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gung, daß Pz. Friedrich Wilhelm am Vormärsche des 8.
Armee Corps sich nicht betheiligen wolle 41 ) das 1. Hus.
Ngt. 42 ) Zu einer Division formirt Zugesagt, auch meine
Zustimmung dazu gegeben, daß wir Zum Zweck der Mo
bilmachung und Zum Schutz der durch preußische Streif-
züge bedrohten Festung nach Mainz marschieren wollten.
So werden wir nun wohl in diesen Tagen dahin abmar
schieren. Ich werde in kurz möglichster Zeit vollkommen
ausgerüstet sein und hat Pz. Alexander mir versprochen,
daß ich dann nachrücken soll. Mir will es aber scheinen,
daß der Bund ein zuverläßiges Corps zu seinem Schutze
in der Nahe haben will. Da der Prinz Fd. Wilhelm, dem
ich offen gesagt habe Ew. Hoheit sind meine politische
Schwierigkeit, mir die bestimmte Zusage ertheilt hat, nicht
mit dem 8. Armee-Corps, sondern erst mit uns nachzu
rücken, so habe ich demselben den Oberstlt. v. Heathcote
zur Dienstleistung gegeben. Was nehme ich nicht alle auf
den Buckel...
Freitag.
Heute Besichtigung des Corps durch den Prinzen Ale
xander, morgen Abrücken 2 Escadrons des 2. Hus. Negts.
zum 8. Armee-Corps, desgleichen des Iäger-Bat. nach
Mainz. Das übrige Corps folgt dem Iäger-Bat. in den
nächsten Tagen.
6. 5. 7. 66.
... Gestern Abend mit Pz. Moritz 43 ) nach Bieberach
geritten, den Herzog 44 ) besucht. Oehnhausen 45 ) u. C.
Bauer 4ß ) liegen in Bieberich ... Die Sache ist meiner
vollen Überzeugung nach sehr bald zu Ende. Es scheint
als habe man sich gegenseitig über die Stärken getäuscht.
Preußen an allen Orten, bald hier, bald dort. Noch ist
keine große Schlacht in Böhmen geschlagen. Die Ent
scheidung liegt dort. Deutschland, auch Preußen halten
den Zustand der allgemein eintretenden Brodlosigkeit nicht
lange aus. Alle sind sehr dabei intereßiert, daß die Ge
schichte zu Ende kommt. Sollte der Würfel in Böhmen
für Preußen günstig fallen: so werden voraussichtlich
deßen Ansprüche sich sehr steigern ... Die Fürstin 47 )
geht in die Schweiz...
7. Mainz, 12. 7. 66 Nachmittags.
...Der Himmel ist bis jetzt mit mir gewesen. Er hat
mir Gesundheit und festen Entschluß gegeben. Ich habe
nicht Schuld an den Verhältnissen, in denen wir uns
befinden. Wir sind Soldaten und bewegen uns als solche
in den Bahnen, in die Befehl und Geschick uns gewiesen
haben. Ich bin hoch in dem Bewußtsein der Treue zu
meinem Kriegsherrn und der Sorge für sein Corps
Was ich im Herzen trage, das ist mein Geheimniß,
41) Der Kurfürst hätte es bei seiner bekannten Abneigung
gegen den Thronfolger wahrscheinlich unangenehm empfunden,
gerade durch ihn aus seiner bedrängten Lage befreit zu wer
den.
42) Oie zwei Feldeskadrons wurden dann nicht aus dem
ersten sondern aus dem zweiten Husarenregiment gebildet.
43) Prinz Moritz von Hanau, der zweite Sohn des Kur
fürsten, der Verlobte der Tochter des Generals.
44) Von Nassau, der dort bis zum 13. Juli Hof hielt.
45) Kommandeur des Schützenbataillons.
46) Major Karl Bauer, Kommandeur des 1. Btl. Leib-
garderegts.
