Full text: Hessenland (49.1938)

kommandeur war/ sind im 5)essenland von 1914 S. 303 ff. 
genau beschrieben und wir möchten das dort Gesagte 
nicht wiederholen. Nur die Worte eines seiner Mit 
kämpfer/ der damals schrieb: „Worte macht der Prinz 
nicht viel, aber schon sein Erscheinen wirkte auf die 
Truppe: ,Unser Prinz ist der erste, wenn's gilt, und unser 
Prinz sorgt für uns', das wußten wir, und deshalb hangt 
das Regiment an seinem Führer in einem Grade, wie 
ich es noch nie zu beobachten Gelegenheit hatte. Oer 
Prinz behauptet nicht nur, der Kamerad seiner Sol 
daten zu sein, er ist es auch da, wo die Kameradschaft 
lichkeit oft aufhört: Er ist es in seiner Lebensweise..." 
Der Großherzog von Hessen-Darmstadt schrieb damals 
an seine jetzt so unglücklich umgekommene Gemahlin: 
„Friedrich ist ein Held, seine Leute begeisternd, immer 
voran". Nun ist mit dem „Held" damals ein Ziemlicher 
Unfug getrieben worden. Aber auf den Prinzen (damals 
war er noch nicht Landgraf) paßte das Wort wirklich, 
wie man in der Geschichte des 81. Infanterie-Regiments 
nachlesen kann. Am 7. September 1914 wurde der Prinz 
bei Etrüpy schwer verwundet. Die letzte Granate, die 
an diesem Tage abgefeuert wurde, traf ihn, und nur die 
Behandlung eines befreundeten Arztes bewahrte ihn vor 
dem Starrkrampf und dem wahrscheinlichen Tode. 
Schwerer aber als die eigene Verwundung traf ihn die 
Nachricht von dem Tode seines Zweiten Sohnes Mar, 
der als Leutnant der Darmstüdter Leibdragoner am 
>2. Oktober beim Kloster St. Chapellc b. Hazebrouk in 
Flandern ein paar Tage vor seinem 20. Geburtstag fiel. 
Auch sein ältester Sohn Prinz Friedrich Wilhelm, Leut 
nant der Hanauer Ulanen, wurde ungefähr gleichzeitig 
wie sein Vater bei einem Patrouillenritt schwer ver 
wundet. Doch konnte er sich nach einer Operation wieder 
erholen und zog wieder ins Feld. Zwei Fahre später 
siel er am l2. September 1916 bei Cara Orman in der 
Dobrudscha. Tief betrübt wie die Eltern und Geschwister 
war auch die greise Großmutter, die alte Landgräfin 
Anna, die an den Enkelkindern besonders hing. „Beide 
Sonnensohne, begabt, fromm und rein, tapfer und brav ', 
schrieb die Großmutter, die als älteste deutsche Fürstin 
am 12. Funi 1918 ihren Enkeln, den „Sonnensöhnen" 
nachfolgte. Dieses letzte Kriegsjahr, das ihm die Mutter 
nahm, gab dem Prinzen für eine kurze Zeit einen unge 
ahnten Hoffnungsschimmer. Im Oktober wählte der 
finnische Landtag ihn zum König von Finnland, doch die 
bald darauf einsetzenden unglücklichen Ereignisse sorgten 
dafür, daß dem Prinzen erspart wurde, die Dornenkrone 
über das Land der tausend Seen zu tragen, die schon 
einmal vor ihm ein hessischer Landgraf getragen hatte. 
Dann kamen die schrecklichen Novembertage, in denen der 
Prinz nach den Erinnerungen des Prinzen Mar von 
Baden ins Hauptquartier reisen sollte, um seinen kaiser 
lichen Schwager zur Abdankung zu bereden, doch konnte 
er sich nicht dazu verstehen. Dieser selbe Prinz Mar 
von Baden wurde später, 1924, der Schwiegervater sei 
nes Sohnes Wolfgang Moritz, der jetzt als Landrat in 
Homburg wirkt. Nach der Revolution hatte der Prinz 
eine schwere Zeit durchzukosten, zumal das Schloß Fried 
richshof, das Erbteil seiner Frau von ihrer Mutter, der 
Kaiserin Friedrich, in von der Entente besetztem Gebiet 
lag. Nachdem seine militärische Laufbahn abgeschlossen 
war, widmete er sich dem Studium der Kunst, Geschichte 
und Literatur, wozu er ganz besonders befähigt ist. 
