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schweren und imposanten dreiteiligen Aktenschrank mit Butzenscheibenfenstern in den
oberen Türfüllungen beherrscht wird, sind das allgemeingeschichtliche, das stadtgeschichtliche
Museumsgut, die Militaria und das altere Kunstgewerbe mehr bürgerlicher Prägung
untergebracht. Aus einer verdienstvollen alten, in höchster Unordnung übernommenen
Sammlung von frühmittelalterlichen bis spätneuzeitlichen Siegelabdrücken in Gips und
Bronze wurden nach ihrer Bestimmung die wichtigsten ausgewählt, so daß ein geraffter
Ueberblick über die deutschen Kaisersiegel von Karl dem Großen an, über die deutschen landes
herrlichen, kirchlichen und städtischen Siegel gegeben ist. In flachen Kastenvitrinen werden
zunächst vorgeschichtliche Scherben, vornehmlich der Hallstattzeit, ein Steinbeil usw. gezeigt
ein hervorragendes Stück, eine Schale, mit guter Ornamentik konnte aus unzähligen Scher
ben wieder Zusammengesetzt werden- leider verlieren diese Funde bedeutend an Wert da
durch, daß nichts Genaues über die Herkunft der Funde bekannt ist- durch Hervorhebung
der zusammengesetzten Urne soll die Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit vorgeschichtlicher
Dinge gewiesen werden. Landesfürstliche Urkunden an die Stadt Mendorf, darunter eine des
Landgrafen Hermann von Thüringen mit prächtigem Siegel, Urkunden der Stadt Men
dorf und eine übersichtliche Sammlung hessischer, preußisch-deutscher, hannoversch-braun
schweigischer und von interessanten Einzelmünzen (z. B. Maria-Theresien-Thaler) eignen
sich als Folie für die Veranschaulichung des Geschichtlichen. Schon die äußerliche Gediegen
heit alter Behörden- und Nechnungsbücher vermittelt altväterliche Gesinnung. Alte An
sichten der Heimatstadt von Merian, Dilich bis zu einer vorzüglichen Zeichnung von Becker
(1880), dazu ältere Photographien vergegenwärtigen den Wandel oder die Beharrlichkeit
des Stadtbildes. Besonders wertvoll ist eine größere Sammlung von Seiten aus mittel
alterlichen Pergamenthandschristen (lateinische Bibelabschriften, ein hebräischer Text,
Missale mit Noten), die als Umschläge von Geschoßbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts
verwandt waren und von diesen als von vorgängiger Bedeutung abgelöst wurden- einen
eigenen Wert besitzt eine Seite eines frühesten Drucks aus einem lateinischen Werk, offen
bar juristischen Inhalts. Aus einem kurz nach 1800 bei Wiederhold in Göttingen
erschienenen Freundschaftsalbum mit kleineren Städte- und Landschaftsansichten sind
die Kasseler und Wilhelmshöher, die Göttinger und die aus der Umgebung Allen-
dorfs je in einem Nahmen vereinigt worden. Diese entzückenden, überdies nicht
häufigen Ansichten bereiten die biedermeierliche Stimmung des übrigen Raumes
vor. Ein gut geformtes Sofa mit Füllhornseitenlehnen, eine reizvolle Kastenuhr und
mannigfaltiges Zinngeschirr gewähren den Anblick bürgerlicher Behaglichkeit, auf die
man bei der musealen Gestaltung der Geschichte einer kleineren Stadt bedacht sein muß,
weil sich in ihr ein Hauptwesenszug offenbart. Von vorzüglicher künstlerischer Bedeutung
sind zwei kleinere, aus dünnem Eisen zu zartem Relief getriebene Rundplaketten, die in
Abwandlung einen reitenden Fürsten zeigen, der auf dem Lande Erntearbeiten besichtigt-
diese köstlichen Darstellungen, die wohl von einem vlämischen Meister oder nach vlä-
mischer Vorlage um 1600 geschaffen sind, mögen sich auf einen Besuch des Landgrafen
Moritz auf dem Lande beziehen. Von den Gegenständen in der Schrankvitrine verdient
eine kostbare Neuerwerbung vorerst genannt zu werden: einer der berühmten Groß
almeroder Glashumpen, der 1649 datiert ist und in Emaillefarben ein Ornament aus
vier zum Kreuz gestellten Glockenblumen und in einer wappenartigen Kartusche einen
Mann zeigt, der die beiden Instrumente des Soodener Wappens, den Berleff und den
Pfannhaken, in Händen hält- darunter befinden sich noch einmal dieselben Werkzeuge
überkreuzt. Eine nette Kollektion von hübsch bemalten Biedermeiertassen enthält ein
Stück mit der bunten Ansicht der Saline Sooden. Ein silberner Lössel mit der gra
vierten Inschrift ..Treu und Fleiß bringt übrig Saltz und Königliche Vergeltung" ist ein
Gratifikationspräsent, das besonders tüchtigen Södermeistern und Salzknechten und
zum Ansporn der Salz-Produktion vergeben wurde- belegt ist das für silberne Becher