(Eme Ztanduhr aus dem 17. Jahrhundert im Landesmuseum Kassel
Von Paul Ado
„Eine sehr fleißig gearbeitete stählerne Tafel-Uhr in
schwartzem Gehaus mit vergütetem Zifferblatt, zeiget
gantze und viertel Stunden, wie auch den Calender. Sie
wird nur alle % Jahr aufgezogen, zum Theil aber ziehet
sie sich durch ein täglich herunterfallendes und sogleich
wieder aufspringendes Gewicht selbst auf- Aus der Rück
seite ist eine Sonnenuhr befindlich." *)
f Kirchvogel
der Unruhen zu verweisen ist. Bei diesen Uhren wird die
lange Schwingungsdauer des Torsionspendels (in der
Regel 7,5 Sek.) zur Hinausdehnung des Federablaufs
benutzt.
Diese Art eines „Dauerauszugs" ist auch nicht mit dem
sogenannten automatischen, etwa dem thermischen Uhr
auszug zu verwechseln, der erst am Ende des 17. Jahr-
Standuhr um 1620
Bei diesem Werk eines unbekannten Meisters aus dem
Anfang des 17. Jahrhunderts handelt es sich um einen
der ersten mir bekannten Versuche, die Ablaufzeit eines
Federwerkes durch eine Zwischenschaltung hinauszudeh-
ncn. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts
wird bei den sogenannten Fahresuhren das gleiche Er
gebnis durch die Anwendung des Torsionspendels er
reicht, das allerdings mit dem gewöhnlichen Pendel nichts
als den Namen gemein hat und eigentlich in die Gruppe
l) Verzeichnis derer im Hochfürstl. Kunsthaus befindlichen
Uhren errichtet von Carl Prizier im Jahre 1765- Seite 12
Nr. 6. Vgl. ferner Schminke,: Cassel, 1776 Seite 164- Krie
ger, Cassel in historisch-topographischer Hinsicht, Marburg
1805» Seite 175.
Hunderts angegeben wurde?) Im letzteren Fall wird die
ungleiche Ausdehnung zweier' verschiedener Metalle zum
kontinuierlichen Spannen der Uhrfeder benutzt.
Der Meister der vorliegenden Uhr ist nun von einer
Überlegung ausgegangen, die für diese Zeit der Uhren
technik eine glückliche technische Gestaltungskraft auf
weist.
Ein Federhaus von normaler Größe in einer derar
tigen Standuhr vermag selbst bei dünnster Verarbeitung
des Federmaterials einem Pendel oder einer Unruhe
2) „kann ich mit einem Thermoscopio eine kleine perpen-
dicul-Uhr auffziehen / daß sie allezeit gehet, so lange nemlich
nichts davor bricht." Becher, Närrische Weisheit, Frankfurt
1652 Buch 1, Kap, 45, Seite 86.