Full text: Hessenland (45.1934)

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besonders starke und daher seltene Exemplare ihrer 
Art. Die Eibe, auch Beereneibe, Ibe oder Kan 
telbaum genannt, Taxu8 baccata L., ist der ein 
zige Vertreter ihrer Familie (Taxaceen) in Eu 
ropa. Sie ist ein immergrüner Nadelbaum mit 
dichtem, meist strauchartigem Wuchs, mit röt 
licher, sich später in Rollen ablösender Rinde und 
2—3 cm langen, dunkelgrünen, unterseits helle 
ren, zweizeilig gescheitelten Nadeln. Ihre maxi 
male Höhe beträgt 17 Mieter, ihr maximaler 
Durchmesser wenig über 1 Nieter. Der Baum 
ist zweihäusig: männliche Staubblüten und weib 
liche Stempelblüten sind auf verschiedene Bäume 
verteilt. Als seltene Ausnahme können sie auch 
auf einem Baume vorkommen (einhäusige Exem 
plare). Die anfangs grünen, später braunen, lin 
sengroßen harten Samen find von einer becher 
artigen, bei der Reife fleischigen, korallenroten Hülle 
umgeben und bilden von Mitte August bis Ende 
November einen herrlichen Schmuck der weib 
lichen Bäume. Das leuchtende Rot dieser 
„Beeren" auf dem dunklen Laubhintergrund eines 
Nadelbaums, an dem man verholzte Zapfen zu 
finden vermutet, hat schon früh die Phantasie an 
geregt und fie mit Blutstropfen vergleichen lasten, 
die der Baum über den Kreuzestod Christi ge 
weint hat. Solche Vorstellungen zusammen mit 
dem düsteren Gesamtbild des Baumes haben ihn 
zu einem beliebten Schmuck unserer Grabstätten 
und Friedhöfe werden lasten. Da er ein Ver 
schneiden vorzüglich verträgt und unermüdlich wie 
der ausschlägt, läßt er fich zu den bizarrsten For 
men verschneiden und war ein beliebtes Objekt des 
franzöfischen Gartenstiles, wird aber auch heute 
noch in zahllosen Abarten in Gärten und Parks 
gezogen (z. B. Taxu« canadensis, f. adpressa, 
f. aureo-baccata mit gelbem Samenmantel, f. 
imperalis, f. fastigiata mit Säulenwuchs, f. 
parvUolia, f. elegantissirna, f. aureo-varie- 
gata, f. pendula mit hängenden Zweigen u. a.). 
Im Gegensatz zu allen anderen Nadelhölzern 
führt die Eibe kein Harz, dafür aber, namentlich 
in den jungen Trieben, Nadeln und Samen einen 
sehr wirksamen Giftstoff, das Taxin, das bei 
Manschen und Säugetieren den Tod herbei 
führen und auch oft zu Mord- und Selbstmord 
zwecken benutzt sein soll. Bei manchen Tieren soll 
jedoch schnell Gewöhnung an das Gift eintreten. 
Der rote, fleischige, süßschmeckende Samenmantel 
(Arillus) ist ungiftig, dient der Verbreitung der 
Samen durch Vögel und wird von diesen gern 
verzehrt. 
Die Eibe ist nahezu über ganz Europa ver 
breitet und fehlt nur dem nördlichen Schottland, 
dem nördlichen Skandinavien und dem östlichen 
rusfischen Flachland, greift aber dafür aufVorder- 
afien und Nordafrika über. In Deutschland war 
fie früher weit verbreitet und schon den alten Ger 
manen wohl bekannt, wie von verschiedenen römi 
schen Schriftstellern bezeugt wird (z. B. Caesar, 
Bellum gallicum VI, 31: Catuvolcus . . taxo 
cujus magna in Gallia Germaniaque copia 
est 86 exanimavit). Allerdings bildete fie nie 
zusammenhängende Wälder wie andere einhei 
mische Nadelhölzer, kam vielmehr immer nur zer 
streut oder in Horsten und fast immer als Unter 
holz in Laubwaldungen vor. Das hängt mit 
ihren Lebensbedingungen zusammen. Sie braucht 
viel Feuchtigkeit ähnlich der Fichte und Schutz 
vor zu starker Sonnenbestrahlung. Sommer wie 
Winter ist fie an kühle bezw. kalte Temperatur 
gewöhnt. Intenfive sommerliche Bestrahlung und 
Erwärmung gereicht ihr zum Nachteil. In Bezug 
auf die mineralogische Bodenbeschaffenheit wurde 
die Eibe lange als an Kalkboden gebunden, als 
kalkhold oder geradezu kalkstet bezeichnet, und in 
der Tat finden fich die meisten der heutigen Eiben 
standorte in Deutschland auf Kalkboden. So z. B. 
auf dem Muschelkalk bei Göttingen, auf dem 
oberen Wellenkalk des Veronikaberges bei Mar 
tinroda in Thüringen und auf dem Jurakalk bei 
Kelheim. lind auch die Mehrzahl unserer hessi 
schen Eibenvorkommen im Werragebiet liegt auf 
Kalkboden. Jedoch ist die Eibe keineswegs an 
Kalk gebunden: im Schwarzwald finden fich viel 
fach Eiben im Freistand auf Urgestein, und in 
Sachsen kommen Bestände auf Eruptivgestein 
(Granit, Basalt) und auf Sandstein vor, und 
auch angepflanzte Eiben stehen häufig nicht auf 
Kalkboden und gedeihen vortrefflich. Die Eiben 
im Bayerischen Wald (im Revier der Ober 
försterei Zwiesel-Ost) stehen auf Gneis, also 
ebenfalls einem sehr kalkarmen, wenn nicht kalk 
freien Urgestein, die des Harzes auf Granit. 
Daß die Eibe früher in Deutschland weit häu 
figer gewesen ist, als heute und unseren Vorfahren 
wohl bekannt war, geht aus der Fülle der Orts 
namen und anderer geographischer Bezeichnungen 
wie auch der Familiennamen hervor, die sich vom 
Worte Eibe ableiten: Eibenberg, Elba (Eiben 
wasser), Ibenhain, Taxberg (alle in Thüringen), 
Ibenberg (Ostpreußen), Eibau, Eibicht, Eiben 
stock (alle in Sachsen), Eibenschitz (Mäihren), 
Eibiöwald (Steiermark), Iba (bei Bebra), 
Iberg, Iburg (Berge im Ringgau), Eibenberg 
(ein Bergname, der in Sachsen wiederholt vor 
kommt), der Eibsee am Fuße der Zugspitze, Iben 
werder (Ortschaft und Insel), Ibenhorst (Name 
für Forstbezirke, z. B. Ostpreußen), Eibner, 
Eibenschütz, Iber (Familiennamen). Zweiund-
	        
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