Full text: Hessenland (45.1934)

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sich darauf, daß das Kloster noch nach 1552 dnrch eine 
Nonne besetzt gewesen sei, während der Graf behaup 
tet, dag Kloster Meerholz sei als Tochteranstalt des 
Klosters Seelbold mit dessen Abtretung 1554 ebenfalls 
an den Grafen von Psenburg abgetreten und reformiert 
worden. Alle Einwendungen halfen nichts, das Kloster 
wurde dem Prämonstratenferorden zugesprochen, der 
i 6 zi Besitz ergriff. Aber nicht für lange. Beim Sie 
geszuge Gustav Adolfs, in demselben Jähre fiel das 
Kloster an die Psenburger zurück. — Nach lebhafter 
Aussprache schloß der Vorsitzende um Mitternacht die 
Versammlung. 
Am ig. März fand unter Leitung des Geschäfts 
führers des Vereins, Herrn Lehrer Oruschel, die Jah- 
reshauptversamnilung des Zweigvereins statt. In sei 
nem Berichte teilte dieser mit, daß Herr Rektor Kauf 
mann als Führer des Gelnhäuser Geschichtsvereins an 
erkannt worden sei und Herr Frey vom Reichsmini- 
sterinm des Innern den Ausweis eines Sippenforschers 
erhalten habe. Die vom Zweigverei» herausgegebenen 
Gefchichtsblätter haben ihm eine Anzahl neuer Mit 
glieder gebracht. Der Bericht erwähnte noch die Er 
werbung des Münzfundes in Somborn und der Reis- 
fchen Wettermafchkne durch Herrn Professor Hahn. 
Der Bericht schloß mit dem Bekenntnis: „Wir danken 
der Führung der NSDAP, für die takräftige Förde 
rung der Museunisangelegenheit und versprechen, uns 
voll und ganz für die Aufgaben des Gefchichtsvercins 
im neuen Staat in Sinne der Regierung einzusetzen. 
Dies gilt im allgemeinen für unsere Mitarbeit, aber 
im Besonderen für die Rassen- und Sippenforschung 
und die Vorgeschichtsarbeit. Wir sehen es als eine 
große Aufgabe an, unser Volk im weitesten Sinne für 
seine große Vergangenheit zu begeistern und die Er 
kenntnis zu verbreiten, daß wir mit unserem Tun und 
Denken auf der Vergangenheit fußen, daß der Ein 
zelne nur ein Glied der Gesamtheit ist und wir alle 
nur als Volk bestehen, wenn wir uns als Ganzes füh 
len. Gerade die landesgeschichtlichen Vereine können 
für solche Erkenntnis wirken. Volkstum, Siedlung, 
Heimat: sie in ihrer Bedingtheit, ihrem Werte, ihrer 
Auswirkung für das Volksganze zu verdeutlichen und 
zu schildern, stnd die Glieder des Gefainlvereins be 
rufen. 
Herr Jäger erstattete den Kassenbericht. Oie Zahl 
der Mitglieder beträgt etwa 100. Als korrespondie 
rendes Mitglied wurde Professor Morghäuser in 
Aschaffenburg in Anerkennung seiner bisher geleisteten 
Beiträge zur Geschichte Gelnhausens, besonders über 
die Verbindungen zwischen Gelnhausen und Aschaffen 
burg, ernannt. — Herr I. L. Koenter berichtete über 
den Stand der Museumsangelegenheit. Nachdem die 
Stadtverwaltung weitere Räume im alten Landratsamt 
zur Verfügung stellt, kann der ganze Bestand des Mu 
seums dahin üherführt werden. — Über die Ausdeh 
nung des Arbeitsgehietes auf den Kreis wurden ver 
schiedene Ansichten ausgewechselt und die Hoffnung 
ausgesprochen, daß sich diese Frage im Einverständnis 
mit den betreffenden Verwaltungsstellen in befriedigen 
der Weise lösen wird. — Herr Drusche! machte Mit 
teilung über die Veranstaltung einer Ausstellung von 
etwa 70 bis 80 Bildern Gelnhäuser Familienglieder, 
deren Vorarbeit er bereits feit langer Zeit geleistet und 
die sich zu gegebener Zeit verwirklichen lassen wird. — 
Herr Reißmann berichtete über seine Teilnahme an 
einer Tagung in Friedöerg. — Herr Frey sprach über 
die familiengeschichtliche Forschung, die jetzt im Reichs 
oerein für Sippenforschung und Wappenkunde zentra 
lisiert ist, dem beizutreten aufgefordert wird. — Herr 
Drusche! verlas ein Schreiben an die Stadtverwaltung, 
das im Sinne feines Berichtes gehalten war und von 
der Versammlung beifällig beurteilt wurde. 
