44
Kbb. t
sechzig deutsche Ortschaften haben ihren Namen
von der Eibe, ungerechnet die zahlreichen, die ihn
vom wendischen und polnischen eis oder vom tsche
chischen tis — Eibe ableiten. Der Ziesbusch in
Westpreußen, früher unser größter Eibenbestand
in Deutschland, ist jetzt polnisch. Ihre Wert
schätzung und Bedeutung im Volks- und Gemüts
leben verdankt die Eibe nicht nur ihrer äußeren
Erscheinung und ihrer Giftigkeit ■— fie ist das
einzige giftige Nadelholz —, sondern vor allem
auch ihrem wertvollen Holze. Die Eibe ist von
allen einheimischen Holzgewächsen das langfamst-
wüchfige und erreicht ein sehr hohes Alter: angeb
lich bis 2000 Jahre. Damit hängt es zusammen,
daß ihr Holz ungemein dicht, fest, zäh und haltbar
ist und seit vorgeschichtlicher Zeit, wie aus Fun
den in Gräbern und Pfahlbauten hervorgeht, in
Deutschland ein geschätztes Material für allerlei
Geräte, besonders TLaffen (Bögen und Arm
brüste) war. Eine bestimmte große Art von
Armbrust hieß geradezu die Eibe, und Ln einer
Verordnung der Stadt Ulm vom Jahre 1,531
heißt es: „Den jungen Knaben, die mit den Eiben
schießen, soll den Sommer alle Sonntag ein Batz
zum Vorteil gegeben werden." Kein Wunder
also, daß im Mittelalter mit Eibenholz ein
schwunghafter Handel getrieben wurde. Aus
Nieder- und Oberösterreich und Steiermark wur
den jährlich taufende von Stämmen nach Nord
deutschland und von da nach England und Holland
ausgeführt, und in einer alten englischen Verord
nung werden die Rügen und Pommern anlaufen
den Schiffe angehalten, tüchtig Eibenholz mitzu
bringen, damit die Eibenschützen nicht in Ver
legenheit kämen. Wie aus Akten im Germani
schen Nationalmuseum in Nürnberg hervorgeht,
war der Handel mit Eibenholz zeitweilig ein Pri
vileg, das von deutschen Kaisern verliehen wurde
und das fich anscheinend vortrefflich rentierte. So
wurde in einem kaiserlichen Erlaß vom Jahre
1532 der Firma Fürer und Stockhamer in
Nürnberg auf sechs Jahre das ausschließliche
Recht verliehen, in Niederösterreich Eibenholz zu
schlagen und zu verarbeiten, damit zu handeln
und dasselbe auszuführen. Auch zum Haus-,
Brücken- und Hafenbau war Eibenholz wegen
seiner Festigkeit und Haltbarkeit hoch geschätzt,
ebenso wegen seiner schönen roten Farbe und hohen
Politurfähigkeit für Möbel und Schnitzereien.
In Thüringen findet man als große Kostbarkeit
noch gelegentlich Zimmereinrichtungen aus Eiben
holz, und in dem Städtchen Dermbach in der
Vorderrhön, in defsen Nähe fich heute noch einer
der wenigen größeren Eibenbestände Deutschlands
befindet, gab es noch vor einem Menschenalter
eine Zunft der Eibenschnitzer, und eines ihrer letz
ten Erzeugniste war ein kostbarer Becher, geschnitzt
aus einem Aste einer der Berliner Herrenhaus
eiben, den Fürst Bismarck an seinem letzten
Weihnachtöfest 1897 als Geschenk erhielt.
Wenn wir heute von der Eibe als einem aus-
sterbenden Baume sprechen müssen, so hat das