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Freud und Leid im Iagdbetrieb des Zpangenberger Revieres
Von Fritz Jütte
Den schönsten Ausschluß über die jagdlichen Verhält
nisse im Spangenberger Reviere verdanken wir den
Forstbeschreibungen der reitenden Förster Christian
Lampmann und Philipp Claus aus den Jahren 1664
und 1700. Rach ihrem Bericht übten damals Hirsche
und Sauen die stärkste Anziehungskraft aus die fürst
lichen Jäger aus, die das weitläufige Revier von der
Burg hoch oben auf ihrem Felsenkegel
aus bejagten. Ausführlich habe ich darüber berichtet in
Heft 9/10, Jahrgang 1937 dieser Zeitschrift.
Wenn also die Jagd auf Hirsche und Sauen ganz
außerordentliche Ergebnisse zeitigte, so hat dagegen die
Jagd auf Flugwild wenig oder garnichts im Spangen
berger Revier getaugt.
Auer- und Birkwild hat Claus nirgends mehr ange
troffen. Früher müssen die Bestände besser gewesen sein,
denn die Namen der Forstorte deuten darauf hin: das
Auerholz, der Balz. Dieser Balz kann aber auch ein
Brunftplatz für die Hirsche gewesen sein, denn am 14.
9. 1469 reitet Landgraf Ludwig „uff den Balz", 1473
reitet er „auf die Pfalz" und unzweideutig geht aus al
len Begleitumständen und der Jahreszeit hervor, daß
nur die Hirschbrunst gemeint sein kann.
Auf sonstiges Flugwild weist auch der Forstort Enten
pfuhl hin. Wie ich von alten Mörshäuser Holzhauern
in Erfahrung bringen konnte, sind dort noch in den 70er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts alljährlich einige
Enten zur Strecke gebracht worden. Heute erinnert nur
noch ein kümmerlicher, verlandeter Teich oder besser
Tümpel am Melsunger Pfade, meist übersehen, an den
Entenpfuhl.
Ausdrücklich erwähnt Claus, „daß Trappen, Schwahne,
günse, Endten und dergleichen Federwildpreth nicht mehr
anzutreffen wär". Vogelschneisen ließen sich wohl hier
und da anlegen, um Amseln und Drosseln zu fangen,
aber eine bequeme Gelegenheit für einen Vogelherd be
steht seiner Ansicht nach nicht.
Ebenso ist es auch mit „denen Milouane oder Gabel-
schwäntz", die ebenso wie die Reiher, „so zu Wabern
ihre gestünde und Förste haben", nur ab und zu zu den
Forellenwässern fliegen. „Es hat aber keine Gelegenheit
mehr, sie zu besitzen".
Auffällig ist auch, daß das Haarraubwild bei den jagd
baren Tieren nicht stärker hervortritt. Der Fuchs wird
überhaupt nicht genannt. An Dächsen scheint ebenfalls
kein Überfluß geherrscht zu haben. Im ganzen Spangen
berger Forste gibt es nur drei Dachsbaue: einen im Fin-
kenthale, einen im Humbache und einen im Ellenbach.
Dafür war aber noch stärkeres Raubwild da, nämlich der
Bür und der Wolf. Selbstverständlich kann der Bär nur
noch vereinzelt vorgekommen sein. Immerhin gibt Bieger
(in „Oie Deutsche Iagdwirtschaft", Neudamm 1928) an,
daß in den Jahren von 1611 bis 1655 in Kurhessen noch
324 Bären erlegt worden seien. Das sind durchschnittlich
8 Stück jährlich, was für das kleine Kurhessen auf freier
Wildbahn wohl nicht mehr möglich war. 1460 wurde ein
Bär lebendig gefangen, „X schilling bezahlt vor henffen
stricke, den Deren zu binden, als man ihn gein Spangen
berg surte". Wahrscheinlich hat man diesen Bären zu
allerlei Kurzweil benutzt, ähnlich dem späteren Fuchs
prellen, auf dem Schloßhofe die Hunde auf ihn losge
lassen, „bis er sich in ein Wasserfaß rettete und von da
aus mit vieler Lust artige Ohrfeigen unter die Hunde
austeilte". (Röhrig, S. 171.)
An die Bären erinnern noch die Namen der Forstorte
Bärengrund und Bürenloch. Ich freue mich jedesmal,
wenn ich vom Bahnhof Mörshausen aus in
dem helleren Buchenlaubwalde die deutliche
Figur des Bären am jenseitigen Hange
erkenne, die dem sinnigen Einfall des Nevierverwal-
ters ihre Entstehung verdankt, der die Bärenfigur mit
Fichten auspflanzte und so den Namen des Forstortes
festhielt.
Neben dem selteneren Bären fand sich als ständiger
Vertreter der Wol f. An ihn erinnern noch die Forstorte
Wolfsloch, Wolfstal und Wolfhagen. In Spangenberg
wurden starke Rüden mit 85, 92 und sogar 100 Pfund
Gewicht erlegt bzw. gefangen. Sehr stark hatten sich die
Wölfe während des 30jähr. Krieges vermehrt. Im Januar
1634 wurden schon 12 und im Februar noch 7 Wölfe
im Spangenberger Revier gefangen. 1632 mußten mehr
als 2000 Bauern zu einer Einkreisung aufgeboten wer
den. 1641 spürten sich Im benachbarten Knüll während
des Winters 18 Wölfe. Der Wolf war sehr gefürchtet,
weil er starken Schaden anrichtete. Es fanden deshalb
regelmäßige Wolfsjagden statt. Gefangen wurde der
Wolf um 1650 immer noch in den sogenannten „Wolfs
garen".
Claus erzählt, daß er 12 solcher Wolfsgarne in seiner
Verwahrung hält. Spangenberg war mit seiner zentra
len Lage besonders geeignet für die Vereithaltung der
Wolfsnetze. In der Stadt lag das herrschaftliche Jäger
haus in der Fägergasse, wo sich noch heute das Dienst
gehöft des Forstmeisters befindet, und in diesem Jäger
hause wurden auch die Wolfsgarne aufbewahrt. Freilich
klagt Claus im Jahre 1700, daß sich nur noch zwei in
einem guten Zustande befinden, „die übrigen zehn aber
sind gar alt und in einem solchen Zustande, daß sie kei
nen Wolf mehr halten". Da Claus in seinem ganzen
Bericht schwarzfärbt, immer in der guten Absicht, soviel
Besserungen herauszuholen wie nur möglich, so wird
es auch nicht ganz so schlimm mit den Wolssgarnen ge
wesen sein. Der letzte Wolf in unserer engsten Heimat
wurde im Melsunger Forste, nicht allzu weit vom Span
genberger Schöneberg bzw. Schoppen, am 18.11.1805
geschossen. Auf einer Jagd kam dort, wo heute der Wolfs
stein steht, dem Rittmeister bei den hessischen Gensd'armes
Wolfs von Gudensberg ein Tier schußrecht, das er nicht
sofort richtig ansprechen konnte. Er schoß aber und erzählte
erst nach dem Treiben von seinem Schusse. Darauf brachte
man einen Schweißhund auf die Fährte und fand bald
einen 70 Pfund schweren Wolf. Der allerletzte Wolf in