Full text: Hessenland (45.1934)

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HenenlanH 
Monatsschrift für Landes- und Volkskunde, Kunst und Literatur Hessens 
Herausgeber Dr. C. Hitzeroth, Marburg a L., Markt 21/23/24, Fernspr. 2034 und 2055. 
Enthaltend zugleich die „Mitteilungen" des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. 
4 ;. Sakgane. fitst 3/4. Marburg, Mürz /Avril im 
Hessens Land und Leute in der deutschen Malerei. 
Von Carl B a n tz e r. 
V. 
Heinrich Otto (geb. 6. 7. 1858 zu 
Wernswig, Kr. Homberg a. Efze, gest. Düssel 
dorf 13. 5. 1923), von dem schon früher die 
Rede war, ist nach Matthäis Angabe schon 1881 
zum ersten Mal noch als Schüler der Kasseler 
Akademie in Willingshausen gewesen. 
Heinrich Otto war mit 13 Jahren von seinem 
Heimatort nach Kassel zu einem Steinbildhauer 
und Gipsgießer Grasegger in die Lehre gekommen. 
Diese vollendete er bei dem Steinbildhauer Echter- 
meyer, bei dem er auch noch zwei Jahre als Ge 
hilfe blieb. 1878 trat er als Schüler des Bild 
hauers Prof. Hassenpflug in die Kasseler Kunst 
akademie ein, wandte sich dann aber der Nsalerei 
zu und wurde Schüler der vortrefflichen Lehrer 
Direktor Prof. Kolitz und Prof. Wünnenberg. 
1889 siedelte er nach Düsseldorf über, wo er mit 
den ihm schon von Willingshausen her bekannten 
Malern in engere Beziehung trat. Das Schaf- 
fenögebiet dieser Freunde beschränkte sich nicht aus 
Willingshausen, sie malten auch viel am Nieder 
rhein und in der Eifel, die auch Heinrich Otto 
vielfach aufsuchte. Wirklich zu Hause war er 
aber in seinem Heimatdorf Wernswig und in 
Willingshausen, den beiden Orten, die er in seinen 
letzten Jahrzehnten ausschließlich aufsuchte. Über 
seine Tätigkeit in Wernswig, wo er in der Kriegs- 
zeit neben seiner künstlerischen Tätigkeit für den 
im Felde stehenden Neffen auch noch die Land 
arbeit übernahm, habe ich schon oben berichtet. 
Heinrich Otto war mit den besten menschlichen 
Eigenschaften ausgestattet, Ehrlichkeit, Wahrhaf 
tigkeit und Güte, größte Gewissenhaftigkeit und 
Treue, Schlichtheit und Festigkeit, Fleiß und Be 
harrlichkeit in der Verfolgung seiner künstlerischen 
Ziele zeichneten ihn ans und alle diese Eigen 
schaften spiegeln in seinen Werken sich wieder. In 
Willingshausen malte er Landschaften mit Fi 
guren, am liebsten aber mit Tieren, Schafen oder 
Schweinen samt ihren Hirten. Größer noch als 
die Zahl seiner Gemälde ist die seiner Zeichnun 
gen, Radierungen, Steinzeichnungen und Holz 
schnitte, und man kann wohl sagen, daß in dem 
graphischen Werk seine Eigenart am stärksten 
znm Ausdruck kommt. Die meisterhafte Beherr 
schung dieser Techniken verschaffte ihm auch hohe 
Anerkennung, und seine Blätter fanden Eingang 
nicht nur in Privatsammlungen, sondern auch in 
die meisten staatlichen deutschen Kupferstichsamm- 
lnngen. Otto'ö Verleger und Freund F. Bagel 
in Düsseldorf ließ nach Otto'ö Tod eine schöne 
Gedächtnisschrift mit einem Katalog und seinen 
Radierungen erscheinen, welcher 127 Blätter ver 
zeichnete. 
In seiner Güte hat Otto gar manchem der 
Willingshäuser Freunde die Kunst der Radierung 
beigebracht und die Kupferplatten selbst präpa 
riert und geätzt. 
Bewundernswert war Otto's Zähigkeit bei der 
Arbeit. Da war ihm kein Weg zu weit und kein 
Wetter zu schlecht, um nicht mit dem Rucksack 
und der Leinwand oder dem Zeichenblock oder der 
Knpferplatte auf dem Rücken mit dem Rad zur 
Arbeitsstätte zu fahren. 
Bei dieser Hingebung an seine Arbeit entstan 
den Werke reinster und tiefster Empfindung, in 
denen er den Kreislauf des Jahres in Landschaft 
und bei Menschen und Tieren in engster Verbun 
denheit mit der Scholle schildert. Die zarten Vor 
frühlings-Landschaften und Bilder von der Ernte 
entstanden zumeist in Wernswig. In Willings-
	        
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