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hundert im Gebrauch und berühmte Geschützgießer
zu dieser Zeit in voller Tätigkeit. So goß beispiels
weise gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts der
Nürnberger Geschützgießer Heinrich Grünwalt
eine „große" Frankfurter „Büchse", von der nach
gewiesen ist, daß sie mit ihren ^/2 Zentner schwe
ren Geschossen die über zwei Meter dicken Mauern
der Ritterburg Tannenberg an der Bergstraße in
Trümmer legte 8 * ). Von dem schweren Geschütz des
Herzberg ist uns bis auf den heutigen Tag nichts
erhalten geblieben, doch wird noch jetzt das Ge
schützrohr eines Vorderladers schwächeren Kalibers
aufbewahrt. Die Aufstellung der Geschütze erfolgte,
wie alte Zeichnungen andeuten, in erster Linie auf
den offenen Plattformen der an der Nordfront ge
legenen Ecktürme, in der Bastion und wahrschein
lich auch ans der „Batterie" der Vorbnrg. Ver
schiedene Geschütze aus der Zeit der zweiten Bau
Schloß Herzberg Ostfront
Periode waren nm 1600 noch vorhanden. Ein gro
ßes Geschütz, das zu Ende des fünfzehnten Jahr
hunderts gegossen wurde, wird in der Chronik bei
spielsweise nm die angedeutete Zeit ausdrücklich als
noch vorhanden erwähnt, über den Verbleib von
zwei weiteren Geschützen, mit dem Doernberg'schen
Wappen versehen, die aus derselben Zeit stammen,
weiß dagegen der Chronist nichts zu berichten.
Handfeuerwaffen fanden in den Schießkammern
der Türme und an den Schießscharten Verwen
dung. Schächte zum Entweichen der Pulvergase
und zur Beförderung von Munition innerhalb der
Türme find im Scheitel der Schießkammergewölbe
wahrnehmbar. Sandsteingewichte, von denen noch
zwei Stück vorhanden find, erleichterten die Be
förderung des Schießbedarfs. Eingemauerte Auf
liegehölzer in den Schießscharten ermöglichten eine
leichtere Bedienung der Handfeuerwaffen.
Im Jahre 1487 waren einige Türme bereits
fertiggestellt, andere noch im Ban. Fünf Jahre
8 ) Vgl. Mittlg. d. Ver. für hest. Gesch. und L.
1920/21. S. 50.
später wurde die „hinterste" Mauer vollendet und
der „Pfortenturm" errichtet. Eine um das Jahr
1600 noch lesbare Jahreszahl gab hiervon Kunde.
Im Jahre 1492 wurden die Burgbauten durch
Herstellung der Mauern nach dem „Niedergang"
und „Anfgang" und der darauf stehenden Gänge
sowie des „inwendigen Turmes" ergänzt. Endlich
erfolgte im Jahre i497 in der Vorbnrg die Fertig
stellung der Pferde- und Viehställe nebst darüber
liegender Scheune und Viehhanö. Damit war die
Bautätigkeit der zweiten Banperiode beendet.
Bemerkenswert bleibt es, daß kein Anzeichen
und keine Kunde darüber Aufschluß gibt, in wel
cher Vveise die Wasserversorgung der Burg er
folgte. Die jetzt in der Vorburg benutzbaren Brun
nen find eine Anlage neuerer Zeit und vermögen
nur verhältnismäßig geringe TLafsermengen zu lie
fern. Ein nach dem Weltkrieg unternommener
Versuch, vermittels der Wünschelrute den Zug der
im Burggelände vorhandenen TLafseradern und
deren Tiefe festzustellen ergab, daß sich eine
Hauptwafserader in Richtung West-Ost, etwa vom
Lug-ins-Land auf der TOestseite des obersten Burg
hofes ans, unter der Kapelle hindurch nach dem
Fachwerkwohntnrm des zweiten Hofes in sehr er
heblicher Tiefe hinzieht. Eine andere Hauptader
verläuft von Südwesten her, dicht unterhalb der
Brunnen der Vorburg vorbei, ebenfalls nach dem
gleichen Wohnturm. Die Richtigkeit der An
nahme, daß sich im genannten Wohnturm der
Hauptbrunnen befand, ist dagegen durch die ange
stellten Untersuchungen nicht bestätigt. 2 Vohl ist
im untersten Teil besagten Turmes eine Art Was
serbehälter oder Zisterne vorhanden und die Wasser
ader der Vorburg scheint diesen Behälter gespeist
zu haben, ein ausgemauerter Brunnen von erheb
licher Tiefe und Fefsnngsvermögen ist aber nicht
erkennbar. Ob überhaupt ein System von Zi
sternen die Wasserversorgung sicherstellte, bedarf
noch der Feststellung. Immerhin ist beachtenswert,