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5.8 Friedrich Dott - Werk / Ein Grenzbegang in alter Zeit
Zum ferneren Gedächtnis wurden ihre Namen dann in die Baumrinden eingeritzt.
Wie mag das den Herrn Schultheiß, der offen für die Metzer Partei ergriff, ge-
wurmt haben! Die Metzer Bauern aber verzichteten auf den weiteren Grenzbegang
und kehrten heim.
Am Landgrafenbrunnen, der heute noch besteht, stärkte man sich mit einem guten
Frühstück - der Born ist ein idealer Platz dafür - für die weitere Fahrt. Dann ging
es über „Meerchen“ und Gestöcke zur Ermetheiser Grenze, wo sich die dortigen
Bewohner eingefunden hatten. Ein früher hier die Grenze anzeigender Apfelbaum
steht nicht mehr, weshalb an seiner Stelle ein tiefes Loch gegraben wurde. Beim
weiteren Gang kam es zu einer weiteren Differenz mit dem Schultheiß, der nun-
mehr mit den Ermetheisern abzieht. Die Gudensberger gingen weiter, um ihre Trift
und Koppelhute wahrzunehmen. Mehrere Scheidebäume mit eingehauenen Kreu-
zen wurden festgestellt, und am „Heppenstehl“, der zu Niedenstein gehört, waren
die Bürger dieser Stadt angetreten. Gemeinsam zog man weiter bis zu einem Mal-
stein, einem weißen Wackerstein, am Schwossbach, wo der Grebe von Besse mit
seinen Leuten stand. Mit den Bessern marschierte man nun durch die Lindenpforte
den Bilstein hinab zwischen den beiden Bocksgeylen hindurch, von denen der
größere Besse, der kleinere Gudensberg gehört. An der Ritter Grenze wurde ein
neuer „Wantgrenzstein“ gesetzt. Schließlich führte der Weg über den Ochsenpfuhl,
dann oberhalb des Glissborns am Odenberg entlang herab zum Scharfenstein, um
diesen herum zur Tränke, der Endstation für diesmal. Es folgte ein fröhlicher Ein-
zug in die Stadt, wo man „uff die lange Tagesreise einen guten Trunk und Abend-
essen getan“.
Eine lange Pause brachte der dreißigjährige Krieg und seine Folgen. Erst am 23.
Juni 1676 fand der nächste Grenzbegang wiederum mit fliegenden Fahnen und
Trommelschlag statt. Unter einer alten Grenzbuche war diesmal ein Frühstück mit
den nötigen Getränken bereitgestellt worden, das von Gudensberg und Besse ge-
meinsam gestiftet war. Ein
alter Bürger erinnerte sich
noch, dass er beim letzten
Umzug im Jahre 1618 als
Schuljunge mit der Nase an
eine Weide gestoßen wurde,
„zur besseren Erinnerung“!
Jetzt war von der Weide nur
noch ein Stumpf zu sehen. Als
später im 18. Jahrhundert die
Sitten weniger rauh waren,
bekam die Jugend zur besseren
Erinnerung Geschenke, was ihr
sicher bedeutend besser gefiel!
Friedrich Dott. (1959)
Ger älteste Grenzstein von 1701
zwischen Besse (BS) und Gudensberg (GB)