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Anmerkungen
1) Aus Erläuterungen, die auf der 41. Jahresversammlung
der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck am 25. 6.
1938 Zu einer den Raum Zwischen Frankfurt, Weilburg, Fritz
lar und Lippspringe umschließenden, vom Verfasser gezeich
neten Ooppelkarte 1:100 000 gegeben wurden, ist der vorlie
gende Aufsah entstanden. Er stellt Zugleich eine gedrängte
Übersicht der Hauptergebnisse seiner seit 1930 unternommenen
Untersuchung des hessischen Straßenwesens dar: eine umfang
reiche, weitgehend Einzelheiten berücksichtigende und zugleich
Quellenbelege bietende einstweilige Zusammenfassung der ge
samten bisherigen Arbeit soll unter dem Titel „Verkehr und
Siedlung in der Landschaft Oberhessen von der Frühzeit bis
zur Auflösung der alten Reiches" in den Schriften des In
stitutes für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau
veröffentlicht werden.
2) G. Landau, Beiträge zur Geschichte der alten Heer-
und Handelsstraßen in Deutschland, Zeitschr. f. deutsche Kul-
turgesch. 1856- derselbe, Die Straßen aus den Niederlanden
und vom Niederrhein durch Westfalen nach Leipzig und
Nürnberg, Korrespondenzbl. d. Ges.-Ver. 1862. Ferner ist
hier vergleichshalber und als Schrifttum für randliche Ge
biete zu nennen F. M a l k m u s , Chronik der Stadt Neustadt,
1904- G. Wolfs, Die südliche Wetterau in vor- und früh
geschichtlicher Zeit, 1913- derselbe, Die geographischen Vor
aussetzungen der Chattenfeldzügc des Germanicus, ZHG XL,
1917; W. Bremer, Hessen als Durchgangsland vorge
schichtlicher Kulturen, Hessenland XXXVII, 1925- K. Th. Eh.
Müller, Alte Straßen und Wege in Oberhessen, MOHG
XXVIII u. XXXIV, 1928/37, dessen zweiter, bis Amöneburg
vorstoßender Teil leider nicht der Bedeutung des ersten ent
spricht- H. Hollmann, Auf den Spuren der Vor- und
Frühgeschichte im Nordosttaunus, Nass. Anm. LVIT, 1937; H.
Vöttger, Die Verkehrswege des Siegerlandes bis zum
Ausgang des 18. Jahrhunderts, Siegerland XVI, 1934, zu
gleich als Grundlage für W. G ö r i ch , Die Fernwege (in L.
Bald, Das Fürstentum Nassau-Siegen, Kap. I, 2); H. Krü
ger, Die vorgeschichtlichen Straßen in den Sachsenkriegen
Karls d. Gr., Korrespondenzbl. d. Ges.-Ver. LXXX, 1932 (vgl.
dazu Anm. 6).
3) Der etwaige Einwurf, daß die Höhenwege zu harte Stei
gungen mit sich brächten, läßt sich gerade durch die Marburger
Verhältnisse als nahezu ungewichtig sowohl für die älteren wie
die jüngeren Straßenzüge zurückweisen. Die „Weinstraße" auf
dem östlich entlangziehenden Rücken klettert von Niederweimar
aus in 2 Lin langem Zug zwar von 177 auf 320 rn über XX.,
erreicht bei der Wehrshäuser Höhe nach leicht gewelltem, 4 x k
km langem Lauf den höchsten Punkt von gut 340 in und steigt
nach weiteren knapp 6%' km östlich am „Scheid" bei Goßfel
den hinunter, dabei auf einer Strecke von kaum 400 m mehr
als 60 m tief bis zur Lahnfurt bei etwa 198 m. Die Tal-
straße durch Marburg hat vom „Heiligen Kreuz" (Wilhelms
platz) bis aus den Stadtberg bei einer Wegelänge von fast
900 in fast 28 m bis zum höchsten Punkt (Marktplatz) bei
213 in zu überwinden und hinunter zur Elisabethkirche bei
kaum 500 in Strecke rund 30 in, wobei noch zu bedenken ist,
daß es auf der ursprünglichen Marburger Süd-Nordachse beim
350 in langen Anstieg vom Fronhof den Hirschberg und Markt
hinauf bis Zum Ende der Mainzergasse (238 m) sogar 55 m
und hinab nach St. Elisabeth 48 m zu bewältigen galt; endlich
mußte man noch den Sattel hinterm Weißen Stein quer über
die „Weinstraße" hinweg nach Goßfelden bewältigen, d. h. aut
gut I km langem Weg 75 m hinaus und sofort bei gleicher
Strecke wieder 60 m hinunter, im übrigen aber war die Mar
burger Straße an manchen Stellen morastig, Zu schmal und in
der Oberstadt wegen ihrer Enge geradezu gefürchtet.
4) Hier ist aus das beste niederhessische Beispiel, nämlich
die vom unteren Fulda-Werragebiet nach Bebra ziehende, erst
in jüngerer Zeit sog. „Franzosenstraße" zu verweisen- sie wurde
u. a. noch in den Katastern des 18. Jahrhunderts als neben der
Fuldastraße nach Hersfeld bestehende und stark benutzte „Land
straße auf Frankfurt und Nürnberg" genannt.