47) Von Hanau, die Gemahlin des Kurfürsten.
meine Pflicht liegt klar vor 48 49 50 ) und von dieser wanke
ich nicht. Gott sei Dank, daß ich ein Corps befehlige, das
Rücken an Rücken gelehnt treu seiner Ehre bleibt
Bis zum 1. Septb., es ist mein fester Glaube, sind wir
Alle wieder vereinigt und wir sagen hoffentlich „Gott
war mit uns."
8 . Mainz, 14.7.66.
... Die Last der Pflichten ist oft schwer. Klar, was ich
kann und soll, hat bis jetzt viel überwunden. Ich stehe
fest aus den Beinen und laße mich durch nichts irren.
Die Nacht vom 12. auf den 18. habe ich 9 Stunden
zu Pferd geseßen und bin erst den 13. Morgens 12 Uhr
anher, aber frisch an Körper und muthig an Geist zurück
gekehrt "'). Pz. Moritz hatte mich begleitet und auf die
liebenswürdigste Weise für meine körperliche Pflege ge
sorgt. Es ist ein herrlicher Mann, voll Talent.
9. Mainz, 20.7.66.
... wahrlich die Zeit ist wohl angethan nur auf Gott zu
vertrauen. In Österreich d. h. an der Donau bereitet sich
die große Völkerschlacht vor. Der Ausgang entscheidet
die Zukunft Deutschlands^). Ich sitze am Fenster und
schreibe. Der Rhein strömt unter meinem Fenster vor
über. Es ist nicht mehr der alte Rhein bedeckt mit Schif
fen und tausendfaches Leben an den Ufern. Alle nach
Mainz ausmündenden Eisenbahnen sind zerstört und der
Verkehr unterbrochen. Der Mensch ist ein sonderbares
Wesen, denn obgleich wir Alle den Schmerz über diesen
unglückseligen Krieg tief empfinden, wo Bruder gegen
Bruder kämpft: so sind wir doch Abends in unserem
Hotel — Rheinischen Hof —, wo Pz. Moritz, Fritz Baum
bach 51 ), Vischofshausen 52 53 ), Carl Blumenstein BS ), Heim
rod 54 55 ), Berner s5 ), Julius Bardeleben 56 ) und die Offi
ziere meines Stabes regelmäßig versammelt sind und oft
bis 12 Uhr Mitternacht recht vergnügt. Gestern haben
wir den Verlobungs-Tag des James gefeiert... Wir sind
von der ganzen Welt abgeschnitten 57 ). Zeitungen haben
wir keine mehr. Herr v. Baumbach 58 ) ist in Augsburg,
48) General v. Loßberg sprach sie gerade an diesem Tage
in seiner Antwort auf die preußische Aufforderung zur Rück
kehr in die Heimat aus- die Antwort erschien am folgenden
Tage in der Mainzer Zeitung.
49) Der erfolglose Erkundungsvorstoß nach Wöllstein und
Alzey, den zwei Bataillone, fünf Eskadrons unter Oberst v.
Baumbach ausführten.
50) Die große .Schlacht fand dann nicht mehr statt, da Bis
marck infolge der drohenden Einmischung Frankreichs den Ab
schluß des Waffenstillstandes beeilte- daher erschien dann die
Schlacht von Königgrätz als die Entscheidungsschlacht des
Krieges.
51) Fritz v. Baumbach, Kommandeur des 1. Husarenregi
ments.
52) Oberstleutnant James v. Bischoffshausen, Führer des
3. Inf.-Regts.
53) Carl v. Blumenstein, Rittmeister im 2. Husarenrgt.
54) Oberst v. Heimrod, Kommandeur des 1. Inf.-Regts.
55) Major Wilhelm Berner, Kommandeur des 2. Btl. I.-R. 1.
56) Major Julius v. Bardeleben, 2. Btl. I.-R. 3.
57) Seit die Preußen nach der Schlacht von Aschaffenburg
(14. Juli) den Vormarsch nach Süddeutschland angetreten hat
ten und (18. Juli) vor Kastell erschienen waren.
58) Alexander v. Baumbach, Geh. Legationsrat, kurh. Ge
sandter in Wien, war vom Bundestag zum Bundeskommissar
sür Kurhessen ernannt worden- er weilte beim Bundestag
in Augsburg.