Full text: Hessenland (49.1938)

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Müller, als er Eichendorffs „Freier" her 
zurichten hatte und in schneller, frischer Entfaltung den 
Reiz des romantischen Verwirrens und der schließlich 
glücklichen Lösung aus einem Nichts zu zaubern ver 
stand. Die romantische Wirrnis und der gute Glaube 
an das Glück war auf den Brettern eine überzeugende 
Ordnung geworden. Der klare, sachliche Einsatz der ein 
zelnen Kräfte bedingte den wechselvollen Verlauf dieses 
romantischen Lustspieles. Die ganze Aufführung be 
wies, daß auch heute noch bei einer befähigten Spiel 
leitung die Kunst eines Eichendorff Berechtigung hat. 
Auch die Personen, besonders Ursula Schnetzler, 
Iaspar von Oertzen, Franz Sauer und 
Christian G o l l o n g besaßen die nötige Einstellung 
zu diesem romantischen Geiste und vervollständigten den 
Erfolg. Als Neueinstudierung von E r n st W e n d t 
wurde Schillers „Fiese o" gegeben. So sehr auch 
W e n d t s Inszenierung bemüht war, die mannigfaltigen 
Charaktere und verschiedenen Bestrebungen dieses repu 
blikanischen Trauerspiels in plastischer Art voneinander 
abzuheben, so blieben doch die oft genannten Schwächen 
spürbar. Auch der große Einsatz der Schauspieler, be 
sonders die Leistung von Stefan Skodler, vermochten 
nicht über diese Mängel der frühen Leistung Schillers, 
völlig hinweg zu helfen. Man ist bei Schiller durch 
seine späteren großen Werke zu sehr verwöhnt, um 
den frühen Arbeiten ganz gerecht werden zu können. Mit 
einem Schauspiel von Rappard, „Heinrich der 
L ö w e", brachte Hans Carl Müller eine Uraufführung 
heraus. Man wird mit Einschränkung zustimmen kön 
nen. Ob es sich als wirkungsfähiges Bühnenstück er 
weist, sei dahin gestellt. Es bildet insgesamt zu sehr eine 
mögliche Rekonstruktion vergangener Geschichte und fce- 
schränkt sich stark auf eine Aktualisierung historischer 
Begebenheiten. Die Aufführung war mit großer Sorg 
falt vorbereitet worden, und die Kasseler Bühne hat 
alles getan, um einen Erfolg zu sichern. Ein fröhliches 
und heiteres Werk gab es in der Kommödie „Lauter 
Lügen" von Hans S ch w e i k a r t, die in der In 
szenierung von Karl R a n d t ihre Erstaufführung er 
lebte. Dieses fröhliche Stück brachte im Spielplan eine 
angenehme Abwechslung, und die unbelastete Art, mit 
der das Thema behandelt worden ist, verschaffte dem 
Stück seine gebührende Anerkennung. Im flotten Tempo 
spielten Iaspar v. Oertzen, Henni Schramm, 
Cara Gyl, Ursula Schnetzler und Karl 
R a n d t in den Hauptrollen das unterhaltsame und 
bühnenmäßig sehr geschickte Werk. Erfreulich ist es, hier 
einmal einer deutschen Kommödie moderner Art begeg 
net zu sein, die lebendig und ansprechend sich beweist. 
Als einmaliges Fe st spiel der Ostertage gab 
die Kasseler Bühne den gesamten „F a u st". Es bleibt 
ein großes Verdienst, daß man einmal im Jahre die 
Gelegenheit hat, das gesamte Werk zu erleben. Die 
Aufmachung und Ausstattung war die gleiche wie im 
vorigen Jahr geblieben. Walter Jung spielte den 
Faust und Karl Haube nreißer aus Berlin den 
Mephisto. 
Oer Opernspielplan erhielt in den letzten Wochen mit 
der Aufführung des „Eugen O n e g i n" von Tschai- 
kowski sein charakteristisches Gepräge. Diese lyrischen 
Szenen ergaben einen ausgezeichneten Abend, der es mit 
Recht verdiente, wieder veranstaltet zu werden. Es 
sprach die Kunst des weiten Ostens. Die tragische 
Schwermut des Ganzen wurde durch die E g g e r t s ch e 
Spielleitung gut betont. Freilich hätte man sich gern 
bei dem Bühnenbild von Walter Giskes ein glück 
licheres Maß gewünscht. Die Bühne war manchmal all 
zusehr nur vom malerischen Standpunkt gestaltet wor 
den. Eine Oper für kleine und große Leute stellte der 
„Schwarze Peter" von Norbert Schultze vor. 
Fritz Wiek konnte hier seine gute Begabung für die 
Spieloper zur Geltung bringen. Paul Berger und 
Walter Kocks waren vortreffliche Könige. Hermann 
Abelmann und Elsa Schumann seien ferner genannt. 
Was die Kräfte der Oper zu leisten vermögen, stellte die 
Heger' sehe Oper „Der Bettler Namenlos" 
unter Leitung des Komponisten dar. Mit großem Auf 
wand und vorbildlicher Liebe hatte man sich des Werkes 
angenommen. Alf Rauch und Alfred Vorchardt 
schufen ein vortreffliches Spiel. 
Das Gastspiel der Solotanzgruppe desBal- 
letts vom deutschen Opernhaus Berlin 
bedeutete in seinem lockeren und umfangreichen Pro 
gramm eine ausgezeichnete Vorführung der ersten deut 
schen Tanzgruppe. Künstlerische Kräfte wie Rolf 
A r c o , D a î s y S p i e s , die Geschwister Margot 
und Hedi Höpfner beherrschten mit ihren großen 
Leistungen. Für die Pflege des Tanzes in Kassel bil 
dete dieses Gastspiel einen wesentlichen Erfolg, der mit 
starkem und ehrlichem Beifall gewürdigt wurde. 
Die April-Aus st ellung des Kunstver- 
e î n s brachte Holzschnitte von Switbert Lobis- 
s e r, im rechten Augenblick eine freundliche Geste, als 
eben die Ostmark zum Reich gekommen war. Dies klare 
Bekenntnis zum deutschen Volkstum, das sich in den 
Blättern offenbart, bedeutet die große Grundlage einer 
humorvollen und reichen Schilderungsgabe. Mit Lo- 
bisser waren zwei heimische Künstler Hugo Nob 
le d e r und Johannes Neinhold vertreten. Nohleder 
zeigte zum ersten Male in einer Gesamtschau sein Werk, 
das mit vielen Bildern sein Können beweist. Seine Bild 
nisse sind starke Leistungen, die mit großer Achtung zu 
nennen bleiben. Johannes Neinhold stellte viele 
gut gearbeitete Bildwerke aus, die lebendig empfunden, 
anschaulichen Darstellungen ergaben. 
In einer F r ü h j a h r s - A u s st e l l u n g wurden 
Aquarelle, Graphik und Plastik vereinigt. Viele erfreu 
liche Arbeiten waren aus dieser Schau des heimischen 
Schaffens vertreten. Die Aquarelle von Beyer, Buch 
hart, Vogler, Drescher-Itter> Volker-Fabricius ergaben 
einen hohen Durchschnitt und besagten, welche verschie 
denen Anschauungen das Schaffen bestimmen. Von den 
Bildhauern sei Heinz Wiegel, Erwin Schilling, Cauer 
und andere erwähnt. 
H. K r a m m
	        
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