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geführten Verkoppelung (vgl. Karte 2) 7 ). Kaum eine
Parzelle des für 1746 ermittelten Besitzstandes ist nach
den 180 Jahren bei dem Hofe verblieben, alle sind sie
allmählich entfremdet und durch neue Grundstücke ersetzt
worden- der Mühlenhof selbst ist dem Wandel der Zei
ten ausgesetzt, er hat sich vergrößert. Das Hauptver
lustjahr war 1798, während die Neuerwerbungen sich
gleichmäßiger über die Jahre verteilen. Oie Ursache für
den Wechsel sind sowohl Erbschaft wie Kauf- und Ehe
verträge. Eine Zielbewußte durchgehende Linie in der
der Mühle als einem gewerblichen Betriebe- eine flüch
tige Durchsicht des gesamten Katasters von Lohra zeigt,
daß von den ursprünglichen Einträgen nur wenige nicht
durchstrichen, d. h. nicht umgeschrieben sind, die gesamte
Feldflur also einem ständigen Besitzerwechsel unterliegt.
Dabei gehört Lohra zum Anerbengebiet, wenn auch die
Größe der Betriebe dem im Erbhofgesetz festgesetzten
Mindestumfang nur in den wenigsten Fallen entspricht-
möglich, daß hier Einflüsse des südlich benachbarten
Nealteilungsgebietes °) sich bereits geltend gemacht
haben. Welche Gründe für die völlig verschiedene Ent
wicklung maßgebend gewesen sind, wird die künftige For
schung noch genauer aufklären müssen. Stammesrecht
und landesherrliche Satzung werden hier weniger aus
schlaggebend gewesen sein als in erster Linie die Sorge
des Grundherrn um die Erhaltung eines leistungs
fähigen Wirtschaftsbetriebes- daneben werden Bodenver
hältnisse, Verkehrslage und Nähe städtischer Einfluß
gebiete zu berücksichtigen sein.
Bei unserem Beispiel aus Lohra gingen wir vom Hos
aus und verfolgten anhand einiger Stichjahre die Ent
wicklung des zugehörigen Grundbesitzes. Die Gegenfrage
ist die nach der Herkunft, nach den Vorbesitzern der heute
oder vor der Verkoppelung zu dem Hof gehörigen Grund
stücke. Fm Stichjahr 1846, in dem die letzte Fortschrei
bung bei der Götzenmühle im alten Kataster eingetragen
Grundstückspolitik läßt sich nur in dem Streben nach
Erwerbung der um die Mühle herum gelegenen Par
zellen erkennen. Die allmählich, aber ständig wirksame
Verschiebung durch die Rechtsgeschäfte des täglichen
Lebens zeigt sich in ihren Auswirkungen ein
schneidender als der einmalige Eingriff der modernen
Verkoppelung. Das Beispiel ist ein krasser Fall, aber
kein seltenerund nicht allein erklärbar aus dem Charakter
7) Maßgebend für die Wahl des Beispiels waren äußere
Umstände:' die aus dem Fahre 1803 stammende Flurkarte
(81. A. Marburg, B. 271) war in brauchbarem Zustande, eine
Kopie aus dem Jahre 1841 (B 266) erleichterte die Benutzung-
Lohra ist ferner die einzige Gemarkung, deren Parzellennume
rierung im preußischen Kataster im wesentlichen unverändert
beibehalten wurde- schließlich konnte mir das Kuluramt 1 in
Marburg eine Karte mit der Besitzverteilung vor und nach der
Umlegung zur Verfügung stellen- für dieses Entgegenkommen
habe ich besonders zu danken.