Full text: Hessenland (49.1938)

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und dann sich wieder in seinem gleichmäßigen, fast Zähen 
Leben vernehmen läßt, das getreu landläufigen Bahnen 
sein gut erreichbar gestecktes Ziel gewinnt. Die hessische 
Geschichte kennt große Würfe, die gelangen und eine 
deutsche Lage zu bringen vermochten. 
Hessen hat stets eine große Kraft der schöpferischen 
Anregung und geistigen Vermittlung bewiesen. Große 
Probleme der hessischen Kunstgeschichte werden berührt, 
wenn die Frage einer inneren Verwandtschaft, die nicht 
blutsmäßig bedingt ist, gestellt wird. Aus allen Zeiten 
lassen sich die Namen nennen, die man entweder mit 
beiten entweder kurze Zeit im Fuldischen oder reifen, 
wie Gallasini, zu ihrem entgültigen Schaffen. Aber auch 
der kurze Aufenthalt steht in einer entscheidenden Ver 
bindung mit dem Hessischen. Wollte man diese Proble 
matik noch weiter aufzeigen, so müßten die wesentlichen 
Zusammenhänge geklärt werden, die einen Konrad von 
Soest oder Nahl mit der Wirkungsart unserer Land 
schaft verbinden. Wäre diese Zusammenstellung vollstän 
dig, so würde sich ein überaus reiches und fruchtbares 
Feld des geistigen Lebens ergeben, das in dem stetigen 
Nehmen und Empfangen, in dem Geben und Verschen- 
Ansicht von Marburg, Sommerlandschaft 
einer bloßen Zufälligkeit erklärt, daß dieser oder jener 
sein Werk in Hessen geschaffen hat, oder daß sie die geistige 
Macht fruchtbarer Anregung als ein Gesetz der hessischen 
Landschaft beweisen. 
Es treten in der hessischen Kunstgeschichte Künstler 
anderer Stammesherkunst auf, die völlig in der Eigen 
art des Hessischen ausgegangen sind, es kommen Per 
sönlichkeiten vor, die von ihrem ganzen Lebenswerk die 
wesentliche Tat in Hessen vollbrachten. Eine Familie 
wie die der du Nh ist als Hugenottenblut in der heimi 
schen Eigenart ausgegangen, ein Baumeister wie Guer- 
niero hat sein einziges großes Werk, die Herkulesanlage, 
in Hessen geschaffen, ein Bildhauer wie Monnot voll 
endete seine bedeutende Arbeit, das Marmorbad, eben 
falls in Hessen. Diese Tatsachen beweisen die Aufnahme 
fähigkeit der hessischen Landschaft und stellen unmittel 
bar das fruchtbare Verhältnis des geistigen Austausches 
dar. Denn was geschaffen wurde, ist letztlich nicht ein ita 
lienisches oder französisches Werk sondern es empfing auch 
von der Eigenart des Gastlandes. Auch die gesamte 
Baugeschichte des Fuldaer Barocks bringt die gleiche 
Lage. Männer wie Dientzenhofer, Stengel, Gallasini ar 
ten des schöpferischen Lebens die große Kultur dieser 
Landschaft ausmacht. 
Diese großen Probleme der Befruchtung und Erschlie 
ßung sind auch im 19. Jahrhundert in der hessischen 
Kunstgeschichte anzutreffen und bilden auch in dieser 
Zeit einen bedeutsamen Beitrag. In jenem Augenblick, 
als die künstlerische Entwicklung die Schönheiten und den 
besonderen Ausdruck der einzelnen Landschaft begehrte 
und zu ihrer Deutung verlangte, wurde Hessen um seiner 
landschaftlichen Reize willen viel aufgesucht. Unter der 
Zahl der Künstler, die nach der Mitte des Jahrhunderts 
von außerhalb nach Hessen kamen, und hier oft neben 
und mit den hessischen Malern selbst wirkten, sind 
manche bekannte und auch bedeutende Namen. So malte 
Eugen Bracht im Neinhardswalde, Eduard Weichberger 
und Albert Lang suchten die Röhn auf, Hans von Volks 
mann fand seine Motive in der Schwalm, Robert Sterl 
wandte sich dem Vogelsberg zu, Franz Eichhorst arbeitete 
in der Schwalm. Viele waren fernerhin im Niederhcssi- 
schen tätig,' besonders die Kräfte der Akademie suchten 
die nähere Umgebung von Kassel auf. 
Unter diesen Malern, die im 19. Jahrhundert von
	        
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