sein mag.
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118110
Befestigung.
Erst im Jahre 1539 wird dann mit dem Umbau der läefestigmrg begonnen, welche bis dahin wohl
bis auf das neue Thor die ursprünglich mittelalterliche gewesen war. Zunächst werden "die hohen Planckcn"
um das ganze Schloss sowie die Mauern um die (iärtcn _von grossen Schaaren wiederholt zum lhohnditrnst
aufgebotener und im Schloss verköstigter Bauern des (ierichtes erneuert; es werden ireue Ringmauern und
"polu-ereke", ein Porthaus mit einer "reitenden porte" sowie ein neuer fhern errichtet, wobei „Inei.s'fer' hmzs der
stei-mnetz von büdiregeve" thätig ist und bestehende Mauern abgebrochen werden.
Da gleichzeitig auch neue Wirthschaftsgebäude im Vorhof erwähnt, auch die Mauern des nSehenrk-
höfchensu Q hinter dem alten Brauhaus K erneuert werden, (lürften die vorgenannten: Arbeiten, Bollwerke,
Thor und Thurm, als eine Neubefestigung der Vorburg aufzufassen sein, von welcher sich nur der Archiv-
(Ca.nzlei-) Thurm VI bis heute erhalten hat, welchem um 1600 ein weiteres Stockwerk aufgesetzt wurde.
Die Bollwerke dürften dem Thurme entsprechende Rondcle gewesen sein.
Um diese Zeit scheinen die (irafen dauernd in Birstein gewohnt zu haben, wie dcnn auch jetzt in
den Rechnungen die Naturalverptlegung (insbesondere auch einer zahlreicher: Nloute) einen breiten Raum ein-
nimmt. In der ältesten Burg war ein Ziehbrunnen genügend, welcher sich auch an der Stelle (2) neben dem
Capellenbau C (et. auch die Ansicht Tab. 205) bis in die jüngste Zeit tbrtxviihrend benutzt, erhalten hat l).
1550 wird für denselben eine 60 Schuh lange eiserne Kette atngeschafft. Um die Zeit der Neubcfcstigung
muss dann eine Wasserkunst angelegt sein, mit einem Druckwerk, welches der ltiedbzrch betrieb. Schon 1545
und später werden öfter Reparaturen an derselben vorgenonnnen. Der Müller der Mühltr, deren eines Rad
das Werk trieb, hatte die Aufsicht über dasselbe, welches mit Stempeln, Ventilen und Bleirohren versehen
war und das Wasser in einen „Bornstein" im innern Schlosshof drückte. Dieser Bornsteiu wird 1549 bei
dem Umbau des Flügels A in den untern Theil eines reich und noch völlig gothiscl: decorirten Erkers ver-
legt, dessen Reste sich noch erhalten haben und auf Tab. 208 wohl zu erkennen sind. Tab. 20], Fig. 9 ist
das noch in der Wand stehende Profil des Brunnenkumpfes wiedergegeben. Um diese Anlage auszuführen,
{mussten 1549 die Röhren durch die alten Ringmauern durchgeführt werden. Nach den Rechnungen hat ein
Maurer Afürqf Tage lang durch die alten Imauern gebrochen an dem yeleij)", und der Steinmetz Georg Hess von
Büdingen setzte den Brunnenstein und erhielt eine Verehrung, als er ihn nausmass". Das überlaufende Wasser
wurde damals in das „Bornhaus" geleitet, welches schon 1543 in der Vorburg angelegt war, und eine Cisterne
(einen „sar_qk'f) enthielt, aus dem für den Marstall, das Brauhaus etc. der Wasserbedarf entnommen wurde. Um
1) Erst in diesenn Jahrhundert ist er mit einem grossoxl Stein zugedeckt.