Full text: Hessenland (49.1938)

267 
letzte große Erwerbung Hessens, der Anfall der Graf 
schaft Hanau-Münzenberg, Zu verdanken, den wir durch 
den Erbvertrag Zwischen beiden Territorien mit der Un 
terschrift der Landgräfin dokumentiert sehen. 
Bei Fulda erregen neben dem ältesten Abtssiegel von 
1057 die 1360 erfolgte kaiserliche Verleihung des Neichs- 
paniers, sowie die päpstliche Bestätigung der Fuldaer 
Universitätsgründung Aufmerksamkeit. Dieses Privileg 
Clemens XII. von 1732 ist auch nach der formalen Seite 
bin als Typ der eigenartigen späten päpstlichen Privi 
legien von Interesse. 
Abschließend folgen die wichtigsten Stücke dieser 
Gruppe: die waldeckischen Archivalien. Bestechend ist die 
monumentale noch völlig im romanischen Stilgefüge 
stehende Form des Wappensiegcls von 1226 und ebenso 
ausgewogen ist die künstlerische Leistung, die uns im 
Siegel Graf Adolfs von 1244 das Bildnis des mit 
Schwert und Schild bewehrten Edelherrn der staufischen 
Kaiserzeit vor Augen führt. Kostbarkeiten sind das Ta 
gebuch Graf Wolrads II. aus der Neformationszeit (wir 
sehen das Blatt aus Luthers Tod) und die von dem 
nachmals gefürsteten Grafen Georg Friedrich von Wal 
deck an den Großen Kurfürsten gerichtete Denkschrift 
über die Lage des brandenburgischen Staates bei Aus 
bruch des Krieges zwischen Schweden und Polen- Stücke, 
aus denen die Weite des geistigen und politischen Blick 
feldes dieser weit über die engen Grenzen ihres Landes 
hinausgreifenden Männer erhellt. 
Die fünfte Gruppe Zeigt Dokumente und Darstellungen 
aus dem Gebiete der Wappen- und Familienkunde, 
überwiegend Wappenmalereien des 16. bis 18. Jahrhun 
derts auf Einzelblättern oder in Form von Stammbäu 
men, Ahnentafeln und Wappenbüchern. Ein Marburger 
Bürgerbuch des frühen 18. Jahrhunderts, die Familien 
chronik eines Marburger Geschlechtes aus den Fahren 
1500 bis 1533 und das Nechnungsbuch einer Marburger 
Familie aus dem 15. Jahrhundert treten u. a. ergänzend 
bei. Bemerkenswert sind die frühe farbige Darstellung 
des hessischen Wappens rus dem 14. und der Stamm 
baum Landgraf Philipps des Großmütigen aus dem 16. 
Fahrhundert. Ein noch wertvolleres Stück, der älteste hes 
sische Stammbaum (aus dem späten 15. Jahrhundert) 
von der Hand des bekannten hessischen Chronisten Wie 
gand Gerstenberg ist bereits in der dritten Gruppe ge 
zeigt worden. Diese beiden hessischen Tafeln stammen 
wie eine Anzahl weiterer prächtiger Blätter des 16. Jahr 
hunderts aus dem Waldecker Archiv, das auch für die 
folgenden Abteilungen noch hervorragende Stücke beige 
steuert hat. 
Die sechste Gruppe zeigt eine Auswahl der ältesten 
hessischen Karten aus dem 16. und 17. Fahrhundert. Die 
in kartographischer wie in künstlerischer Hinsicht ausge 
zeichneten Blätter stammen von den ersten hessischen 
Geometern: Foist Moers aus Korbach, Heinz Markgraf 
von Frankenberg und vor allem von dem berühmtesten 
Zeichner und Kartographen Wilhelm Dilich. Er ist mit 
drei zum Teil farbigen Arbeiten vertreten, darunter be 
findet sich das Original der weitverbreiteten, bekannten 
Ansicht Marburgs aus dem Fahre 1591. 
Die siebte und letzte Gruppe endlich versucht die Ent 
wicklung der mittelalterlichen Schrift vom 5. Fahrhundert 
ab bis zur Erfindung der Buchdruckerkunst in großen Zü 
gen zur Anschauung zu bringen. Hierzu sind ausnahms 
los Handschristenfragmente verwendet worden, die in 
mittelalterlicher Zeit als Buch- und Akteneinbünde ge 
dient haben und dann wieder abgelöst worden sind. 
Wenn bei der Auswahl der Blätter auch das Haupt 
augenmerk aus die Schrift und die Entwicklung ihrer For 
men gerichtet war, so ist es doch möglich gewesen, auch 
inhaltlich wertvolle Stücke aus der mittelhochdeutschen 
Literatur und dem mittelalterlichen Nechtsleben einzu 
fügen. Wir sehen Fragmente aus einem Lied auf die 
heilige Elisabeth, aus dem Artusroman Lanzelot und 
dem weitverbreiteten Volksbuch Salman und Morolf. Ein 
bedeutendes Bruchstück aus einem römischen Geschichts- 
wcrk, ein Traktat über den Meineid und ein wertvolles 
Fragment des kleinen Kaiserrechtes geben dieser Reihe 
der Schriftdenkmäler eine über das Formale hinaus 
gehende Bedeutung und beleben in Verbindung mit 
frühen Notenschriften, farbigen Initialen und Buch- 
illustrationen diese gleichgerichtete Abfolge von Blättern, 
die durch eine Auswahl von Wiegendrucken abgeschlossen 
wird. 
Die Archivausstellung, der eine Reihe ausgezeichneter 
Nachbildungen der besten hessischen Landgrafenbilder von 
Philipp dem Großmütigen ab in besonders glücklicher 
Weise Gesicht und Leben verleiht, vermag nur eine kleine 
Auswahl aus dem Reichtum der geschichtlichen Doku 
mente unserer Heimat vor Augen zu führen- aber sie wird 
allen, die sie betreten, einen lohnenden Blick in die klaren 
und tiefen Quellen schenken, aus der die Erkenntnis und 
damit der Stolz auf die Größe unseres Erbes entspringt, 
dessen Hüter die deutschen Archive sind.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.