Full text: Hessenland (49.1938)

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geführten Verkoppelung (vgl. Karte 2) 7 ). Kaum eine 
Parzelle des für 1746 ermittelten Besitzstandes ist nach 
den 180 Jahren bei dem Hofe verblieben, alle sind sie 
allmählich entfremdet und durch neue Grundstücke ersetzt 
worden- der Mühlenhof selbst ist dem Wandel der Zei 
ten ausgesetzt, er hat sich vergrößert. Das Hauptver 
lustjahr war 1798, während die Neuerwerbungen sich 
gleichmäßiger über die Jahre verteilen. Oie Ursache für 
den Wechsel sind sowohl Erbschaft wie Kauf- und Ehe 
verträge. Eine Zielbewußte durchgehende Linie in der 
der Mühle als einem gewerblichen Betriebe- eine flüch 
tige Durchsicht des gesamten Katasters von Lohra zeigt, 
daß von den ursprünglichen Einträgen nur wenige nicht 
durchstrichen, d. h. nicht umgeschrieben sind, die gesamte 
Feldflur also einem ständigen Besitzerwechsel unterliegt. 
Dabei gehört Lohra zum Anerbengebiet, wenn auch die 
Größe der Betriebe dem im Erbhofgesetz festgesetzten 
Mindestumfang nur in den wenigsten Fallen entspricht- 
möglich, daß hier Einflüsse des südlich benachbarten 
Nealteilungsgebietes °) sich bereits geltend gemacht 
haben. Welche Gründe für die völlig verschiedene Ent 
wicklung maßgebend gewesen sind, wird die künftige For 
schung noch genauer aufklären müssen. Stammesrecht 
und landesherrliche Satzung werden hier weniger aus 
schlaggebend gewesen sein als in erster Linie die Sorge 
des Grundherrn um die Erhaltung eines leistungs 
fähigen Wirtschaftsbetriebes- daneben werden Bodenver 
hältnisse, Verkehrslage und Nähe städtischer Einfluß 
gebiete zu berücksichtigen sein. 
Bei unserem Beispiel aus Lohra gingen wir vom Hos 
aus und verfolgten anhand einiger Stichjahre die Ent 
wicklung des zugehörigen Grundbesitzes. Die Gegenfrage 
ist die nach der Herkunft, nach den Vorbesitzern der heute 
oder vor der Verkoppelung zu dem Hof gehörigen Grund 
stücke. Fm Stichjahr 1846, in dem die letzte Fortschrei 
bung bei der Götzenmühle im alten Kataster eingetragen 
Grundstückspolitik läßt sich nur in dem Streben nach 
Erwerbung der um die Mühle herum gelegenen Par 
zellen erkennen. Die allmählich, aber ständig wirksame 
Verschiebung durch die Rechtsgeschäfte des täglichen 
Lebens zeigt sich in ihren Auswirkungen ein 
schneidender als der einmalige Eingriff der modernen 
Verkoppelung. Das Beispiel ist ein krasser Fall, aber 
kein seltenerund nicht allein erklärbar aus dem Charakter 
7) Maßgebend für die Wahl des Beispiels waren äußere 
Umstände:' die aus dem Fahre 1803 stammende Flurkarte 
(81. A. Marburg, B. 271) war in brauchbarem Zustande, eine 
Kopie aus dem Jahre 1841 (B 266) erleichterte die Benutzung- 
Lohra ist ferner die einzige Gemarkung, deren Parzellennume 
rierung im preußischen Kataster im wesentlichen unverändert 
beibehalten wurde- schließlich konnte mir das Kuluramt 1 in 
Marburg eine Karte mit der Besitzverteilung vor und nach der 
Umlegung zur Verfügung stellen- für dieses Entgegenkommen 
habe ich besonders zu danken.
	        

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