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Abb. 165:, Unterminierung eines Bollwerks. Holzschnitt von Sebastian Hausmann
(Graf Solms, Kriegsbeschreibung)
chern suchte der Verfasser das Kriegswesen seiner Zeit
Zu schildern. Acht Bücher sind voll ausgedruckt, das neunte
ist nur in einem einzigen, unvollständigen Eremplar erhal
ten. Ein Gesamttitel fehlt. Das Buch ist also nicht fertig
geworden- der Tod hinderte den Grafen an der Vollen
dung.
Das einst mit Konrad von Bemelberg bearbeitete
Ämterbuch hat Solms unverändert in sein großes Kriegs
buch übernommen (Abb. 166). Er hat es dann aber noch
durch Zwei weitere Abhandlungen ergänzt. Im 8. Buch gibt
er eine genaue Aufstellung der Verproviantierung eines be
festigten Platzes. Sie enthält praktische Berechnungen über
die Mengen an Lebensmitteln, Futter und Material, die
dazu nötig sind. Nicht einmal die Feuerung ist vergessen
worden. Der Verfasser legt dabei seinen Berechnungen
verschiedene Besatzungöstärken Zu Grunde und stellt sie
in Listenform zusammen, so gleichsam ein Nachschlage
werk schassend. Weiter ergänzte der Graf die dem Ämter
buch bereits beigegebenen Formulare in einem besonderen
Buche durch weitere zahlreiche Beispiele. Er wollte da
mit, wie er ausdrücklich bemerkt, den kriegführenden Herren
ein Mittel in die Hand geben, den damals üblichen Über
vorteilungen und Betrügereien vor allem beim Anwerben
und Ausrüsten der Truppen entgegentreten zu können.
Neben diesen Dingen galt die Liebe des Grafen der
Artillerie. Ihr sollte ein großer Teil seines Kriegsbuches
gewidmet sein. Zwei Bücher waren dafür vorgesehen: das
eine sollte die Beschreibung der Geschützarten sowie das
gesamte Gebiet der Pyrotechnik enthalten, das andere das
vollständige Inventar eines Zeughauses geben.
Die neue Waffe war damals noch völlig unsystematisch
aufgebaut. Neben einer Unzahl von Kalibern standen
ebensoviele Namen und Bezeichnungen. Die Büchsenmei
ster betrachteten ihre Kunst noch als eine Art Geheim
wissenschaft, und jeder hütete sich ängstlich, den andern
sein Wissen und seine Erfahrungen mitzuteilen.
Schon lange hatte man das als äußerst störend emp
funden und auf Abhilfe gesonnen. Dementsprechend sind
die einschlägigen Werke auch verhältnismäßig zahlreich.
Aber sie alle zeigen auf den ersten Blick, daß man von
einer wirklichen Ordnung im Geschützwesen noch weit ent
fernt war, wenn auch Ansätze dazu nicht zu verkennen
sind. Noch bediente man sich vielfach der im Mittelalter
gebräuchlichen Tiernamen. Da finden wir Drachen und
Falken, Singerinnen und Nachtigallen, Schlangen, Affen
und Bären und noch viele andere. Aber schon machte
man sich von der individuellen Benennung des einzelnen
Stückes frei. Gewisse Namen wurden zu bestimmten Gat
tungsbegriffen, und Anfänge der Normierung sind unver
kennbar.
Die Hauptbezeichnung für das schwere Belagerungs
geschütz wurde die Kartaune (Abb. 160). Sie hatte ein
Kugelgewicht von rund 45 Pfund. Die Doppelkartaune
(Abb. 163), die auch wohl noch die alte Bezeichnung
Nachtigall führte, schoß Kugeln im Gewicht von 76 Pfund.
Daneben gab es noch leichtere Geschütze, Halbkartaunen,
Drittelkartaunen und Viertelkartaunen. Eine andere Ge
schützart waren die Schlangen, auch diese als Feldschlan
gen, Halbschlangen und Viertelschlangen erscheinend. Die
ganz leichten Kaliber wurden Falken und Falknoetlein
genannt. Man darf sich nun aber nicht vorstellen, daß
hier schon eine genaue Normierung vorlag, eine Viertel
schlange etwa das halbe Kaliber der Halbschlange gehabt
hätte. Im Gegenteil! Die Bezeichnungen waren ziemlich
willkürlich gewählt und dazu noch bei allen Schriftstellern
verschieden angewandt, sodaß von einer wirklichen Ord
nung keine Rede sein kann.
Nur eine Einteilung hatte sich bei ihnen allen durch
gesetzt: die in Feldgeschütze, Brechgeschütze und Mörser.