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Bach ist, wie er schreibt, der erste, der von dem
bald 200jährigen Beruf seiner Vorfahren abge
wichen ist. Der Zusammenhang zwischen dem
Spritzenmacherhandwerk mit dem Guß der Stie
fel usw. aus Messing und dem Glockenguß liegt
ja auf der Hand; die Annahme, daß die Wind-
eckener Bach's neben dem Glockenguß auch noch
Spritzen hergestellt haben, bleibt aber mindestens
ungewiß, da auf allen dem Verfasser bekannt ge
wordenen Spritzen ausdrücklich Hungen genannt
wird, und da von Spritzen aus Windecken bisher
nichts zu erfahren war. Der Ahnherr Matthias
ist offenbar der erste Spritzenmacher der Familie
gewesen; er wird ja in den Urkunden ausdrücklich
Hufschmied genannt. Von dem verwandten
Schmiedehandwerk aus haben also die Spritzen
macher und Glockengießer Bach über viele Gene
rationen hin einen stolzen Aufstieg genommen. (Es
ist wohl anzunehmen, daß Bach, der Verfasser des
Werkes „Die Eonstruktion der Feuerspritzen",
Stuttgart 1883 auch unserer Familie Bach an
gehört.)
Wir dürfen auch vermuten, daß die durch die
Inschriften auf den Spritzen bezeugte Urheber
schaft sich doch nicht nur auf das Pumpwerk als
das Wesentliche bezieht, sondern auch auf den
Bau und die kunstreiche Gestaltung der ganzen
Vdagen. Die große Übereinstimmung in der Aus
stattung der Vdagen über die verschiedenen Ge
schlechterfolgen hinweg (wenigstens von Johann
Georg an) läßt stch ja nur so erklären. Wenn
wirklich auch die Anfertigung der Einzelstücke ein
schlägigen Handwerkern übertragen sein sollte, so
ist dies jedenfalls aber nur auf Grund von ge
nauen Angaben Bachs geschehen. In den Ver
trägen heißt es immer wieder, daß die Spritzen
„mit Eisen wohl beschlagen sein sollten". Damit
ist offenbar auch die kunsthandwerkliche Ausstat
tung gemeint, die ja bei den Bach'schen Spritzen
vor allem auf den kunstreichen schmiedeeisernen Be
schlägen beruht. Wie ganz anders Feuerspritzen
des 18. Jahrhunderts an anderen Orten gestaltet
wurden, zeigen z. B. die beiden Wagenspritzen im
Stadtgeschichtlichen Museum zu Frankfurt a. M.,
von denen die eine aus Frankfurt selbst, die andere
ans Kelsterbach stammt.
Um die MAte des 16. Jahrhunderts wurden
überall größere Feuerspritzen angeschafft, vielfach
unter Begünstigung oder gar Verordnung der
einzelnen Regierungen. Dönges macht dazu in
der schon erwähnten Dillenburger Festschrift für
die Verhältnisse in Nassau wertvolle Angaben.
So erfahren wir z. B., daß für das Amt Her
born 1752 eine Spritze bei Kall in Butzbach (in
ser Nähe von Hungen) bestellt wurde. 1776 er
hielt der Dillenburger Kupferschmied Johann
Jost Schramm sie Konzession zum Bauen von
Spritzen.
Ein wahrhaft lebendiges Bild von dem ganzen
Wesen der Feuerspritzen im 18. Jahrhundert ver
mitteln uns einige Briefe des Mainzer Kunst-
llnd Wafserwerkers Johann Valentin Pfann-
stiel von 1753 an den Siegener Bürgermeister
Hanekroth, die Hans Kruse in seinem Festbuch
zur 60-Iahr-Feier der freiwilligen Feuerwehr
Siegen (Siegen 1923) abgedruckt und herausge
stellt hat. Pfannstiel höhnt über Feuerspritzen,
die er auf einer Reise in Orten des Westerwal-
des und an der Lahn gesehen hat: „Als ich nun
von da (Burbach) auf Immerichehän kommen,
so habe ich im Wirtshaus erfaren, daß sie alta
eine Machen Lassen, aber ihre angewandte 320 fl.
in einen Löcherichten Büdell gestäcket, die weilen
solche zu nichts danchlich dastehet, als daß der
Waagen mit einem großem Bockgeställ, welches
gemahlet ist, zu und um Barahden machen da
stehet und wie die Bauren selbst sagen, daß sie
über kein Bauernhaus mit treiben köndten." In
Dietz ließ er sich die dort stehende große Spritze
zeigen, welche die beste im ganzen Land sein sollte
und urteilt: „.. . So haben Ebenfalls drahn einen
nhn geheurigen großen Bockgeställigen wagen da
rahn gefundten, welche wegen der alzu großen
last des waagens in der Zeidt mit 2 Pfärth mns
Forttgebracht werden" usw. Später heißt es
dann: „So Viehl wolte nur dem HochgeEhrten
Herrn Bürgermeister untertähnigst berichten, wie
ich sehe daß sie hier zu Lande überahl schlecht mit
spritzen versehen seien, Kein wundter ist es weilen
solche keine Kunstwasserwerker seindt und nur in
solche arbeidt Stumbler und nagaffer zu halten."
Er will den Deputierten von Siegen in seinem
Hans zu Mainz auch die „Modeller" zeigen und
erwähnt, daß einem Kunstwerker seine Wissen
schaft muß bezahlt werden gleich einem Bau-
lneister, welcher auch keine Hand anlegt.
Dem Paradieren mit den Feuerspritzen, das
Pfannstiel, vielleicht weil er mehr mit der tech
nischen Kunst als der Handwerkskunst verbunden
war, verspottet, verdanken wir schöne Stücke künst
lerischer Phantasie. Eine höchste Steigerung auf die
sem Gebiete stellt oie Feuerspritze, die sog. „Was
serkunst" dar, die der Bischof von Eichstätt im
Jahre 1759 der Pfarrgemeinde Herrieden (30 Kilo
meter südwestlich Nürnberg) schenkte. An dem
hohen Aufbau ist der Vorderwagen außer mit der
Nkaöke Neptuns mit vollplastischen Delphinen
geschmückt, die die Wasserflut versinnbildlichen.