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5.7 Friedrich Dott - Werk / Der Verlauf der alten Stadtmauer
Der Verlauf der alten Stadtmauer in Gudensberg
Der Anblick alter Städte, die mit wuchtigen Türmen, Toren und vielleicht noch gut
erhaltenen Ringmauern beredtes Zeugnis von vergangenen Tagen ablegen, erfüllt
jeden Freund unserer
Heimat mit Freude
und Befriedigung –
strahlt doch das alte
Gemäuer in der Hast
unserer Tage stets
etwas Beruhigendes
und Anheimelndes
aus. Viele unserer
Landstädte vermö-
gen davon auch
heute noch Beträcht-
liches aufzuweisen.
Dagegen geben von der alten Stadtbefestigung Gudensbergs leider nur
noch geringe Reste Kunde. Man findet sie z. B. auf der Ostseite der Altstadt am
alten Friedhof. Dort stand einst das Obertor, von welchem sich die Stadtmauer
aufwärts zur Obernburg und abwärts zum Kasseler oder Neuen Tor hinab zog. In
beiden Richtungen sind mit Unterbrechungen Mauerreste vorhanden, so auch an
der östlichen Begrenzung der alten Gasse „Hinter der Mauer“. Der Grabenweg, an
dem u. a. die in 1889 erbaute Stadtschule steht, lag also, wie auch sein Name be-
sagt, bereits außerhalb der alten Stadt.
Schwieriger ist es schon, den genauen Verlauf der Ringmauer dort festzu-
legen, wo sich heute überhaupt keine Reste mehr finden lassen und am schwersten
da, wo infolge späterer Bebauung und größerer Terrain - Veränderungen das Stadt-
bild heute wesentlich anders aussieht als ehedem. Dies gilt vor allem für die West-
und Nordseite, also den Lauf der Umfassungsmauer von der Wenigenburg abwärts
zum Niedertor, die genaue Lage dieses Tores selbst, ferner den anschließenden
Teil ein Stück am Marktplatz entlang und dann abbiegend parallel zur Kasseler
Straße bis schließlich zum Neuen Tor am Ostausgang der Untergasse.
Alte Stadtpläne, aus denen genaueres hierüber festzustellen gewesen wäre,
befanden sich aber weder im Gudensberger Stadtarchiv noch beim Katasteramt in
Homberg. Wie der Schreiber dieser Zeilen ermitteln konnte (Hervorhebung des
Verf.), besitzt jedoch das Staatsarchiv in Marburg mehrere alte Karten von Gu-
densberg. Außer Gemarkungskarten vom Jahre 1685 und einem Stadtplan von
1850, alle stark beschädigt, fand sich ein gut erhaltener Plan von 1750. Aus diesem
über 200 Jahre alten Dokument ist der gesamte Verlauf der ehemaligen Ringmauer
deutlich abzulesen. Das Staatsarchiv fertigte uns davon ein Lichtbild in der Origi-
nalgröße von 85 x 82 cm an. Eine verkleinerte Aufnahme davon zeigt unser Bild.
Ansicht von Gudensberg nach Daniel Meisner ( 1623/31)