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Eine Glanzleistung Ludwig Bickells. 1881 entdeckte er in Gelnhausen, verdeckt unter allerlei Anbauten, Deutschlands ältestes Nathans.
Er legte die prachtvolle romanische Fassade frei. Daß der neue Besitzer das denkwürdige Haus bis Zur Unkenntlichkeit verschandelte,
konnte Vickell allerdings nicht verhindern
Sammlung überlassen und 1884 durfte er die Glanzstücke
daraus auf der Hessischen Landesausstellung im Oran
gerieschloß zu Kassel einem größeren Kreis präsentieren.
Heute ist das von Vickell mühsam zusammengetragene
wertvolle Material auf das Museum der Universität
Marburg und das Landesmuseum Zu Kassel verteilt und
zeugt dort von den unvergänglichen Verdiensten Bickells
um die Bewahrung althessischen Kultur
gutes.
Als Zweites Hauptbetätigungsfeld nannten wir die
Photographie. Was er hier geleistet hat, ist über
alles Lob und alle Anerkennung erhaben. Erstaunlich ist
schon der Umfang seines Schaffens, liegen uns doch heute
noch, abgesehen von zahlreichen Platten, die Spezial
studien betreffen, an architektonischen Aufnahmen vor:
Aus dem Kreis: Aufn.
Kassel 45
Eschwege 32
Frankenberg 72
Fritzlar 150
Fulda 37
Gelnhausen 430
Gersfeld 28
Hanau 40
Hersfeld 31
Hofgeismar 117
Homberg 15
Hünfeld 9
Marllrirg 780
Melsungen 40
Ninteln 94
Rotenburg 10
Schmalkalden 31
Waldeck 21
Witzenhausen 88
Wolshagen 19
Ziegenhain 54
Andere Orte (Biedenkopf, Als
feld, Marburg, Münden u. a.) . 200
Doch viel wesentlicher als die Menge der Aufnahmen
ist die Auswahl der Motive und die Güte seiner photo
graphischen Arbeit. Er brachte hierzu ein überaus feines
Gefühl für Erkennung der wahren Werte und eine mei
sterhafte Begabung für die Beherrschung der photo
graphischen Technik mit. Er ließ sich keine Mühe ver
drießen, den rechten Aufnahmestandpunkt zu finden und
die Platten bis zur Vollendung durchzuarbeiten. So ist
das von ihm erstrebte und in mühseliger 30jähriger Ar
beit geschaffene „Denkmäler-Archiv" eine Quelle althes
sischer Bauforschung geworden, aus der jeder wird schöp
fen müssen, der sich mit baugeschichtlichen Studien unseres
Landes besaßt. In der bisher erschienenen einschlägigen
Literatur, in den Bänden der „Bau- und Kunstdenk
mäler", in Holtmehers „Hessischen Rathäusern" usw.
usw., Zuletzt auch in Karl Rumpfs vortrefflicher „Hand
werkskunst am Hessischen Bauernhaus", hat man davon
bereits reichen Gebrauch gemacht. Doch erst jetzt wird
man aus den Grund dieses unerschöpflichen Borns kom
men können, nachdem das Bickell-Iubiläum Anlaß zu
vollständiger Renovierung des großen Platten-Schatzes
bot, den der Zweigverein Marburg des Hessischen Ge
schichtsvereins als kostbares Erbe hütet.
Einige Bilder geben wir diesen Zeilen bei, um zu zei
gen, wie oftmals die Bickellschen Bilder das einzige sind,
was von den wertvollen Bauten erhalten blieb, die der
Vergänglichkeit alles Stofflichen oder noch mehr der
menschlichen Unvernunft zum Opfer fielen.
Der großen photographischen Leistung Bickells kann
man aber erst dann voll gerecht werden, wenn man sich
vergegenwärtigt, welche Schwierigkeiten dem Photo
graphen seiner Zeit im Wege standen. Vis in die 80er
Jahre hinein gab es noch keine Trockenplatten, man
mußte vielmehr die lichtempfindliche Schicht an Ort und
Stelle in einer mitzuführenden Dunkelkammer selbst be
reiten und konnte dann die Belichtung nur in noch nassem
Zustand vornehmen. Die Apparate waren ungefüge Mon
stren. Zur Entwicklung, Verstärkung und Haltbar
machung der Aufnahme waren viele Chemikalien not
wendig. Hieraus ergibt sich, daß unser Vickell auf seinen