Full text: Hessenland (43.1932)

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senen Brennesseln kann man auf dem Wege ge 
legentliche Bekanntschaft machen. 
Oben am Schlosse find hübsche Anlagen ent 
standen, von denen der Wanderer einen weiten 
Umblick genießt. Im Vordergründe das alte 
Städtlein mit seinen ragenden Türmen, in der 
Ferne die von Buchen- und Tannenwaldungen be- 
standenen Höhen des hessischen Berglandes, bis 
zum Herkules bei Kassel. Von der Burg selbst 
könnte mehr stehen als die vier gewaltigen 9Kan> 
ern, die mit ihren Fensternischen, Erkern und Ka 
minresten immerhin einen imposanten Anblick ge 
währen, wäre nicht der alte Bau jahrhundertelang 
der Vernachlässigung und Zerstörung ausgesetzt 
gewesen, wie, um Kleineres mit Größerem zu ver 
gleichen, das römische Kolosseum, das bekanntlich 
lange Zeit als Steinbruch gedient hat, bis ein 
kunstsinniger Papst, Benedikt XIV., das Riesen 
theater zu einer heiligen Stätte umschuf und da 
durch weiteren Abbau verhinderte. 
Ein Papst Benedikt hat nun freilich in Greben 
stein gefehlt, aber der neuerdings geäußerte Ge 
danke, den wuchtigen Bau Ln eine Sommerfrische 
oder Jugendherberge umzugestalten und auf diese 
Weise vor weiterem Verfall zu retten, läßt fich 
vielleicht hören * i) ). 
*) Eine Ausführung dieses Gedankens, die Gott Lob 
in der jetzigen geldarmen Zeit nicht zu befürchten ist, 
wäre aufs höchste zu bedauern. Die Redaktion. 
Eine Terrikorialgeschichte der Landschaft an der Werra. 
Als Beitrag zum geschichtlichen Atlas für Hes 
sen und Nassau erschien 1931 die Territorialge 
schichte des Kreises Eschwege bearbeitet von Karl 
G. Bruchmann *). Ein umfangreiches Material 
ist ans gedruckten und ungedruckten Duellen mir 
größter Sorgfalt zusammengestellt und mit vor 
sichtig abwägender Kritik ausgewertet worden. Es 
bedarf daher keiner besonderen Betonung, daß der 
Heimatforschung damit ein Werk geschenkt wurde, 
welches ihr für die Zukunft unentbehrlich sein wird. 
Die Ergebnisse sind kartographisch in der Weise 
zur Darstellung gelangt, daß zu einer Grundkarre 
in Schwarz fünf farbige Pausen gezeichnet wurden, 
welche die Gaue, die territorialen Bildungen nm 
1300, die Entwicklung des landgräflich hessischen 
Amtes Eschwege, die Ämter und Gerichte um 1600 
und die Entwicklung der Grenzen zeigen. Ent 
sprechend ist auch der Text gegliedert. Als Ein 
leitung schickt Br. einen kurzen Überblick über den 
Gang der Besiedelung voraus. Er folgt hierbei 
hauptsächlich Gehlsdorf 2 ) und dehnt dessen Be 
trachtungsweise auf das Weißnervorland aus. 
Leider find die Arbeiten am prähistorischen Atlas 
noch nicht bis in unsere Gegend fortgeschritten. Sie 
dürften den Beweis liefern, daß man die Dar 
stellung des Besiedlungsganges nicht ausschließlich 
auf den Ortsnamenformen aufbauen darf. Wenn 
beispielsweise im Holstein zwischen Kammerbach 
und Hilgershausen reiches Scherbenmaterial der 
i) g. Stück der Schriften des Instituts für geschichtliche 
Landeskunde von Hessen und Nassau, erschienen bei Elwert, 
Marburg a. L. 
2^ H. Gehlsdorf, Landjch. u. Besiedlung im Ringgau 
gebiet. 1926 bei Braun, Eschwege. 
Besprechung von A. R e c c i u s. 
Spätlatönezeit gefunden, eine steinzeitliche Arbeits 
stätte in der Nähe der Wüstung Altenhain bei 
Allendorf entdeckt und Urnenfelder bei Gerbers 
hausen und Unterrieden festgestellt wurden, so er 
scheint es nicht angängig, die Besiedlung dieser Ge 
genden erst mit der zweiten Siedlungsperiode be 
ginnen zu lassen, wie es die Ortsnamenformen ver 
langten. Bronzezeitliche Funde am Ebersberg bei 
Wellingerode, im Höllental bei der Schmelzhütte 
und auf der Hitzeröder Hochfläche beweisen, daß die 
Gegend schon in vorgeschichtlicher Zeit nicht men 
schenleer gewesen ist, und ein bei Ntenglerö aus 
dem Acker gepflügtes Steinbeil spricht nicht gerade 
für eine späte Besiedlung des Gebietes südlich von 
Sontra. 
Br. ist sogar geneigt, die zweite Siedlungöperiode 
Gehlsdorfs (etwa 331 — 9. Jahrh.) zeitlich über 
haupt etwas später anzusetzen, weil die Namen 
dieser Schicht erst im 11. Jahrh, belegt seien. Er 
scheint es bei der geringen Zahl der überlieferten 
Urkunden schon an sich gewagt, derartige Ver 
mutungen auszusprechen, so zeigt ein Blick auf Orte 
der Umgebung, daß Namen der zweiten Schicht 
(auf — hausen, — dorf u. dgl.) tatsächlich genau 
so früh — oder richtiger gesagt — so spät über 
liefert sind, wie solche der ersten Periode (auf — a, 
— ide u. dgl.). 
In seiner Untersuchung über die Gaugeographie 
schließt sich Br. der Ansicht an, nach welcher die 
Schlacht zwischen Chatten und Hermunduren (58 
n. Chr.) um den Besitz der Salzquellen von Sooden- 
Allendorf geschlagen wurde. Den Netragau, wel 
cher nur einmal in einer verfälschten Urkunde vor 
kommt, lehnt er ab. Auf Grund der Stengelschen
	        

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