Full text: Hessenland (49.1938)

(Eme Ztanduhr aus dem 17. Jahrhundert im Landesmuseum Kassel 
Von Paul Ado 
„Eine sehr fleißig gearbeitete stählerne Tafel-Uhr in 
schwartzem Gehaus mit vergütetem Zifferblatt, zeiget 
gantze und viertel Stunden, wie auch den Calender. Sie 
wird nur alle % Jahr aufgezogen, zum Theil aber ziehet 
sie sich durch ein täglich herunterfallendes und sogleich 
wieder aufspringendes Gewicht selbst auf- Aus der Rück 
seite ist eine Sonnenuhr befindlich." *) 
f Kirchvogel 
der Unruhen zu verweisen ist. Bei diesen Uhren wird die 
lange Schwingungsdauer des Torsionspendels (in der 
Regel 7,5 Sek.) zur Hinausdehnung des Federablaufs 
benutzt. 
Diese Art eines „Dauerauszugs" ist auch nicht mit dem 
sogenannten automatischen, etwa dem thermischen Uhr 
auszug zu verwechseln, der erst am Ende des 17. Jahr- 
Standuhr um 1620 
Bei diesem Werk eines unbekannten Meisters aus dem 
Anfang des 17. Jahrhunderts handelt es sich um einen 
der ersten mir bekannten Versuche, die Ablaufzeit eines 
Federwerkes durch eine Zwischenschaltung hinauszudeh- 
ncn. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts 
wird bei den sogenannten Fahresuhren das gleiche Er 
gebnis durch die Anwendung des Torsionspendels er 
reicht, das allerdings mit dem gewöhnlichen Pendel nichts 
als den Namen gemein hat und eigentlich in die Gruppe 
l) Verzeichnis derer im Hochfürstl. Kunsthaus befindlichen 
Uhren errichtet von Carl Prizier im Jahre 1765- Seite 12 
Nr. 6. Vgl. ferner Schminke,: Cassel, 1776 Seite 164- Krie 
ger, Cassel in historisch-topographischer Hinsicht, Marburg 
1805» Seite 175. 
Hunderts angegeben wurde?) Im letzteren Fall wird die 
ungleiche Ausdehnung zweier' verschiedener Metalle zum 
kontinuierlichen Spannen der Uhrfeder benutzt. 
Der Meister der vorliegenden Uhr ist nun von einer 
Überlegung ausgegangen, die für diese Zeit der Uhren 
technik eine glückliche technische Gestaltungskraft auf 
weist. 
Ein Federhaus von normaler Größe in einer derar 
tigen Standuhr vermag selbst bei dünnster Verarbeitung 
des Federmaterials einem Pendel oder einer Unruhe 
2) „kann ich mit einem Thermoscopio eine kleine perpen- 
dicul-Uhr auffziehen / daß sie allezeit gehet, so lange nemlich 
nichts davor bricht." Becher, Närrische Weisheit, Frankfurt 
1652 Buch 1, Kap, 45, Seite 86.
	        
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