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Haus) und am Weidenhäuser Tor (1496).
Bücking erwähnt das in den 60er Jahren aus
gegrabene Manerwerk eines Brunnens bei der
Kasernenstraße. Kleine Gartenbrunnen konnten
überall in dem Tal erbohrt werden
2. D i e W asserleitun g.
(Mit der Stadtgründung im Anfang des 13.
Jahrhunderts wurde die Schaffung einer Wasser
leitung erforderlich. Die vom Landgrafen der
Stadt geschenkte Tunelle entspringt in der (Mar
bach, an der Kreuzungsstelle der Dammelsberg-
störnng mit dem Wiesental hinter dem Dorf
(s. Abb. 1). .Hier wurde das Brunnenhaus er
richtet, dessen häufige Reparaturen jedesmal um
gehend bewerkstelligt werden mußten. Im Jahre
1321 fochten die (Marbächer der Stadt das
Eigentum an der Quelle an; dieser Prozeß erlebte
eine zweite Auflage 370 Jahre später vor dem
Oberlandeögericht in Kassel. 1645 wurde eine
zweite Duelle angeschlossen. 1840 begutachtete
der Professor der (Mineralogie Hessel die Duelle;
sie lieferte 180 Raummeter tadelloses Vvafser in
24 Stunden. Neben dem 1842 erbauten Brun
nenhaus steht noch das alte kleine Bauwerk.
1903 legte man wegen Unreinheit der Duelle
talanf 3 Bohrlöcher an und schloß sie der Lei
tung an.
Neuerdings verrief man die Duelle endgiltig;
ihre Förderung von 130 bis 300 Raummetern
spielte überdies keine Rolle mehr.
Bon dem Brunnenhaus führte mit einem Ge
fälle von 9 Nietern die 2 Kilometer lange Erlen-
holzleitung über den Köhlersgrund, dessen
Schlucht überwölbt war (1359), und, die land
gräfliche Leitung kreuzend, durch den Götzenhain
in ein 224 ü. N. N. gelegenes Bassin am Rent-
hof. Von diesem Hochbehälter aus, den übrigens
der Landgraf bei Wassermangel auf der Burg in
Anspruch nahm, wurde die Stadt nach dem
System der kurzstreckig angeordneten Kümpfe
versorgt. Das Wasser, das nicht aus den Häh
nen der Brunnensäulen oder aus den mit
Wachs, Blei oder Harz abgedichteten Becken
entnommen, oder wie in der Wettergasse mit
Rav und Kette geschöpft wurde, floß als Uber
wasser in den nächsten, tiefer gelegenen Kumpf.
Die freistehenden Behälter trugen ein Dach,
nicht allein um das dem Algenwachstum förder
liche Tageslicht abzuhalten, sondern auch der bö
sen Buben halber, denen es ein Vergnügen war,
ihre Zielsicherheit im Steinewerfen an diesen un
geeigneten Objekten zu üben. i44? sagt eine Po
lizeiverordnung: „so ensail nymand in die Kompfe
waschen". Die Behälter waren besonders wichtig
bei den häufigen Bränden der strohgedeckten
Häuser; in fliegender Hast holten die Biirgcr,
unterstützt von den dafür besonders entlohnten
Bierträgern, in ihren Ledereimern das Löschwas
ser: 1350 wurde bei einer nächtlichen Feuerö-
brunst in der Eile das Schloß am Marktknmpf
zerschlagen, wofür die Stadtkasse aufzukommen
hatte. Vor drohenden Beschießungen mußten vor
jedem Haus große Zuber mit Wasser bereit ge
stellt werden. Mit dem Hinweis auf das Feuer
löschwesen bat 1399 Landgraf Hermann den
Komtur zu (Marburg, das Gteinebrechen ober
halb des Nürnberger Hofs (hinter dem jetzigen
zoologischen Institut, bei dem Viereck auf Abb. 1)
zur Herstellung etlicher Kümpfe zu gestatten.
Die Kümpfe standen in der Durchgangsstraße:
auf der Neustadt — wegen der engen Passage
in einer Felskammer an der Bergseite —, in der
Wettergafse (14,52 von Meister Werner er
neuert) bei dem großen städtischen Bräuhaus,
auf dem Marktplatz, am Kornmarkt (Heu
markt, neben dem Haus zum Bären, Bären
brunnen, 1458 neu gesetzt), auf der Hofstadt, in
der Barfüßergafse (neu gesetzt 1432/36), in der
Augnstinergafse und vor dem Bräuhaus in der
Untergafse am Sockel der Hofstadt. Neue
Kümpfe entstanden in der Iudengafse 1433, und
am Hirschberg 1496. Als gegen Ende des 13.
Jahrhunderts der Bauraum gen Norden zur
„neuen Stadt" erweitert werden mußte, wurde
am Kesseltor und später am unteren Ende des
Steinwegs mit seinen Partiziersitzen ein Kumpf
(Mönchsbrunnen) gesetzt (Abb. 4).
1519 beschloß die Stadt nach Rat des (Mei-
sters Hans von Arnsberg und des Stadtmaurers
Kraft, sämtliche Brunnen zu .erneuern und die
Becken z. T. erheblich zu erweitern. 1523 hat
Karnhen auf die Neustadt 30 Karren Steine
vom Hain sowie Kalk angefahren. 1534 wurde
der Renthofbehälter mit Brunnenhaus neu er
baut. Der Kumpf auf dem repräsentativen
(Marktplatz, der städtischen Ding- und Richtstätte
und dem Mittelpunkt des Handelsverkehrs erhielt
die reichste technische und künstlerische Gestal
tung ^). An der Ausschmückung beteiligten sich
der Bildhauer Ludwig Iuppe und der (Maler
Gerhart von der Legte. Der Bärenbrunnen
2) Don den Stufen des Brunnens herab hatte im (^ahre
1248 die aus Brabant heimgekehrte Herzogin Sophie ihr
verwaistes Z jähriges Söhnlein Heinrich den jubelnden Mar-
burgern als zukünftigen Landesherrn vorgestellt; hier nahm
1Z72 Landgraf Hermann beim Ausbruch des SternerkriegS
den Treueid feiner Untertanen entgegen.