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Den Eingang zur Hauptgruft verschließt be
kanntlich ein später zum Altar umgewandeltes
Hochgrab. Es deckte die Ruhestätte einer Tochter
Hermanns des Gelehrten, der Herzogin Agnes von
Braunschweig, die 1471 starb. Die „Hess. Con-
geries" berichten, daß sie im Chore der Martins
kirche beigesetzt wurde. Es darf wohl als sicher an
genommen werden, daß die Tumba selbst die Leiche
nicht barg, denn auch die Tumben der Elisabeth-
kwche in ÜÜarburg haben ja die Gebeine der alten
Landgrafen nicht enthalten. Die Tumba verschloß
bloß den ausgemauerten Raum, die eigentliche Bei
setzungsstätte. Es hindert uns also nichts, anzu
nehmen, daß auch die Tumba der Herzogin Agnes
ursprünglich an anderer Stelle über deren Gruft
stand, als solche kann aber sehr wohl die unter dem
Epitaph Prinz Philipps aufgefundene Gruft in
Frage kommen. Die lange Zeitdauer seit 1471
konnte auch die fast völlige Zerstörung des Sarges
und der Gebeine zwanglos erklären. G.
Schloß TMlhelmötal und Francois de Cuvilliés d. Ä.,
eine Entgegnung auf die „Abwehr" von Dr. Rudolf Hallo im „Hessenland", Iahrg. 1933, H. 1/2.
1. Die Darstellung Hallos von den unseren
Veröffentlichungen vorangehenden tatsächlichen
Vorgängen ist unzutreffend. Richtig ist folgendes:
Nachdem Hallo die von ihm publizierten Pläne ge
funden hatte, ist er bei mir erschienen mit der Bitte,
ihm weiteres Material nachzuweisen. Ich habe
ihm mitgeteilt, daß ich über die Inventarisation
hinaus mit einer Arbeit über Wälhelmstal be
schäftigt sei und daß das Ergebnis dieser Studien
— die Urheberschaft Cuvilli^ö' -— in meiner Ar
beit über Johann August Nahl bereits niederge
legt sei. Hallo hat in seiner „Abwehr" nicht be
stritten, daß ihm diese Tatsache bekannt gewesen
ist. Es handelte sich nicht um eine „Debatte" son
dern um eine einseitige nüchterne Mitteilung
meinerseits.
2. Hallo führt aus, daß die Urheberschaft Cu-
villi^ö' für die Architektur von Wilhelmstal seit
dem Erscheinen seines Aufsatzes im Jahrbuch für
Kunstwissenschaft unwiderruflich festgestanden
hätte. Das ist unzutreffend,. denn von den neun
zehn Plänen, die er zur Architektur der Schloß
anlage veröffentlicht, müssen vier ausscheiden, weil
keinerlei Beziehungen zum Schloß nachweisbar
find. Von den übrigen 13 hat er einen mit Recht
dem jungen Simon Louis Du Ry und einen richtig
dem Architekten Johann Georg Fünck zugeschrie
ben. Die noch verbleibenden 13 aber hat er teils
für d i e Meister in Anspruch genommen, welche
dafür nicht in Frage kommen können, teils hat
er sie in einer Weise ausgewertet, welche die
Wahrhpit auf den Kopf stellt. Die Original-
entwürfe Cuvilli6s' hat er ihm und feinem Kreise
mit aller Bestimmtheit abgestritten, Schulversuche
des jungen Simon Louis Du Ry dagegen zu Ori
ginalentwürfen Francois de Cuvillies' erhoben.
Pläne ausgesprochen holländisch-norddeutschen Cha
rakters weist er einem Schüler Cuvitliüs', dem
Führer der süddeutschen Schule zu. Will man
seinen Ausführungen folgen, so muß man zu
der Überzeugung kommen, daß Cnvilliüs — ent
gegen der von ihm aufgestellten Behauptung —
mit Wilhelmstal nichts zu tun hat. Auf Grund
einer Zeichnung des Tischlermeisters Ruhl, die un
streitig als Kopie zu werten ist, glaubt er in diesem
Handwerksmeister den geistigen Urheber des Speise
saals von TAilhelmStal sehen zu sollen. Eine Zeich
nung zur Garderobe, welche auf Grund des bei
gegebenen Nraßstabs und der angrenzenden Raum-
anfteilung ohne Schwierigkeiten für den Weißen
steiner Flügel von Wilhelmshöhe nachweisbar ist,
glaubt er mit aller Bestimmtheit für die um ein
gutes Menschenalter ältere Garderobe des Land
grafen in TLilhelmstal belegen zu können.
3. Hallo führt aus, ich habe meine Pflicht als
Inventarisator dadurch verletzt, daß ich die in der
Sammlung des Vereins für Hessische Geschichte
und Landeskunde versteckt liegenden Pläne zum
Schloß Wilhelmstal nicht ermittelt habe. Er be
streitet, daß er die Pläne durch einen Zufall ge
funden hat. Der Vorstand des Gefchichtsvereins,
mit dem ich während der Jnventarisationsarbeiten
ständig in Fühlung gestanden habe und der mit der
Möglichkeit, daß Pläne von Wilhelmstal in der
Bibliothek des: Vereins vorhanden sein könnten,
ebenfalls nicht gerechnet hat, bestätigt das Gegen
teil.