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Abb. 1. Museums-Haus
man schon beim ersten Anblick dieses Hauses nichts an
deres erwarten, als die Einrichtung eines Nhönbauern
sehen zu können.
In der Guten Stube steht der alte, reich verzierte
Nhöntisch, der prächtig geschnitzte Schrank, die Bank mit
mehreren Stühlen, die geschnitzte Truhe. An der Wand
hangt die Uhr, und karger Bildschmuck vervollständigt die
kleine Gute Stube. In dem anschließenden, schmalen
Zimmer sind die Gerate der Flachsbearbeitung und
des Spinnens, in einer Tischvitrine einzelne Stücke
der Weißstickerei, Kopien besonderer Urkunden, Zeugnisse
einer fantasievollen Volksempfindung, wie Liebes
briefe und Poesiealben, ausgestellt, ferner stehen hier
Apothekenstandgefäße, hängen Klingelbeutel mit dem
herrschaftlichen Wappen, Bilder einer Folge von meh
reren Nhönschilderungen. In der Kammer stehen Bett,
Schrank, Tisch und Fruchlade. Die Küche birgt neben
dem in der Rhön üblichen Haushaltungsgerat besonders
die Stücke der alten keramischen Werkstatt in Gersfeld.
Auf einem Regal ist die kleine wichtige Sammlung des
Vlau-Weiß-Stcingutes aufgestellt. Das Aushängeschild,
eine vortreffliche Arbeit des 18. Jahrhunderts, das
nun im Giebelfeld angebracht ist, lag vordem auf dem
Boden des Rathauses und diente ursprünglich den Zim
merleuten und Schreinern als Aushang für ihr Lokal.
Die Einrichtung eines solchen Museums hat zunächst
die Aufgabe der Heimat zu dienen. Die Bevölkerung soll
in ihm und seiner Einrichtung ihre Stätte empfinden und
ihre Art bestätigt sehen. Es gilt, die überlieferte Kultur
einer Landschaft in den besten Zeugnissen zusammenzu
stellen, um dem Einheimischen das Können und die Be
fähigung seiner Vorfahren und seines Blutes nachzu
weisen, dem Fremden aber einen Anhaltspunkt und Hin
weise zu gewähren, um die Bedeutung des Gebietes er
kennen zu können. Heimat in dem besten Sinne dessen,
was durch Blut und Boden bedingt ist, muß ihre klare
Verkörperung finden, die im gerechten Verhältnis das
herrschende Maß zu finden hat. Jede unnötige Über
treibung und unverantwortliche Bevorzugung einzelner
außergewöhnlicher Zeugnisse bedeutet eine gefährliche
Fälschung des wahren Bestandes und verschiebt die
grundsätzlich gegebene Kultur eines abgeschlossenen land
schaftlichen Bezirkes. Man muß das eingeführte Gut vom
einheimischen unterscheiden können, und es muß die Er
kenntnis von Blut und Rasse mehr als eine formale
Billigung und äußerliche Zustimmung erfahren haben.
Wenn die Rasse nur ein formaler Begriff oder eine bloße
Theorie gelegentlicher politischer Anschauungen bedeuten
sollte und der Museumsmann nicht ein lebendiges
persönliches Bekenntnis oder eigene Empfindung
damit verbinden kann, wird es selten mit dem Aufbau
eines Heimatmuseums zum Besten stehen.
Das höchste und beherrschende Ziel der Museumsge
staltung bedeutet die Darstellung der kulturellen Ge
meinschaft, die in dem Museumsgebiete herrscht. Sollte
es sich ergeben, daß man in einem Bezirke keine be
stimmte Entwicklung einer deutlich abgesetzten eigenen
Art und eigenen Geschichte feststellen kann und hat ein
landschaftlicher Bezirk ausschließlich als Nutznießer einer
größeren und anderen Gemeinschaft gelebt, dann wird sich
die Einrichtung eines Heimatmuseums nicht rechtfertigen
lassen. Das Museum verlangt eine bestimmte seelische
Haltung, ein geistiges Antlitz, das sich aus der Land
schaft und aus dem Volksstamm zu ergeben hat. Die
Einrichtung benötigt einen großen Gesichtspunkt, der es
allein zu verhindern vermag, daß sinnlos nur alte Gegen
stände zusammengetragen werden, die allein deshalb ge
sammelt wurden, weil sie alt geworden sind. Diese Alter
tümerbetreuung ist eine unzulässige Häufung von totem
Abb. 2. Das Museumsschild