5) Im Bemühen, die Wiedergabe nicht schematisch, sondern
möglichst naturgetreu zu machen, sind nur ganz unwesentliche
Plätze fortgelassen worden. Immerhin konnte von den allzu
zahlreichen spätmittelalterlichen Befestigungen überhaupt nur
eine kleine Auslese gebracht werden, insbesondere mußte bei
den meisten Städten das Zeichen für die zugehörigen, oft nicht
viel älteren Burgen fortbleiben.
6) Bezeichnend mag sein, daß wir bei dem berühmten West-
Ostzug des großen westfälischen Hellweges von Duisburg über
Mülheim/Ruhr und ursprünglich dicht südlich an Essen her ins
Padcrborn-Lippspringer Gebiet eine ähnliche Dreiteilung vor
finden: unter dem 130 km langen Hellweg auf dem Haar
strang verläuft am äußerst fruchtbaren Nordhang die zwar ab
kürzende, dafür aber eine Unzahl Vachtäler guerende Dort-
mund-Soester Strecke- und vermutlich tritt obendrein eine
römische Kunststraße entlang der gleichfalls weithin schiffbaren
Lippe hinzu (vgl. dazu H. Krüger, oben Anm. 2).
7) Daß sich gleichfalls Hügelgräbergruppen (Spätbronze-
Früheisenzeit) auf derartigen von uralten Fernstraßen benutzten
Höhenrücken finden, hängt wohl weniger hiermit als vielmehr
damit zusammen, daß zur selben Zeit eben die Viehhutebezirke,
die zumeist noch bis ins vorige Jahrhundert bestanden, bedingt
durch die damalige Trockenperiode ziemlich waldarm und des
halb geeignet für solche weithin sichtbaren Denkmäler waren;
übrigens finden sich solche Begräbnisstätten naturgemäß auch
ganz abseits der großen Heerwege.
8) Um die Wirrnis auf der Karte nicht noch mehr zu ver
größern, sind die wenigen bezeugten älteren Malstätten,
seien es Zent- oder Hofgerichtsstühle, nicht mit eingezeichnet;
jene liegen aus Hügeln und Bergesgipfeln ebenfalls mehr oder
weniger abseits der Heerwege, von diesen die als königlich an
zusetzenden sehr oft an des Reiches Straßen.
9) Das wird ganz sicher bei den von Assenheim und Fried
berg ausgehenden „langen" und „kurzen Hessen" der Fall ge
wesen sein; denn der alte Höhenweg muß von Natur aus ur
sprünglich an Bettenhausen her unmittelbar auf die südöstlich
Lich entlangziehende „Heerstraße" gestoßen sein, während die
späterhin weiterbenutzte Nömerstraße die Wetter zu Trais-
Münzenberg und gleich drauf noch einmal beim Nömerkastell
Arnsburg kreuzt.
10) Neben diesen, zur Altersbestimmung der mit ihnen besetz
ten Höhenwege entscheidenden Etappenstationen, von denen
einige offenbar den Rang von Pfalzen hatten, gab es auch
noch einfache, planlos im Land verstreute, aber in der dersel
ben Art befestigte königliche Oberhöfe. So finden wir in leid
lich sicherer Beziehung zu Amöneburg die curtis in Burgholz
bei Nauschenberg (ebenfalls ausgegraben), Großseelheim und
„die Höfe" überm Ebsdorfer Grund; hinzu mögen Plätze wie
der Altenberg bei Wetzlar, Kalbern bei Wetter u. a. m. treten,
während das gleichfalls nicht siedlungsmüßig gelegene Vroms-
kirchen ein Vorposten am Rand des Niemandslandes gewesen
sein mag, genau wie Herborn für die Straße von Bonn und
Köln nach Amöneburg und wie Arnsburg, Vurggemünden und
die Alsfelder Altenburg für die „langen" bezw. „kurzen" Hessen
anzusetzen wären. An offensichtlichen Rechteckanlagen haben
wir in Hessen nur das 774 von den Sachsen zerstörte Fritzlar
(vgl. den zur Reihe „Ursprung und Wachstum hessischer
Städte" gehörigen Aufsatz in der Kasseler (Sonntags-)Post
von August 1938), die eben genannten „Höfe" und endlich
(schon im Niemandsland) Eberschütz, sodaß diese drei Anlagen
zusammen der „karlingischen Renaissance" Zugeschrieben wer
den könnten, während die Schildform gerade an die Gestalt
der merowingischen Werke anzuschließen wäre und bis in die
„Weserfestung" hinein durchweg an den zunächst gesicherten wich
tigsten Etappenlinien erscheint, soweit sich das heute über
haupt feststellen läßt; obendrein wirkt Eberschütz wie nach
träglich eingeschobcn zwischen Laar und die Burg bei Deisel,
der nördlich allzu dicht benachbart wiederum ein Rechteckbau,
nämlich das erst 797 errichtete Lager Herstelle ist. — Da in
unseren Grabungsberichten, mit deren Veröffentlichung im
„Hessenland" demnächst begonnen werden soll, auch die allge
meinen Zusammenhänge zu behandeln sind, genügt hier der
Hinweis auf C. Schuchhardt, Die Burg im Wandel der Welt
geschichte, 1931.
10.i) Paderborn liegt als Stätte uralten Quellkults etwas
abseits.