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der Turm zu Gambach mit der gotisierenden
Spitzendigung eng verwandt ist. Zaghaft-früh er
scheint auch Rodheim, in Leihgestern tre
ten sogar die Ecktürmchen, in der Frühzeit aus der
normannischen Baukunst herübergenommen, noch
mals auf, und als barocker Nachfolger von Bürgeln
stellt sich Unterrosphe dar. Zn Langen-
st e i n steht der Dachreiter über einem Chorgewölbe
mit frei schwebenden Zierrippen, und in bei aller
Schönheit gleichfalls formale Spielerei löst sich der
Turm in Roßdorf auf, wo das oberste Geschoß
kaum mehr betretbar ist.
Mät einer reichen Zahl zeichnerischer Aufnah
men erläutert Dr. Stolberg seine Ausführungen.
Man wird in diesen, ihrer vorbildlichen und über
alle technischen Fragen Aufschluß gebenden Aus
führung wegen, den wertvollsten Teil der Arbeit er
kennen. Die Schrift ist vor allem bestimmt, den
Fachleuten und namentlich dem jungen Nachwuchs
ein vorbildliches Studienmaterial zu bieten. Dar
über hinaus aber soll sie dem Heimat- und Kunst
freunde eine Anschauung vermitteln von einer ge
sunden, sachlichen — dabei aber nicht phantasielosen
alten deutschen Handwerkskunst.
Aus der Zeit der Fremdherrschaft vor hundert Jahren.
Aus der Zeit der Franzosenherrschaft, die das
deutsche Volk schon einmal zu erdulden hatte, ent
halten die Gemeinderechnungen von Abterode Bu
chungen, die dem Leserkreis dieses Blattes vielleicht
wissenswert stnd. Sie seien deshalb hier mitgeteilt.
In den Jahren 1806 und 1807 stnd aus der
Gemeindekafse verhältnismäßig hohe Summen an
Dorfeinwohner gezahlt worden, die Kriegsfuhren
geleistet hatten, einmal sogar 71 Rthlr. 24 alb.
4 hlr. Auch werden Lieferungen an die „Preusen"
erwähnt, derentwegen 4 Mann nach Eschwege
gehen mußten, wofür sie Zehrungökosten erhielten.
Oer Gemeinde-„Vormund" bekommt „für einen
Weg nach Caßel die Kriegöfuhren betr. 1 Rtlr.
2s alb. 4 hlr."
Ans 1808 sei erwähnt: „Ferner Einnahme we
gen Preußischer u. Französcher Lieferung Z Rthlr.
7 alb. 3 hlr. — Für die Verpflichtung der Muni-
cipal-Räthe, Maire und Maire-Adjunkt bez.
i Rthlr. 10 alb. — An den mosaischen Einwohner
Bärmann Blach für das auf das Königsfest ver-
schoßene Pulver bez. i Rthlr. — Den 16. Nov.
1808 u. z. auf des Königs Geburtstag an den
Schenkwirth George Junghanß u. denen Mufi-
canten bezahlt, wofür der Schenkwirth Getränke
dem gemeinen Volk zum Jubel verhandreichet hat
iß Rthlr. 2i alb. 4 hlr. •— An Herrn Friedens
richter Uckermann für die v. 1. Febr. bis Ende
July erhaltenen Bulletins bez. i Rthlr. 17 alb.
6 hlr. An denf. für drgl. 1 Rthlr. 17 alb. 4 hlr."
Die ehrsamen Mitglieder des Gemeinderats von
Abterode, die sich bis dahin auf gut deutsch als
„Zwölfmann" unterschrieben hatten, zeichnen nun
würdevoll als „Municibalrath".
Im Jahre 1813 läßt die Gemeinde ein „Breth"
in der Kirche aufhängen, „worauf die in Krieg ge
gangenen Militairö benahmt" stnd. Es hat 3
Rthlr. 4 alb. gekostet.
Von Helene Brehm.
Diese ziemlich große Gedenktafel hing im Chor
des alten Gotteshauses zwischen Fenstern, die noch
Butzenscheiben hatten. Sie wurde beim Abbruch
der Kirche, etwa im Jahre 1868, abgenommen,
aber in der 1870 eingeweihten neuen Kirche leider
nicht wieder angebracht. (Das auf das Brett ge
spannte Papier, das die mit großen Buchstaben ver
zeichneten Namen der Kriegsteilnehmer trug, war
brüchig und die Schrift unleserlich geworden.)
In 1813 zahlt Abterode „eine Exekutions-Ge-
bühr wegen Kriegs-Steuer" von i. Rthlr. 21 alb.
4 hlr., „für zwei Expreß nach Caßel geschickte Bo
ten zur Zeit des Aufruhrs zu Ostern 1813", so
wie ß Rthlr. 6 alb. 6 hlr. „an Executions- und
Zehrungs-Kosten für die Erecutianten 28. M°erz
1814".
Der russische Kommandant Balackoff liegt in
Abterode und muß Unterhalt haben. Die „Zeh
rungskosten für die Gensdarmerie, als ste bei der be
Kannten Rebellion in der Schenke ankam", find
nicht unerheblich.
Auch am „Volksopfer" beteiligte stch Abterode,
Venn: „Für den Transport, die freywilligen Bey
träge in die Sooden (Sooden a. W.) zu bringen"
werden 10 alb. 8 hlr. verausgabt.
Die Einquartierung, die 1814 im Dorf lagerte,
scheint dort übel gehaust zu haben. Es werden
mehrfach Ausgaben „für Schmidte-Arbeit, bey der
Russischen u. Prenst'schen Cavalerie Einqartierung
(d. 16. u. 17. Aprill 1814)" gebucht. „Den durch
die Westpfälischen Cuirasst'er ruinierten Scheuren,
für den des Schmidt Jungs wieder machen zu
laßen i rthlr. 8 alb., desgl. für reparation des
Scheuren Erden (— Ern, Fußboden) des Herrn
Richter Collmann 1 rthlr. 8 alb."
Die steigende Erbitterung im hessischen Volke
über die französische Mißwirtschaft — mußte doch
T 812 an Steuerlasten ein Viertel des Einkommens