„Exceptionally gifted" nennt ihn seine Schwägerin, 
die Prinzessin Victoria von Preußen, in ihren englisch 
geschriebenen Erinnerungen und ähnlich urteilen andere 
Memoirenschreiber, wie z. V. Prinz Nicolas von Grie 
chenland. Das mögen Verwandenurteile sein (obwohl 
eine Nichte des griechischen Prinzen erst später einen 
Sohn des Landgrafen heiratete), aber auch ein Ferner- 
stehender, ein einfacher englischer Offizier, der ihn mehr 
mals besuchte, nennt ihn „a quiet studious cultured 
man, more os the type of a professor thau of a 
soldier“ (Eoddie, Peace patrol. 204). Und daß der 
Landgraf nicht nur großes Interesse speziell für hessische 
Geschichte, sondern auch große Kenntnisse derselben hat, 
dafür liegen untrügliche Beweise vor. Der Landgraf be 
sitzt wohl die größte Sammlung von Hassiacis, und aus 
seinem Besitz an Kunstwerken ist manches Stück in das 
schöne Landgrasenmuseum gewandert, das die Stadt Kas 
sel der künstlerischen Fürsorge des Prinzen Philipp, jetzt 
des ältesten Sohnes des Landgrafen, verdankt. 
Der Landgraf ist der einzige noch überlebende Schwa 
ger Kaiser Wilhelms II. Er wohnt mit seiner Gemah 
lin zu Friedrichshof im Taunus oder im Sommer in 
seinem Geburtsort Panker, dem Hauptort der Herr 
schaft Hessenstein in Ostholstein, die die Familie seit lan 
ger Zeit besitzt. Vier Söhne sind ihm geblieben und sechs 
Enkelkinder konnte der Großvater an seinem 70. Geburts 
tag sein eigen nennen. Ph. L. 
Bernhard Veß 
Im 12. Band der Z. f. Hess. Gesch. stehen interessante 
Auszüge aus dem Tagebuch eines Veteranen des sieben 
jährigen Krieges, des 1810 gestorbenen Oberförsters 
George Veß. Das ist der Urgroßvater unseres hessischen 
Landsmannes Professor Bernhard Veß, der am 19. Mai 
ds. Fs. seinen 75. Geburtstag feierte. Seine Wiege stand 
in Nentershausen, — damals ein unbedeutendes Dorf, 
jetzt Mittelpunkt einer großen Vergmannssiedlung — 
wo er als Sohn des Pfarrers Bernhard Veß und seiner 
Frau Mathilde von Vodenhausen geboren wurde. Der 
Vater war später Metropolitan in Zwehren, der hier als 
einer der ersten den Spuren der Grimmschen Märchen 
frau nachging. Ein Bruder von diesem, Wilhelm Beß, 
gehörte zu den Offizieren, die infolge der Wirren von 
1850 ihren Abschied forderten und erhielten. Er trat 
in Hamburger Dienste, kommandierte zeitweise das dor 
tige Militär und starb als Oberst a. D. zu Marburg. 
Bernhard Beß folgte den Spuren seines Vaters, indem 
er Theologie studierte. Er wurde Repetent am Semina- 
rium Philippinum in Marburg, promovierte 1890 mit 
der Dissertation „Johann Gerson und die kirchenpolitische 
Partei Frankreichs" zum Lic. theol. und habilitierte sich 
in demselben Jahr als Privatdozent für historische Theo 
logie H und erhielt als solcher 1891 den Titel „Pro- 
1) Etwa gleichzeitig mit ihm war ebenfalls Privat-Dozent an 
der Marburger Theologischen Fakultät, der kürzlich verstorbene 
Professor Johannes Werner zu Leipzig, der weniger als Theo 
loge als durch seine historisch-literarischen Bücher namentlich 
"Franziska von Altenhausen" bekannt geworden ist.
	        
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