Full text: Hessenland (49.1938)

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und des Giesen-Aufseher-Hauses notwendig waren. Der 
Schleifgang blieb aber nicht lange in der bleuen Mühle. 
Durch die Anzapfung der Angersbach im Kirchditmol- 
der Bruchgelände i. I. 1734 zur Verstärkung der Drusel- 
wasserleitung war die Wasserkraft der Nothendit- 
m o l d e r Mühle geschwächt und den darob angestreng 
ten Prozeß des Mahlmüllers N ü h m a n n beendete die 
Negierung durch Ablösung von dessen Pacht, woraus der 
Schleisgang aus der neuen Mühle ausgebaut und durch 
den Mahlgang aus der Nothenditmolder Mühle ersetzt 
ward, während diese nun zur Schleismühle umgeändert 
wurde. 
Die Bewohner und die herrschaftlichen Bediensteten in 
der Karlsaue wurden durch die Verordnungen vom 17. 
Dezember 1746 und vom 6. Juni 1748 in die Neue 
Mühle gebannt. Später wurde dies gelockert, die Do 
mäne Meierei und die Menagerie (Gelände der späteren 
Hofbleiche) wurden wieder den Kasseler Mühlen Zugeteilt. 
Welche Schicksale die Neue Mühle während des Sie 
benjährigen Krieges erlebte, wissen wir nicht weiter- 
denn Einzelheiten sind uns nicht erhalten und die Über 
gänge von Truppen durch die dortige Furt, auf einer 
Schiffbrücke, oder die Schließung des Belagerungsgürtels 
durch Schanzen in der Nähe sind alles Dinge, die der 
Kriegsgeschichte angehören. 
Wahrscheinlich aber gehörte zu den Verbesserungen 
und Erneuerungen bei der Mühle jener 1766 angelegte 
Schneidegang, neben welchem auch ein Marmor-Schneide 
gang angelegt sein soll, die beide der Schleusenwärter 
der Schiffahrtsschleuse zur Bedienung überlassen erhielt. 
Der nächste Winter 1766/67 war sehr streng, ein großer 
Teil der kleineren Gewässer fror ein, während die Neue 
Mühle das Glück hatte, ihren Betrieb fortsetzen zu kön 
nen. Darum wurde allen durch den Wassermangel be 
troffenen Ortschaften gestattet, in der Neue Mühle ihr 
Getreide vermahlen zu lassen. 
Bis Zum Jahre 1826 hatte noch die Familie Krug die 
Neue Mühle inne. Dann ging sie durch Heirat der Erb 
tochter auf Wilhelm Hamenstädt aus Nieder 
zwehren über. Im Jahre 1840 kaufte dann ein Unter 
nehmer Hartwig ein Drittel der Wasserkraft und 
richtete in der Neue Mühle ein Eisenwerk ein. Zwei 
Glühöfen und ein Walzwerk dienten vornehmlich der Er 
zeugung von Eisenblech und von Nägeln. Doch ging das 
Werk nach 15jährigem Bestehen bankerott. Dann wurde 
der Betrieb wieder in eine Mahlmühle umgewandelt 
und ging bald in den Besitz eines Gliedes der Kasseler 
Bäckerfamilie Ostheim über. Als 1877 ein Schaden 
feuer beide Mühlenanlagcn heimgesucht hatte, kaufte Ost 
heim auch den Hamenstädt'schen Teil. Man darf hier 
vielleicht einschalten, daß durch die kurhessische Ablösungs 
gesetzgebung von 1848 die Erbpachtverhältnisse aufgelöst 
und die Objekte freies Eigentum der bisherigen Bestän- 
der geworden waren. 
Bei dem Wiederaufbau der Mühle durch Ostheim 
wurde auch die Kraftanlage einschneidend verändert: die 
unterschlägigen Holzräder wurden nicht wieder erneuert, 
sondern vier Turbinen zu je 50 PS. eingebaut, bis dann 
i. F. 1890 die Stadt Kassel den durch Ostheims Tod er 
ledigten Besitz erwarb und hier das erste Elektrizitäts 
werk der Stadt Kassel einrichtete. Im Fahre 1898 wurde 
eine Pumpanlage für die in den Gießenwiesen abgesenk 
ten Tiefbrunnen der Wasserversorgung der Stadt Kasset 
hinzugefügt und beide Werke arbeiten noch heute. Aller 
dings wuchs das Elektrizitätswerk längst über den be 
scheidenen Nahmen dieser Wasserkraftanlage hinaus, 
doch ist hier nicht der Platz, dieser Entwicklung zu fol 
gen. 
Unberücksichtigt blieb bei unserer Betrachtung die wei 
tere Entwicklung der oben flüchtig gestreiften Fulda 
schiffahrt zwischen Kassel und Hersfeld, für die wir zu 
verschiedenen Malen ein längeres Stilliegen der Neuen 
Mühle sehen, wenn Wehr und Schleuse erneuert werden 
müssen und dabei der Stau abgesenkt wird. — Aber erst 
durch die Auflösung der Erbpachtverhältnisse und den 
Übergang der Mühle in den Besitz der Stadt Kassel 
konnte es kommen, daß Streitfragen über die Kostenver 
teilung für Wehrreparaturen und Verwandtes entstanden. 
Zwischen den Jahren 1925 und 1933 wurden umfassende 
Erneuerungsarbeiten an dem Wehr bei der Neuen 
Mühle notwendig, die namentlich im Schlagen eiserner 
Spundwände und Sicherung des Mauerwerls durch 
Ausbetonieren bestanden. Die Kosten beliefen sich auf 
rd. 200 000 NM., ein langjähriger Prozeß zwischen der 
Stadt Kassel und dem Staate, um deren Verteilung 
ging der Arbeit zur Seite, doch konnte er im Herbst 1932 
durch einen Vergleich beendet werden. 
Ein rundes halbes Jahrtausend spiegeln sich nun die 
Gebäude der Neuen Mühle im Fuldastrome und schauen 
herüber zur Landeshauptstadt Kassel, mit der diese alte 
landesherrliche Mühle immer eng verbunden war. Aber 
im Spiegel des wirtschaftlichen Geschehens, das sich in 
dieser Mühle abspielte, erkennen wir eine Neihe wirt 
schaftlicher Elemente unseres heimatlichen Daseins, die 
doch zu wenig erforscht sind, und die uns den Weg wei 
sen können in die Aufgaben, die zu lösen auch die Müh 
lenforschung unserer Heimat bemüht sein will.
	        
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