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nach der MAnnng seiner Zeitgenossen „wirklich
gelehrter IVann", der „Talente und Wissenschaf
ten hatte, oie manchem bewunderten Schriftsteller
fehlten", der aber aus Bescheidenheit nur wenige
seiner Arbeiten im Druck erscheinen ließ. —
Karl W ilhelm Insti, Philipp Konrads
Sohn, ist am 14. Januar 1767 in Marburg ge
boren. Daß er eine so angesehene Stellung in
der literarischen Welt des 18. zum 19. Jahrhun
dert erreichen sollte, hat er wohl zum großen Teil
dem Erbe zu verdanken, das ihm durch eine Reihe
von Verschwägerungen der Insti mit Theologen-
nnd Akademikerfamilien zugeflossen war. Das
nach der literarisch-wissenschaftlichen Seite hin
also beeinflußte Blut wurde nun noch durch eine
starke künstlerische Ader vermehrt, die von der Fa
milie Engelschall her den Insti zuströmte. Wenn
man die nach Karl Wilhelm Insti folgenden
Generationen und ihre Heiraten noch dazunimmt,
so wird man sehen, daß neben der Abstammung
von bedeutenden Gelehrten wie z. B. den beiden
Herdenius am 16. und 17. Jahrhundert dieser
Zufluß künstlerischen Blutes später noch ganz er
heblich gesteigert wird, so daß man sich nicht über
die in hohem Maße vorhandene plastische Gestal
tungskraft, die Phantasie und große Begabung
auch zeichnerischer und überhaupt künstlerischer
Art zu verwundern braucht, wie sie bei fast allen
Iustis der letzten zwei oder drei Generationen zu
erkennen ist. Von Lucas Cranach dem Älteren
fließt ein Tröpflein Bluts in den Adern der Fa
milie, ebenso wie ein Bruder des allen Mar-
burgern bekannten ausgezeichneten Bildhauers der
Vorreformationszeit Ludwig Iuppe und der her
vorragende, im 16. Jahrhundert aus Augsburg
nach Marburg gekommene Goldschmied und spä
tere Kammeruhrmacher Kaiser Rudolfs II., der
Verfertiger astronomischer Kunstwerke ersten Ran
ges, Johann Bücher, ferner die bedeutende, ur
sprünglich aus Marburg stammende nafsauische
^Medailleur- und Mmnzgraveurfamilie Schepp
neben der künstlerisch hochstehenden Familie Engel
schall auf der Insti sehen Ahnentafel erscheinen. —
Karl Wilhelm Insti wurde natürlich Theologe,
wie es die Familientradition mit sich brachte, aber
neben der Theologie betrieb er in ^Marburg und
später nach rem theologischen Examen noch in
Jena orientalische, historische, philosophische, philo
logische unv naturgeschichtliche Studien. Mehr
noch alö dem mündlichen Vortrage seiner akademi
schen Lehrer verdankte er für sein späteres Leben
der liebevollen väterlichen Hilfe seines verehrten
Oheims, des Professors der schönen Künste Engel
schall, dann dem umfassenden Studium wissen
schaftlicher TLerke aus allen Gebieten. Herder
und Winkelmann, Moses Mendelssohn und
Iacobi und viele andere wurden seine geistigen
Führer; mit Wieland und Hölty, mit Bürger
und Gleim trat er in Verbindung. Er verstand
es wie kein anderer, auf kleinen oder größeren Rei
sen, die ihn im Laufe der Jahre in viele Teile
Deutschlands führten, überall persönliche Be
ziehungen zn mehr oder weniger bedeutenden und
hervorragenden Männern anzuknüpfen, Fäden,
die er bis zu seinem Tode nicht abreißen ließ. Eine
ungemeine Arbeitskraft und ein äußerst lebhaftes
Temperament, große Freundlichkeit und liebens
würdiges Wesen, die Freude an Musik und
Poesie, die er gern ausübte, halfen ihm auf seinem
Lebenswege. 1790 wurde er Subdiakonns, das
heißt der Inhaber der vierten Predigerstelle an
der Pfarrkirche, die ihm als Wirkungsstätte sei
nes Vaters von Kirtdheit an vertraut war. Das
Jahr darauf begann er an der Universität mit
Vorlesungen über theologische und historische
Themen, 1793 erhielt er eine außerordentliche und
wenige Wochen später eine ordentliche Professur
fiir Philosophie. 1794 wurde er Dr. phil. und
später (1806) auch Dr. theol. Auf der kirch
lichen Stufenleiter stieg er schnell empor, i8or
wurde er Archidiakonus, 1802 Ecclefiast und dann
Superintendent. In dieser Eigenschaft leitete er
44 Jahre bis zu seinem Tode am 7. August 1846
mit Treue und großem Erfolg die kirchlichen An
gelegenheiten der lutherischen Gemeinden Ober-
Hessens. 1814 erhielt er die Oberpfarrerstelle,
1822 den Rang eines Oberkonststorialratö, die
Stelle eines Schulreferenten bei der Regierung
von Oberhefsen und eine ordentliche Professur der
Theologie neben der schon lange von ihm innege
habten in der philosophischen Fakultät. In einer
ungemein ausgebreiteten schriftstellerischen Wirk
samkeit, die sich besonders mit hebräischer Poesie,
der Erforschung des alten Testaments und mit Ge
schichte, namentlich der Geschichte seiner hessischen
Heimat, beschäftigte, fand er nicht nur seine völ
lige innere Befriedigung, sondern erntete auch
viele Ehren äußerer Art; so wurde er von nicht
weniger als 16 gelehrten Gesellschaften des In-
nnd Auslandes zum Mitglied ernannt. Bei Hoch
und Niedrig stand er in außerordentlichem An
sehen, in ganz Deutschland war er bekannt und
verehrt. Für uns Hessen ist seine historische
Tätigkeit bahnbrechend; viele längst verstorbene
hessische Fürsten und Fürstinnen ließ er lebendig
wieder vor seinem Volke erstehen, die heilige Eli
sabeth erwuchs durch ihn wieder als historische
Persönlichkeit, während bis dahin ihr Leben nur
noch alö das einer fast sagenhaften Heiligen er
zählt wurde. Viele seiner Schriften erschienen in