Der am 8. Juli igZ/f ans den Glauberg unter 
nommene Ausflug des Zweigvereins wurde zu einem 
wertvollen Erlebnis. Unter der vortrefflichen Führung 
des Herrn Gewcrbelehreres Nies aus Büdingen, der 
in fast Z Stunden dauernden Ausführungen die Anlage 
und die bisherigen Ergebnisse der Ausgrabungen er 
klärte, gewannen die Teilnehmer ein Bild des Lebens 
und der Kultur der den Glauberg von der älteren 
Steinzeit bis in das 16. Jahrhundert besiedelnden 
Menschen. Die beherrschende Lage des Berges in dem 
hügeligen Gelände des südlich in die Ebene anslaufen 
den Vogelberges zwischen Nidder und Kinzig und ver 
schiedenen vorgeschichtlichen Straßen war zu einer geschütz 
ten Siedlung wie geschaffen. Oie erste Besiedlung fällt 
in die Steinzeit, und zwar haben sich die Überreste von 
zwei neolithischcn Völkern gefunden, solche der Michels 
berger Kultur angehörend, deren Fundstellen sich denen 
des Glaubergs gleichwertig zur Seite stellen und von der 
bisher nur spärliche Funde in Oberhessen gemacht wor 
den sind. Es fanden sich Scherben der typischen Mi- 
chelsberger Töpfereien, dnrch Fingereindrücke verziert, 
Mahlsteine, Beile und Hacken aus Hornblende, Säge», 
Schaber, Pfeilspitzen aus Feuerstein und Ouarzit. 
Die anderen steinzeitlichen Kulturreste gehören zur 
Rössener Kultur, deren charakteristische Verzierung, 
Strichmuster, sich mit der altzeitlichen vermischt. 
Aus der jüngeren Broncezeit finden wir in der 
Mitte des Glaubergs eine zusammenhängende Sied 
lug um die natürliche Mulde, die, von den Siedlern 
ausgeräumt, als Becken für Regenwasser diente. Kupf- 
erz, Schlackenstücke und Bronceguß weisen auf 
Schmelzgruben hin. Auch Stücke der für die Zeit 
charakteristischen Kerauik wurden gefunden. 
Auf die jüngere Eisenzeit deutet eine Erneuerung 
und Verstärkung des Walles. Auch stammt der An 
schlußwall zur Einbeziehung der Quellen aus dieser 
Zeit. Die Funde weisen auf keltische Besiedlung. 
Nach Verdrängung der Kelten wurde der Berg von 
Germanen bewohnt. Der Hauptwall wurde bedeutend 
verstärkt. Oie starken Mauern auf der Ostseite lassen 
auf einen alemam'schen Fürstensitz schließen. Ob eine 
römische Besiedlung stattgefunden hat, ist noch nicht 
geklärt, doch möglich, weil in etwa 5 Kilometer Ent 
fernung des Limes vorbeizog und reichlich Scherben 
von römischen Gefäßen gesunde worden sind. 
Aug der in der Frühzeit nur periodisch bewohnten 
Fliehburg wurde in der germanischen Zeit eine dau 
ernde Herrenburg. An die Stelle des alamannischen 
tritt ein fränkischer Fürst. Die Errichtung der eigent 
lichen Burg fällt in die Karolingerzeit. Reste dieser 
Gebäude sind schon vor einigen Jahren ausgegraben. 
Weitere Grabungen, die am Anfang Juli begonnen 
sind, werden Aufschluß über diese gewaltige Anlage 
bringen, von deren Bedeutung man sich eine» Begriff 
machen kann, wenn man bedenkt, daß sie 850 Meter 
lang und durchschnittlich 150 Meter breit ist und ihre 
Wälle auf dem steilen Abhang sich noch heute teil 
weise bis zu 12 Meter erheben. 
Drusche!. 
Verantwortlicher Schriftleiter, Verlag und Druck: Or. C. Hitzeroth, Marburg a. L. O. A. II/ 34 : 850
	        

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