225
die lebendige Freude am Gestalten, bodenständige Art,
rein handwerkliche Schulung und das künstlerische Kön
nen unserer Oorfmeister.
Im Jahre 1685 wurde der „Edelhof" bei Crainfeld
erbaut- sechs Jahre später, 1691, in dem Ort Ilbes
hausen die „Teufelsmühle". Der Baumeister der „Teu
felsmühle" war ein Zimmermann namens Hans Muth.
Er entstammt einer alten seßhaften Vogelsberger Bauern
familie. Mitglieder dieser Sippe sind noch heute fast in
jedem Dorf der nahen und weiten Umgebung seßhaft.
Hans Muth war Junggeselle und hat in siebenjähriger
Arbeitszeit die Teufelsmühle erbaut. Später hat er
seinem „Petter", dem Hans Velten üsinger, die Mühle
mit allem Besitz geschenkt. Hans Velten war der erste
der heute noch in der Mühle seßhaften Sippe, die seit
dem Jahre 1720 die Mühle im Besitz hat. Auch die
Müllerfrau des heutigen Besitzers stammt aus der alten
Vogelsberger Sippe Muth.
Hans Muth hat mit sicherem Empfinden für konstruk
tiven Aufbau eine fast spielerisch anmutende, doch mei
sterliche und künstlerische Gesamtwirkung erzielt. Der
Meister hat in seinen Wanderjahren viel gesehen und
hier seine Meisterschaft gemacht. Mit welcher Wucht
leuchtet das kraftvolle des Bauwerks aus der beträcht
lichen Stärke der Eckpfosten und Nähmbalken heraus.
Der Eckpfosten des Erdgeschosses mißt nahezu 60 mal
60 Zentimeter, die Streben und Zwischenpfosten 30 bis
35 Zentimeter. Das stark schattende, mit Wulst und
Kehlen profilierte, wie ein breites Band anmutende
Qucrgebülk trennt das schlicht ausgebildete Erdgeschoß
von dem reicher ausgeschmückten Obergeschoß. Im drei
mal wiederkehrenden Gtockwerksüberstand bilden die
kräftig gliedernden Geschoßnühte den Nahmen der Ge
schosse.
Hans Muth hat in der Lüngsfront die Brüstung des
Obergeschosses in svmmctrisch zueinander geordnete Fel
der eingeteilt und diese mit phantasiegeladener Schmuck
freudigkeit belebt. Die gekreuzten, geschwungenen und zu
Fachwerk in Fleschenbach
Fachwerk in Steinau
Viertelbogen geformten Hölzer der einzelnen Felder
lassen Herzen und Sterne für den Putz frei. Über den
Schmuckgürtel der Längsfront ist außer an den Eckpfosten
noch Zweimal der „wilde Mann" angeordnet.
In den Brüstungsgürtel sind die Hölzer geometrisch
genauest zusammengefügt und besonders an den ver
tikalen Streben mit schuppigen, Vogelsberger Rund-
schindeln darstellendem Schnitzwerk erhaben ausgeschnitzt.
Außerdem sind unter den markierten reihenweise ge
schnitzten Schindeln jeweils Herzen vertieft ausgestochen.
Der Schmuckgürtel zieht sich um das ganze Stockwerk
bis zum säulenartig profilierten oberen Eckpfosten hin.
Nur wenig weiße Putzflüchen lassen hier die Füllhölzer
in den Feldern frei, die eine andere Form durch doppelte
Verkreuzung bekommen.
Über der Brüstungshöhe füllen zwei als „wilde Män
ner" ausgebildete Holzverstrebungen die übrige Wand-
fläche des ersten Stockwerks und leiten über zum aus
gleichend wirkenden Zweiten Obergeschoß. Hier hat Mei
ster Muth sich darauf beschränkt, in den Brustfeldern in
streng symmetrischer Reihenfolge verzierte Bohlenbretter
anzubringen. Diese Schmuckplatten lassen in ihrer Mitte
Quadrate frei, sie geben der Hauswand einen feinen
Reiz, zumal der Meister darüber nur vier kleine rund-
bogige, nebeneinander angeordnete Fenster angebracht
hat. Der Scheitel des Giebels ist wieder mit drei vier-
zackigen Sternen ausgeschmückt, im obersten Dreieckfeld
ist ein mit der Spitze zum Himmel zeigendes großes
Herz angebracht.
Der Blick des Betrachters wird dann gefangen vom
nassen Element, das, brausend in ewig gleichem Rhythmus
das Mühlrad treibt, und dabei findet er in den reichen
und fließend wirkenden Holzanordnungen sinnfällige Ver
bindung von Vau und Wasser. Der Zauber einer alten
Mühle umgibt hier ganz besonders den Betrachter.
Kommt man von Ilbeshausen zurück durch das Dorf
Fleschenbach, das an der preußischen Grenze liegt, so
bleibt der Blick an dem ältesten Fachwerkhaus des Ortes