L. Vantzer Heinrich Gtto st
dienen soll. Würdevoll, feierlich und vornehm er
scheint der Schwälmer beim Kirchgang im Drei
master, den er einfach den schwarzen Hut nennt,
im blauen Kamisol (Tuchrock) mit goldenen
Knöpfen, weißen Kniehosen, Hosen und dunkelblauen
Gamaschen oder im schwarzen Abendmahlsrock
mit schwarz umsponnenen Knöpfen, dunkelblauen
Strümpfen und Schnallenschuhen, Im Winter
kommt bei älteren Männern dazu der blaue Man
tel in Form des Havelocks. Es ist genau die Tracht
aus der Zeit Friedrichs des Großen, wie sie damals
ebensowohl in der Stadt, wie in etwas verländ-
lichtem Zuschnitt auf dem Dorfe getragen wurde
und die allein an der Schwalm sich bis heute noch
in vielen Fällen erhalten hat.
Abgestuft nach der Bedeutung weltlicher Feste
war vor 50 Jahren noch allgemein die Tracht der
Burschen entweder zu leichterer Fröhlichkeit in
den Farben weiß mit gold (der vorn offene weiße
Leinenkitrel mit goldnen Knöpfen, die weißen Ho
sen und weißen Strümpfe) und rot und blau (die
beiden übereinandergetragenen Westen), dazu die
mit Otterpelz verbrämte und mit breiten Gold
borten auf grünem Sammet besetzte Otterkapp
und die Schnallenschuhe, oder zu hohen Festlich
keiten in den Farben blau, rot, gold und weiß
(meist das blaue, mit reicher Stickerei verzierte
„Armelding" mit goldenen Knöpfen, darunter wie
der die rote und blaue Weste, diesmal weißleinene
Knöpf- oder wildlederne Hosen) und hohe Stiefel,
auf dem Kopfe die Otterkapp. In der Hand tra
gen die Burschen ein rot und gelb gemustertes und
mit schmalen grünen und violetten Bändchen be
setztes Taschentuch, das den Farbenklang noch be
reichert.
Nachdem um die Mätte des vorigen Jahrhun
derts der lange, blaue Kittel Eingang gefunden
hatte, gestalteten die Burschen auch diesen zu einem
Festgewand, indem sie, zugleich ihrer Liebe zum
Soldatentum Ausdruck gebend, ihn mit hohem
Stehkragen und Achselstücken versahen, welche
beide reich mit leuchtendem Rot bestickt wurden.
Bei jungen Männern find diese Stickereien grün.
In ähnlicher, vielleicht noch ausdrucksvollerer
TAeise, stuft sich die Kleidung der Frauen und
Mädchen ab von der tiefsten Trauer bis zur
höchsten Lust und Freude, so stark, wie es meines
Wissens in keiner anderen Bauerntracht wieder
zu finden ist. Es würde zu weit führen, diese ver
schiedenen Kleidungen hier zu beschreiben, ich will
nur erwähnen, daß die Madchentracht zu leichterer
Fröhlichkeit vorwiegend in dem Farbenklang von
grün, weiß und stlber sich bewegt, bei hohen Fest
lichkeiten aber der vollere Klang von blau, rot
Bildnis Wilhelm Ritter (f) 1887 von (E. Vantzer
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