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senen Brennesseln kann man auf dem Wege ge
legentliche Bekanntschaft machen.
Oben am Schlosse find hübsche Anlagen ent
standen, von denen der Wanderer einen weiten
Umblick genießt. Im Vordergründe das alte
Städtlein mit seinen ragenden Türmen, in der
Ferne die von Buchen- und Tannenwaldungen be-
standenen Höhen des hessischen Berglandes, bis
zum Herkules bei Kassel. Von der Burg selbst
könnte mehr stehen als die vier gewaltigen 9Kan>
ern, die mit ihren Fensternischen, Erkern und Ka
minresten immerhin einen imposanten Anblick ge
währen, wäre nicht der alte Bau jahrhundertelang
der Vernachlässigung und Zerstörung ausgesetzt
gewesen, wie, um Kleineres mit Größerem zu ver
gleichen, das römische Kolosseum, das bekanntlich
lange Zeit als Steinbruch gedient hat, bis ein
kunstsinniger Papst, Benedikt XIV., das Riesen
theater zu einer heiligen Stätte umschuf und da
durch weiteren Abbau verhinderte.
Ein Papst Benedikt hat nun freilich in Greben
stein gefehlt, aber der neuerdings geäußerte Ge
danke, den wuchtigen Bau Ln eine Sommerfrische
oder Jugendherberge umzugestalten und auf diese
Weise vor weiterem Verfall zu retten, läßt fich
vielleicht hören * i) ).
*) Eine Ausführung dieses Gedankens, die Gott Lob
in der jetzigen geldarmen Zeit nicht zu befürchten ist,
wäre aufs höchste zu bedauern. Die Redaktion.
Eine Terrikorialgeschichte der Landschaft an der Werra.
Als Beitrag zum geschichtlichen Atlas für Hes
sen und Nassau erschien 1931 die Territorialge
schichte des Kreises Eschwege bearbeitet von Karl
G. Bruchmann *). Ein umfangreiches Material
ist ans gedruckten und ungedruckten Duellen mir
größter Sorgfalt zusammengestellt und mit vor
sichtig abwägender Kritik ausgewertet worden. Es
bedarf daher keiner besonderen Betonung, daß der
Heimatforschung damit ein Werk geschenkt wurde,
welches ihr für die Zukunft unentbehrlich sein wird.
Die Ergebnisse sind kartographisch in der Weise
zur Darstellung gelangt, daß zu einer Grundkarre
in Schwarz fünf farbige Pausen gezeichnet wurden,
welche die Gaue, die territorialen Bildungen nm
1300, die Entwicklung des landgräflich hessischen
Amtes Eschwege, die Ämter und Gerichte um 1600
und die Entwicklung der Grenzen zeigen. Ent
sprechend ist auch der Text gegliedert. Als Ein
leitung schickt Br. einen kurzen Überblick über den
Gang der Besiedelung voraus. Er folgt hierbei
hauptsächlich Gehlsdorf 2 ) und dehnt dessen Be
trachtungsweise auf das Weißnervorland aus.
Leider find die Arbeiten am prähistorischen Atlas
noch nicht bis in unsere Gegend fortgeschritten. Sie
dürften den Beweis liefern, daß man die Dar
stellung des Besiedlungsganges nicht ausschließlich
auf den Ortsnamenformen aufbauen darf. Wenn
beispielsweise im Holstein zwischen Kammerbach
und Hilgershausen reiches Scherbenmaterial der
i) g. Stück der Schriften des Instituts für geschichtliche
Landeskunde von Hessen und Nassau, erschienen bei Elwert,
Marburg a. L.
2^ H. Gehlsdorf, Landjch. u. Besiedlung im Ringgau
gebiet. 1926 bei Braun, Eschwege.
Besprechung von A. R e c c i u s.
Spätlatönezeit gefunden, eine steinzeitliche Arbeits
stätte in der Nähe der Wüstung Altenhain bei
Allendorf entdeckt und Urnenfelder bei Gerbers
hausen und Unterrieden festgestellt wurden, so er
scheint es nicht angängig, die Besiedlung dieser Ge
genden erst mit der zweiten Siedlungsperiode be
ginnen zu lassen, wie es die Ortsnamenformen ver
langten. Bronzezeitliche Funde am Ebersberg bei
Wellingerode, im Höllental bei der Schmelzhütte
und auf der Hitzeröder Hochfläche beweisen, daß die
Gegend schon in vorgeschichtlicher Zeit nicht men
schenleer gewesen ist, und ein bei Ntenglerö aus
dem Acker gepflügtes Steinbeil spricht nicht gerade
für eine späte Besiedlung des Gebietes südlich von
Sontra.
Br. ist sogar geneigt, die zweite Siedlungöperiode
Gehlsdorfs (etwa 331 — 9. Jahrh.) zeitlich über
haupt etwas später anzusetzen, weil die Namen
dieser Schicht erst im 11. Jahrh, belegt seien. Er
scheint es bei der geringen Zahl der überlieferten
Urkunden schon an sich gewagt, derartige Ver
mutungen auszusprechen, so zeigt ein Blick auf Orte
der Umgebung, daß Namen der zweiten Schicht
(auf — hausen, — dorf u. dgl.) tatsächlich genau
so früh — oder richtiger gesagt — so spät über
liefert sind, wie solche der ersten Periode (auf — a,
— ide u. dgl.).
In seiner Untersuchung über die Gaugeographie
schließt sich Br. der Ansicht an, nach welcher die
Schlacht zwischen Chatten und Hermunduren (58
n. Chr.) um den Besitz der Salzquellen von Sooden-
Allendorf geschlagen wurde. Den Netragau, wel
cher nur einmal in einer verfälschten Urkunde vor
kommt, lehnt er ab. Auf Grund der Stengelschen