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besonders starke und daher seltene Exemplare ihrer
Art. Die Eibe, auch Beereneibe, Ibe oder Kan
telbaum genannt, Taxu8 baccata L., ist der ein
zige Vertreter ihrer Familie (Taxaceen) in Eu
ropa. Sie ist ein immergrüner Nadelbaum mit
dichtem, meist strauchartigem Wuchs, mit röt
licher, sich später in Rollen ablösender Rinde und
2—3 cm langen, dunkelgrünen, unterseits helle
ren, zweizeilig gescheitelten Nadeln. Ihre maxi
male Höhe beträgt 17 Mieter, ihr maximaler
Durchmesser wenig über 1 Nieter. Der Baum
ist zweihäusig: männliche Staubblüten und weib
liche Stempelblüten sind auf verschiedene Bäume
verteilt. Als seltene Ausnahme können sie auch
auf einem Baume vorkommen (einhäusige Exem
plare). Die anfangs grünen, später braunen, lin
sengroßen harten Samen find von einer becher
artigen, bei der Reife fleischigen, korallenroten Hülle
umgeben und bilden von Mitte August bis Ende
November einen herrlichen Schmuck der weib
lichen Bäume. Das leuchtende Rot dieser
„Beeren" auf dem dunklen Laubhintergrund eines
Nadelbaums, an dem man verholzte Zapfen zu
finden vermutet, hat schon früh die Phantasie an
geregt und fie mit Blutstropfen vergleichen lasten,
die der Baum über den Kreuzestod Christi ge
weint hat. Solche Vorstellungen zusammen mit
dem düsteren Gesamtbild des Baumes haben ihn
zu einem beliebten Schmuck unserer Grabstätten
und Friedhöfe werden lasten. Da er ein Ver
schneiden vorzüglich verträgt und unermüdlich wie
der ausschlägt, läßt er fich zu den bizarrsten For
men verschneiden und war ein beliebtes Objekt des
franzöfischen Gartenstiles, wird aber auch heute
noch in zahllosen Abarten in Gärten und Parks
gezogen (z. B. Taxu« canadensis, f. adpressa,
f. aureo-baccata mit gelbem Samenmantel, f.
imperalis, f. fastigiata mit Säulenwuchs, f.
parvUolia, f. elegantissirna, f. aureo-varie-
gata, f. pendula mit hängenden Zweigen u. a.).
Im Gegensatz zu allen anderen Nadelhölzern
führt die Eibe kein Harz, dafür aber, namentlich
in den jungen Trieben, Nadeln und Samen einen
sehr wirksamen Giftstoff, das Taxin, das bei
Manschen und Säugetieren den Tod herbei
führen und auch oft zu Mord- und Selbstmord
zwecken benutzt sein soll. Bei manchen Tieren soll
jedoch schnell Gewöhnung an das Gift eintreten.
Der rote, fleischige, süßschmeckende Samenmantel
(Arillus) ist ungiftig, dient der Verbreitung der
Samen durch Vögel und wird von diesen gern
verzehrt.
Die Eibe ist nahezu über ganz Europa ver
breitet und fehlt nur dem nördlichen Schottland,
dem nördlichen Skandinavien und dem östlichen
rusfischen Flachland, greift aber dafür aufVorder-
afien und Nordafrika über. In Deutschland war
fie früher weit verbreitet und schon den alten Ger
manen wohl bekannt, wie von verschiedenen römi
schen Schriftstellern bezeugt wird (z. B. Caesar,
Bellum gallicum VI, 31: Catuvolcus . . taxo
cujus magna in Gallia Germaniaque copia
est 86 exanimavit). Allerdings bildete fie nie
zusammenhängende Wälder wie andere einhei
mische Nadelhölzer, kam vielmehr immer nur zer
streut oder in Horsten und fast immer als Unter
holz in Laubwaldungen vor. Das hängt mit
ihren Lebensbedingungen zusammen. Sie braucht
viel Feuchtigkeit ähnlich der Fichte und Schutz
vor zu starker Sonnenbestrahlung. Sommer wie
Winter ist fie an kühle bezw. kalte Temperatur
gewöhnt. Intenfive sommerliche Bestrahlung und
Erwärmung gereicht ihr zum Nachteil. In Bezug
auf die mineralogische Bodenbeschaffenheit wurde
die Eibe lange als an Kalkboden gebunden, als
kalkhold oder geradezu kalkstet bezeichnet, und in
der Tat finden fich die meisten der heutigen Eiben
standorte in Deutschland auf Kalkboden. So z. B.
auf dem Muschelkalk bei Göttingen, auf dem
oberen Wellenkalk des Veronikaberges bei Mar
tinroda in Thüringen und auf dem Jurakalk bei
Kelheim. lind auch die Mehrzahl unserer hessi
schen Eibenvorkommen im Werragebiet liegt auf
Kalkboden. Jedoch ist die Eibe keineswegs an
Kalk gebunden: im Schwarzwald finden fich viel
fach Eiben im Freistand auf Urgestein, und in
Sachsen kommen Bestände auf Eruptivgestein
(Granit, Basalt) und auf Sandstein vor, und
auch angepflanzte Eiben stehen häufig nicht auf
Kalkboden und gedeihen vortrefflich. Die Eiben
im Bayerischen Wald (im Revier der Ober
försterei Zwiesel-Ost) stehen auf Gneis, also
ebenfalls einem sehr kalkarmen, wenn nicht kalk
freien Urgestein, die des Harzes auf Granit.
Daß die Eibe früher in Deutschland weit häu
figer gewesen ist, als heute und unseren Vorfahren
wohl bekannt war, geht aus der Fülle der Orts
namen und anderer geographischer Bezeichnungen
wie auch der Familiennamen hervor, die sich vom
Worte Eibe ableiten: Eibenberg, Elba (Eiben
wasser), Ibenhain, Taxberg (alle in Thüringen),
Ibenberg (Ostpreußen), Eibau, Eibicht, Eiben
stock (alle in Sachsen), Eibenschitz (Mäihren),
Eibiöwald (Steiermark), Iba (bei Bebra),
Iberg, Iburg (Berge im Ringgau), Eibenberg
(ein Bergname, der in Sachsen wiederholt vor
kommt), der Eibsee am Fuße der Zugspitze, Iben
werder (Ortschaft und Insel), Ibenhorst (Name
für Forstbezirke, z. B. Ostpreußen), Eibner,
Eibenschütz, Iber (Familiennamen). Zweiund-