Full text: Hessenland (49.1938)

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Edelhof von Crainsfeld 
Sämtliche Aufm: Ganderl 
ließen und ihre Erfahrungen und Kenntnisse, sowie den 
Sinn für harmonische Gestaltung immer wieder vererbt 
haben. 
Es waren ganz bestimmte Valkenverbindungen- am be 
kanntesten ist die besonders bei den Eckpfosten immer 
wiederkehrende Balkenanordnung des „wilden Mannes", 
die Anfang des 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts an 
gewandt wurde. Teils in wuchtiger, fast verschwenderi 
scher Fülle (Schwalm, Kreis Marburg), teils in leichter 
Bauweise (Niederhessen) hat man ihn ausgeführt. Wie 
überhaupt das Fachwerk in Hessen landschaftlich-stamm- 
lich und Zeitlich große Wandlungsfähigkeit aufweist. 
Die Schmuckformen am Gebälk sind zugleich uralte 
Sinnbilder. Sie sind ein Stück versunkener, heimatlicher 
Gedankenwelt und helfen das Wissen über die Vorstel 
lungswelt unserer Vorfahren auf heimatlichem Boden ver 
vollständigen. Diese Sinnbilder zeigen sich in den viel 
fältig gefügten Hölzern- es werden auch Eck- und Mit 
telständer, Kopfbänder, Füllriegel und Türumrahmungen 
mit flachen (besonders im 17. Jahrhundert) oder kräftig 
hervortretenden alten Motiven beschnitzt. Doppelspirale, 
einfache Spirale, in ihrer vielgestaltigen Anordnung, 
Kreis, Stern, Nadkreuz, Raute in ihren verschiedenen 
Verbindungen, kehren als Schmuckform an alten bäuer 
lichen Fachwerkbauten immer wieder. Es ist ein verbor 
genes Ahnenerbe. 
Fragt man einen ländlichen Zimmermeister über die 
Bedeutung dieser oder jener Form, so erhält man mei 
stens ungenügende Auskunft, wie: „das hat mein Groß 
vater und Vater auch immer so gemacht", oder, „so hab 
ich sie auf der Wanderschaft bei anderen Meistern ange 
bracht". Bei den Bauernhandwerkern der letzten Hundert 
Jahre vermißt man das tiefe, gründliche Wissen um den 
Sinn der überkommenen Formen. Die Meister früherer 
Jahrhunderte wäre von anderer Art. Sie überlieferten 
uns nicht nur die technischen Fertigkeiten, sondern ihre 
„Kunst", d. h. eine festliegende Ornamentik und einen 
ausgesprochenen Stil. Wohl war der Bauherr bei Aus 
Edelhof von Crainsfeld 
führung seines Baues mitbestimmend, doch flocht der 
Zimmermeister unverkennbar seine charakteristischen Merk 
male in das Bauwerk. 
Einen wichtigen Faktor bildete die Verufstradition. 
Nicht nur die angewandten Techniken sind auf geraden 
Wege und unverfälscht überliefert worden, sondern auch 
die alten Bräuche, die im Zimmermannsgewerbe eine 
wichtige Nolle spielten. Ein Quell uralter Kraftäußerung 
konnte hier, wie auch in anderen ländlichen Handwerken 
seine Beständigkeit durch Jahrhunderte erhalten. Der 
alte Zimmermeister hielt am alten fest. Er setzte sein 
bestes Können daran, etwas besonders Schönes zu schaf 
fen. So strahlen noch heute viele Fachwerkhäuser diese 
Freude an der Arbeit aus und zeugen von reicher, deut- 
Edelhof von Crainsfeld
	        
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